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Rapper inszenieren Prügelei - Schweizer Zeitung fällt drauf rein

Fast schon hinterlistig: die gefakte Rapper-Prügelei.
Fast schon hinterlistig: die gefakte Rapper-Prügelei.bild: watson

Rapper inszenieren Prügelei – und lügen die Medien an

14.09.2023, 17:5714.09.2023, 21:33
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«Rapper prügeln sich in Berner Club» titelte die Pendlerzeitung «20 Minuten» am Dienstag. Das Blatt berichtete dabei über eine Schlägerei zwischen «Vokuhila-Rapper» Jule X und Iroas von der Fischermätteli Hood Gäng (FHG). Die Schlägerei hat sich am vergangenen Freitag im Berner ISC CLub zugetragen.

Doch die Sache hat einen Haken:

Die Schlägerei

Wie eine Augenzeugin gegenüber «20 Minuten» erzählte, habe sich das Ganze wie folgt zugetragen: Zuerst habe Jule X mit Iroas geredet und ihm dann über die Schuhe erbrochen. Danach hätten sich beide Parteien, darunter auch andere Mitglieder von FHG, geschubst und erste Fäuste seien geflogen.

Anschliessend habe sich die Rangelei nach draussen verlegt, wo dann weiter munter etwa eine halbe Minute «gschleglet» worden sei.

Darum prügelten die Rapper:

Dass sich eine Schlägerei zugetragen hat, ist unumstritten – zumal Videomaterial existiert.

Wie es dazu gekommen ist, ist allerdings eine andere Geschichte. Gegenüber «20 Minuten» liess Iroas ausrichten:

«Jule machte vor FHG auf dicke Hose und hat mich dann wortwörtlich angekotzt.»

Weiter sagt er, dass die Beziehung zwischen der FHG und Jule X schon früher nicht so rosig gewesen sei. Bei gemeinsamen Acts sei es «nicht immer sehr harmonisch» gewesen.

Jule X sagte gegenüber «20 Minuten», die FHG-Mitglieder hätten «ein bisschen überreagiert», er wolle aber kein grosses Drama daraus machen.

Wie die Rapper die Medien verarschten

Kaum hatte «20 Minuten» den Artikel veröffentlicht, ploppte ein gemeinsamer Instagram-Post von Jule und der Gang auf. Und hier verraten die Sprechgesangskünstler den wahren Hintergrund der «Schlägerei».

Die Rapper veröffentlichen Chatverläufe, in denen sie sich euphorisch geben, weil «alles wirklich so funktioniert hat».

Es zeigt sich, dass die Prügelei geplant war und alle Beteiligten damit gerechnet haben, dass Schweizer Medien darauf eingehen würden.

Die Beteiligten haben sich sogar ausgetauscht, wie sie auf die Anfrage von «20 Minuten» antworten sollen. Der ganze Post ist betitelt mit:

«Merci @20min.ch für t'Promo!»

Im Post kündigen die Rapper an, am Freitag einen gemeinsamen Song herauszubringen – die ganze Prügelei war eigens dafür inszeniert.

Das sagt «20 Minuten»

Ob 20 Minuten hier eine Täuschung hätte erkennen müssen, ist fraglich; die veröffentlichten Videos zeigen eine durchaus glaubwürdige Schlägerei. Die Zeitung schreibt auf Anfrage von watson:

«Wir haben das zur Kenntnis genommen und prüfen aktuell die neuen Informationen. Für den Moment haben wir den Artikel von der Seite entfernt.»

(cpf)

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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PxlP
14.09.2023 18:23registriert November 2015
Puh, ich dachte für einen Moment, es sei eine richtige Zeitung darauf hereingefallen...
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Plusplus
14.09.2023 18:33registriert Dezember 2021
20min als Zeitung zu bezeichnen ist doch schon etwas gewagt
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Dr. Emmett L. Brown
14.09.2023 19:48registriert April 2023
Ein gutes Bespiel dafür wie man sich das Verständnis von Medienlogik zu Nutze machen kann. Was die zwei gemacht haben ist bei Parteien, Aktivismus, Unternehmen usw. gang und gäbe. Aufmerksamkeitserzeugende Events machen mit verschiedensten Mittel. Ein Fight in einer Bar ist allerdings schon bizli moralisch fragwürdig...
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