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Hasskommentare im Internet mit Mustervorlage anzeigen

Hasskommentare im Internet melden: Was du dazu wissen musst

Hasskommentare sind strafrechtlich relevant. Wir zeigen dir auf, wie du am einfachsten eine Strafanzeige stellen kannst.
28.05.2022, 16:2228.05.2022, 21:30
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Was ist verboten?

Es gibt keine einheitliche Definition dafür, was unter «Hassverbrechen» bzw. «Hasskommentare» gezählt wird. Meist handelt es sich um sogenannte strafbare Handlungen gegen die Ehre. Das Strafgesetzbuch unterscheidet dabei zwischen:

  • Beschimpfung: Darunter werden alle Ausdrücke gezählt, die eine Täterin einem Opfer «an den Kopf wirft». Das kann ein Schimpfwort, der Stinkefinger oder beispielsweise ein Meme sein. Hier geht es immer um den direkten Kontakt: Ein Täter richtet den Kommentar an denjenigen, der beschimpft werden soll. Bei einer Verurteilung gibt's eine Geldstrafe in der Höhe von maximal 90 Tagessätzen. (StGB Art. 177)
  • Üble Nachrede: Unter diesem Tatbestand werden rufschädigende Kommentare gemeint, die veröffentlicht werden. Der Kommentar muss falsche Tatsachen enthalten – beispielsweise: «Bundesrat XY begeht Völkermord mit der Impfung!». Die höchste Geldstrafe hier beträgt 180 Tagessätze. (StGB Art. 173)
  • Verleumdung: Die Verleumdung ist quasi eine schlimmere Form der üblen Nachrede: Der Kommentar ist bewusst erstunken und erlogen, um den Ruf einer Person zu schädigen. Die Höchststrafe hier beträgt drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. (StGB Art. 174)
  • Drohung: Wer in einem Kommentar jemanden schwer bedroht und damit in Schrecken oder Angst versetzt, kassiert ebenfalls bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. (StGB Art. 180)
  • Diskriminierung und Aufruf zu Hass: Wer öffentlich eine Person oder eine Gruppe von Personen diskriminiert, kassiert ebenfalls bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe. Die Diskriminierung muss sich gegen «Rasse», Ethnie, Religion oder die sexuellen Orientierung richten. (StGB Art. 261bis)

Alle Tatbestände – mit Ausnahme der Diskriminierung und dem Aufruf zu Hass – werden nur auf Antrag verfolgt. Das bedeutet: Opfer müssen bei Beschimpfungen, übler Nachrede, Verleumdung oder der Drohung einen Strafantrag stellen – anonyme Anzeigen sind in den allermeisten Fällen nicht möglich.

Einen diskriminierenden Hasskommentar bzw. einen Aufruf zu Hass kann man hingegen anonym anzeigen. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes «Offizialdelikt»: Die Polizei oder die Staatsanwaltschaft muss von sich aus aktiv werden, sobald sie von möglichen Fällen erfährt.

Wo kann man Hasskommentare melden?

Einige Organisationen bieten im Internet Meldeformulare an.

Sprich: Mit Ausnahme der Meldeplattform der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus geht es bei solchen Online-Formularen nicht darum, ein Strafverfahren einzuleiten. Wenn du ausdrücklich jemanden anzeigen willst, musst du das in der Schweiz immer noch persönlich bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft tun.

Mustervorlage für Strafanzeige

Am einfachsten geht das (auch im Jahr 2022) per Post. Am erfolgreichsten bist du, wenn du folgende Schritte einhältst:

  1. Du sammelst möglichst viele Beweise: Du machst Screenshots vom Hasskommentar, speicherst die direkte Webadresse zum Beitrag ab (in der Regel kannst du auf das Datum eines Posts klicken, um die Direktadresse zu erhalten) und versuchst herauszufinden, in welchem Kanton der Täter oder die Täterin wohnt.
  2. Du überlegst dir, um welche Straftat es gehen könnte. Oben haben wir häufige Tatbestände im Zusammenhang mit Online-Kommentaren verlinkt.
  3. Du suchst die Adresse der zuständigen Staatsanwaltschaft. In der Regel ist es die im Wohnkanton der Täterin oder des Täters. Der Bund hat die Adressen aller kantonalen Zentralbehörden für Straffälle hier zusammengestellt. Wenn der Wohnkanton nicht bekannt ist, kannst du die Anzeige an die Staatsanwaltschaft in deinem eigenen Kanton schicken (was den ganzen Prozess verzögern kann).
  4. Du schreibst einen kurzen Brief an die Staatsanwaltschaft, in der du kurz erklärst, was du anzeigen willst. Weiter unten findest du einen Musterbrief.
  5. Du verschickst den Brief per Post. Falls du keine Briefmarke zur Hand hast, kannst du eine SMS mit dem Inhalt «MARKE» an 414 schicken: Du erhältst einen Code zurück, den du oben rechts aufs Couvert schreiben kannst. Das dient als «Briefmarke» und kostet dich 1.10 Franken. Wenn du sicher gehen willst, verschickst du den Brief eingeschrieben.
  6. Notiere dir unbedingt das Datum, an dem du die Staatsanwaltschaft kontaktiert hast. So kannst du freundlich telefonisch oder brieflich nachfragen, wenn du das Gefühl hast, dass nichts passiert.
Musterbrief für eine Strafanzeige
Herbert Muster*
Beispielstrasse 12
8000 Zürich

Zürich, 31. Februar 2022

(Hier jeweils die Staatsanwaltschaft des Wohnkantons des Täters als Empfängeradresse einsetzen)
Staatsanwaltschaft Zürich
Postfach
8036 Zürich

Strafantrag gegen Hans Dampf* wegen Ehrverletzung

Sehr geehrte Damen und Herren

Auf dem Facebook-Profil von Fritz Hug*, welcher einen Post über mich schrieb, kommentierte Facebook-User Hans Dampf, geb. 01.01.1991, wohnhaft mutmasslich in Zürich, am 5. Juli 2018: «Er ist ein Arschloch und Looser».

Diese Äusserung ist klar auf meine Person bezogen und verletzt mich in meiner Ehre. Ich stelle Strafantrag wegen Ehrverletzung und konstitutioniere mich als Privatkläger.

Ich bitte Sie höflich, mich über die wichtigen Verfahrensentwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

Ich bin grundsätzlich interessiert an einem Vergleich, sofern der Beschuldigte Einsicht zeigt.

Besten Dank für Ihre Bemühungen.

Mit Freundlichen Grüssen,

Herbert Muster

Beilagen:
– Printscreen des Facebookpost von Fritz Hug inkl. Kommentar von Hans Dampf
Die Vorlage wurde auf der Webseite der Stadt Zürich veröffentlicht. Der Text ist ein Musterbeispiel eines Strafantrages und soll aufzeigen, dass ein solcher Brief sehr kurz gehalten werden kann.

(pit)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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_andreas
28.05.2022 17:27registriert April 2020
Was mich noch intressieren würde:
Es gibt zahlreiche Webseiten die Kommentare moderieren wie z.B. Watson oder 20min. Wenn diese solche Kommentare veröffentlichen, machen sie sich dann nicht auch mitschuldig?
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