Schweiz
Klima

Klimaschutzgesetz: Das musst du über die Abstimmung im Juni 2023 wissen

Das Klimaschutzgesetz oder auch: Eine gegen alle

Das Klimaschutzgesetz stellt die Weichen für eine klimaneutrale Zukunft. Alle grossen Parteien der Schweiz unterstützen den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, nur eine stellt sich dagegen.
19.04.2023, 07:5403.05.2023, 09:01
Mehr «Schweiz»

Bis zur eidgenössischen Volksabstimmung am 18. Juni dauert es noch eine Weile, doch das Medienecho zum Klimaschutzgesetz ist jetzt schon gross. Über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben als «unabhängige Stimme, die einordnet und klärt», ihre Unterstützung für das Gesetz kundgetan. Allen voran Reto Knutti. Der Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich warnt schon lange vor den Folgen des Klimawandels.

In einem Punkt sind sich Politik und Wissenschaft für einmal einig: Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, müssen dringend konkrete Massnahmen her.

Doch für die SVP ist das Klimaschutzgesetz nicht der richtige Ansatz, sie hat darum das Referendum ergriffen. Aus diesem Grund stimmt das Volk am 18. Juni 2023 über das Klimaschutzgesetz ab. Das musst du dazu wissen:

Worum geht es beim Klimaschutzgesetz?

Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Bis dahin sollen unter dem Strich alle Treibhausgasemissionen auf null reduziert werden. Das Klimaschutzgesetz gilt als zentrales Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Es sieht Fördermassnahmen für Innovationen und den Ersatz von klimaschädlichen Heizungen vor.

Der Kampagnenauftakt zur Klimaschutz Abstimmung wir mit einem Plakat gefeiert, anlaesslich der Delegiertenversammlung der Gruenen Partei Schweiz im Stadttheater von Olten am Samstag, 25. Maerz 2023. ( ...
Kampagnenauftakt zum Klimaschutzgesetz, 25. März 2023.Bild: keystone

Konkret bewilligt das Parlament insgesamt 3,2 Milliarden Franken an Finanzhilfen. Klimaschonende Alternativen zu fossilen Heizungen sowie nötige Sanierungen sollen mit 2 Milliarden Franken unterstützt werden. Mit 1,2 Milliarden sollen Unternehmen gefördert werden, die auf innovative und klimaschonende Technologien setzen. Zudem werden verbindliche Zwischenziele für Gebäude, Industrie und den Verkehr für die Reduzierung der Emissionen festgelegt.

Das Klimaschutzgesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, die vom Parlament und der Regierung als punktuell zu weitreichend abgelehnt wurde.

Wo liegt der Unterschied zur Gletscher-Initiative?

Der Verein Klimaschutz Schweiz lancierte 2019 die Gletscher-Initiative, die verlangte, dass die Schweiz ab 2050 keine Treibhausgase mehr ausstosse und den Verbrauch fossiler Brennstoffe ab 2050 mit wenigen Ausnahmen verbiete. Der grundlegende Unterschied zur Gletscher-Initiative liegt nun darin, dass das Klimaschutzgesetz kein explizites Verbot von fossiler Energie vorsieht. Der Verein Klimaschutz Schweiz unterstützte den indirekten Gegenvorschlag und wird die Gletscher-Initiative bei einer Annahme zurückziehen.

Warum braucht die Schweiz ein Klimaschutzgesetz?

Die Schweiz ist von der Klimaerwärmung stark betroffen. In den letzten 150 Jahren ist die Durchschnittstemperatur um fast 2 Grad gestiegen – doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. Das Schmelzen der Gletscher zählt zu den sichtbarsten Auswirkungen. «Das Schwinden der Gletscher ist ein Weckruf», sagt Co-Kampagnenleiterin Sophie Fürst dazu. Die steigenden Temperaturen setzen auch der Tier- und Pflanzenwelt zu. In den letzten Jahren kam es zu dramatischem Fischsterben und zu Ernteausfällen.

Wer spricht sich dafür aus?

Das Gesetz ist politisch breit abgestützt. Abgesehen von Bundesrat und Parlament, die das Gesetz ausgearbeitet haben, unterstützen die SP, Grüne, Mitte und EVP den indirekten Gegenvorschlag. Der Entscheid der FDP steht noch aus, die grosse Zustimmung der Jungfreieinigen im Nationalrat deutet allerdings auf ein Ja hin.

Der Ja-Kampagne angeschlossen haben sich nicht nur zahlreiche Umwelt- und Klimaschutzorganisationen wie der WWF, sondern unter anderem auch der grösste Schweizer Wirtschaftsverband Economiesuisse, der Schweizer Tourismus-Verband, IP-Suisse, Bio-Suisse sowie Amnesty International.

