In der Sitzung am Mittwochmorgen haben die Lausanner Richter ein klares Votum für die Versammlungsfreiheit abgegeben und festgehalten: «Die Vorinstanzen haben so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte.» Das Verbot entbehre jeglicher Verhältnismässigkeit.
Der Termin für die Jahreskonferenz ist zwar längst verstrichen, dennoch ist das Bundesgericht auf die Beschwerde eingetreten. Die gleiche oder zumindest eine vergleichbare Problematik könnte in Zukunft nämlich wieder auftauchen.
Die Vorinstanzen stützten ihre Entscheide auf die Fribourger Kantonsverfassung, das Gastgewerbegesetz und die Polizeigeneralklausel, um eine Bewilligungspflicht für die vom IZRS geplante Jahreskonferenz 2014 mit 2000 erwarteten Gästen zu statuieren und ein Verbot für die Versammlung auszusprechen.
Das Bundesgericht hat in seiner Beratung klar festgehalten, dass die Konferenz auf privatem Grund geplant war, für welchen keine Bewilligungspflicht besteht. Die Vorinstanz bezog sich für das Verbot auf die Kantonsverfassung.
Diese regelt jedoch nur die Bewilligungspflicht für Versammlungen auf öffentlichem Grund. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch anders, als auf privatem Boden.
Auch der Rückgriff auf das Gastgewerbegesetz war unbehelflich. Dieses regelt nämlich gastgewerbliche Fragen. Die Lausanner Richter sagten zudem klar, dass von der Behörde keine abschliessende Rednerliste verlangt werden könne, wie dies in diesem Fall geschehen ist.
Das Versammlungsverbot mit der Polizeigeneralklausel zu begründen, war ebenfalls verfehlt. Diese kann nur beigezogen werden, wenn eine konkrete schwerwiegende Gefahr gebannt werden muss und der Schutz nicht anders gewährt werden kann.
Eine Gefahr oder eine Störung der öffentlichen Ordnung oder anderer Rechtsgüter war jedoch nicht zu befürchten. So hatte der IZRS seine Jahreskonferenz 2012 bereits einmal im Forum Fribourg abgehalten. Damals hatten sich 15 Personen zu einer Gegenveranstaltung zusammengefunden.
Mehrmals erwähnten die Bundesrichter in der Beratung einen Polizeibericht. Dieser befand sich in den Akten des Bundesgerichts in einem verschlossenen Umschlag, so dass davon auszugehen ist, dass die Vorinstanz keine Kenntnis vom Inhalt hatte. Zudem war der Inhalt dem IZRS nicht einmal in einer Zusammenfassung zur Kenntnis gegeben worden.
Der Islamische Zentralrat begrüsst in einer ersten Reaktion das Urteil. Die Argumente des Oberamtmanns seien fadenscheinig gewesen und hätten den Eindruck von Willkür erweckt, schreibt der IZRS. Aus seiner Sicht stärkt der heutige Entscheid die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit nachhaltig.
Der IZRS eckt mit seinen Vorhaben immer wieder an. Im April vergangenen Jahres ist das Bundesverwaltungsgericht auf eine Beschwerde des Zentralrats nicht eingetreten, die dieser wegen der Verweigerung eines Schengen-Visums für einen von ihm eingeladenen Prediger eingereicht hatte.
Diesen Frühling hatte die Gemeinde St.Marghreten SG dem IZRS keine Genehmigung für einen Infostand der Kampagne «Muslima – Stolz und Frei» erteilt. Die St.Galler Regierung hiess einen Rekurs gegen den abschlägigen Bescheid jedoch gut. (rar/sda)