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Polizeirapport

Junger Mann schuldig nach Tötungsdelikt mit Schirm in Mels SG

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Junger Mann schuldig nach Tötungsdelikt mit Schirm in Mels SG

22.05.2025, 21:5222.05.2025, 21:52

Das Kreisgericht in Mels im Kanton St. Gallen hat am Donnerstag im Tötungsdelikt mit einem Schirm an der Melser Fasnacht von 2022 ihr Urteil gefällt. Der Beschuldigte wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Mit dem Urteil wurde der junge Mann nicht wie von der Staatsanwaltschaft gefordert wegen vorsätzlicher Tötung bestraft. Die Strafe erhielt er für eine Tat, die er in «selbstverschuldeter Unzurechnungsfähgkeit» beging, wie der vorsitzende Richter während der Urteilseröffnung am späten Donnerstagnachmittag ausführte.

Damit werde der junge Mann, heute 22 Jahre alt, nicht wegen des eigentlichen Tötungsdeliktes zur bedingten Freiheitsstrafe mit einer Probezeit von fünf Jahren verurteilt, betonte der Richter. Dieses habe er zwar begangen, aber eben unzurechnungsfähig aufgrund seines starken Alkoholkonsums vor der Tat.

In einem solchen Fall werde nicht die Tat selbst bestraft. «Sie werden nach dem Willen des Gesetzgebers dafür bestraft, dass Sie sich selbst in diesen Zustand gebracht haben», sagte der Richter an die Adresse des Verurteilten.

Beim Gewaltdelikt, über welches das Gericht zu urteilen hatte, stach der damals 19-Jährige an der Melser Fasnacht 2022 einem 45-jährigen Italiener nach starkem Alkoholkonsum mit einem Regenschirm in beide Augen. Der 45-Jährige starb. Dem Tötungsdelikt ging eine Auseinandersetzung zwischen den beiden voraus.

«Mit blutigen Händen aufgewacht»

«Sie waren in einem solchen Rausch, dass sie nicht mehr erkennen konnten, was für ein Unrecht sie taten», sagte der Richter zum Verurteilten. Ihm sei an der Fasnacht die Kontrolle entglitten, an der zwar viele Menschen exzessiv Alkohol trinken würden. «Aber anders als die anderen Fasnachtsbesucher sind sie nicht mit einem Kater aufgewacht, sondern mit blutigen Händen.»

Der Urteilsverkündung am Donnerstagnachmittag ging am Morgen die Wiederaufnahme des bereits Anfang 2024 begonnenen Prozesses voraus. An der Verhandlung vom Donnerstag stand ein neues Gutachten im Zentrum, das bis anhin offene Fragen vor allem zur Schuldfähigkeit des jungen Mannes klären sollte.

Dieser habe eine «unauffällige Grundpersönlichkeit», hatte der Gutachter, ein renommierter forensischer Psychiater, gesagt. Der damals 19-Jährige habe zum Tatzeitpunkt jedoch eine «akute Alkoholintoxikation» aufgewiesen.

Verteidigerin forderte einen Freispruch

Wegen dieser Alkoholintoxikation sei der junge Mann nicht mehr in der Lage gewesen, die «notwendige Einsicht zu erhalten über das Unrecht seines Handelns», hatte der Gutachter weiter erklärt. Er sei als schuldunfähig einzustufen. Eine «psychische Störung» habe er zwar nicht festgestellt. Allerdings habe der junge Mann zum Tatzeitpunkt ein psychotisches Erlebnis gehabt und eine subjektive Bedrohung wahrgenommen, so der Gutachter.

Der vorsitzende Richter verwies bei der Urteilsverkündung auch auf dieses sowie ein älteres Gutachten. Unabhängig voneinander sei dem jungen Mann zwei Mal eine Schuldunfähigkeit attestiert worden.

Die Verteidigerin hatte am Morgen während des Prozesses noch auf einen vollumfänglichen Freispruch für ihren Mandanten plädiert. Letztlich erhielt er neben der bedingten Freiheitsstrafe vom Gericht auch die Auflage, dass er während der Probezeit auf Alkohol verzichten und sich einer «deliktsorientierten» Therapie unterziehen muss. Während der Probezeit wird Bewährungshilfe angeordnet.

«Unbrauchbares» Gutachten

Der Anwalt der Familie des Opfers hatte derweil das im Prozess zentrale Gutachten in Zweifel gezogen. «Es ist unbrauchbar», sagte der Anwalt. Es beruhe zu stark auf Hypothesen. Der junge Mann mache zahlreiche Erinnerungslücken geltend, wodurch zu viele Fragen zum Tathergang ungeklärt blieben.

Auch der mittlerweile Verurteilte war am Donnerstagvormittag zu Wort gekommen. «Ich möchte nochmals mein Bedauern ausdrücken.» Er müsse für immer damit Leben, für den Tod eines Mannes verantwortlich zu sein.

Dass er mit der Tat nun ein Leben lang klar kommen müsse, betonte dann auch der vorsitzender Richter während der späteren Urteilsverkündung. «An der Tat lässt sich nichts mehr ändern, aber sie können dafür sorgen, dass sich eine solche nicht wiederholt», sagte der Richter zum 22-Jährigen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (sda)

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