Staenderat Ruedi Noser, FDP-ZH, sowie die Nationalraete Balthasar Glaettli, GP-ZH, Jacqueline de Quattro, FDP-VD, Martin Baeumle, GLP-ZH, Mattea Meyer, SP-ZH, Stefan Mueller-Altermatt, Mitte-SO, und L ...
«Schützen wir, was uns wichtig ist», lautet das Motto der Kampagne.Bild: keystone

Begründet wird das Gesetz mit der Notwendigkeit für die Natur sowie für den Schutz der Bevölkerung: «Mit dem Klimaschutzgesetz übernehmen wir Verantwortung für die Erde und schaffen eine Voraussetzung für die kommenden Generationen», schreibt etwa die Umweltschutzorganisation WWF. Aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter erspart man sich hierzulande hohe Kosten: «Die Klimaschäden führen in der Schweiz zu Kosten in Milliardenhöhe. Je länger wir warten, desto teurer werden diese Schäden», argumentiert das Ja-Komitee.

Zudem würde man sich durch das Gesetz von fossilen Energieträgern lösen und den Innovationsstandort Schweiz fördern, was wiederum Arbeitsplätze schafft.

200 Wissenschaftler:innen setzen sich für die Vorlage ein:

Wer spricht sich dagegen aus?

Die einzige grosse Partei der Schweiz, die sich gegen das Klimaschutzgesetz stemmt, ist die SVP. Für die stärkste Partei der Schweiz ist die Vorlage ein «Stromfresser-Gesetz», das Heizöl, Benzin, Diesel und Gas verbiete und die Natur mit Solarpanels und Windkraftturbinen zupflastere. Trotzdem würde die Versorgung mit genügend Strom im Winter bei Weitem nicht reichen, argumentiert die SVP, die das Referendum ergriffen hat. Der Partei ist es gelungen, über 100'000 Unterschriften zu sammeln – also mehr als doppelt so viele wie erforderlich.

Vertreter von der SVP Schweiz reichen mit ueber 50 000 Unterschriften das Referendum gegen das Klimaschutzgesetz ein, am Donnerstag, 19. Januar 2023, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Das Referendum gegen das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz ist mit 103'877 Unterschriften zustande gekommen.Bild: keystone

Der Nein-Parole angeschlossen hat sich auch der Hauseigentümerverband. Er schreibt: «Mit der Annahme des neuen Gesetzes würden vor allem auch ältere Wohneigentümer, die meist auch in entsprechend älteren Bauten leben, unter einen massiven gesetzlichen Vollzugsdruck geraten.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
162 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Flintstone
19.04.2023 08:51registriert Juli 2021
Ist schon scary, wenn Bauern nach sauberem Wasser und giftfreien Lebensmitteln jetzt auch den Klimaschutz bekämpfen.
Was sagt das eigentlich über ihre Produkte und die Einstellung zur Natur aus?
Dass den Sünnelis von der Goldküste der Erhalt der Schweizer Bergwelt am A…. vorbei geht, wenns ums Geld geht, war erwartbar.
11030
Melden
Zum Kommentar
avatar
Simonscat
19.04.2023 09:12registriert August 2019
"Doch für die SVP ist das Klimaschutzgesetz nicht der richtige Ansatz"

Dann bringt doch mal Lösungen statt immer nur zu motzen, Gopfetammi!
Fakt ist, wir müssen handeln. Wenn die SVP keine Lösung hervorbringen kann, dann ist die Klimainitiative immer noch bei weitem besser als gar nichts zu tun.
8724
Melden
Zum Kommentar
avatar
R. J.
19.04.2023 08:45registriert September 2019
Schweizerische Verhinderungspartei
6633
Melden
Zum Kommentar
162
Wieso du noch immer nicht bei Shein bestellen solltest
75-Stunden-Arbeitswoche beim chinesischen Billig-Konzern Shein – vor zwei Jahren schlug eine Reportage von Public Eye grosse Wellen. Wie sind die Bedingungen zwei Jahre später? Überdurchschnittlich gut, behauptet Shein. Public Eye hat das erneut überprüft.

Die Fast-Fashion-Marke Shein boomt. Der 2012 gegründete Online-Händler gilt mittlerweile als grösstes Modeunternehmen der Welt. Dies, obwohl die Schweizer NGO Public Eye 2021 unter dem Titel «Schuften für Shein» eine vernichtende Reportage veröffentlicht hat.

Zur Story