Der Raiffeisen-Prozess kann in die nächste Runde gehen. Unmittelbar vor dem Wochenende teilte das Zürcher Bezirksgericht den Parteien mit, die schriftliche Begründung des am 13. April dieses Jahres ergangenen Urteils gegen den früheren Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, dessen langjährigen Geschäftspartner Beat Stocker und drei weitere Beschuldigte, sei in einer Länge von 1200 Seiten soeben fertiggestellt worden.
Angesichts der gesetzlichen Frist der Berufungserklärung von 20 Tagen und der anstehenden Feiertage, werde das schriftliche Urteil erst nach den Feiertagen, voraussichtlich in der ersten Januarwoche, versandt, heisst es in dem Schreiben des Gerichts an die Parteien.
Es bestehen kaum Zweifel, dass die Beschuldigten beim Zürcher Obergericht appellieren werden. Vincenz-Verteidiger Lorenz Erni, dessen Mandant zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde, hatte das Verdikt schon direkt nach dessen Eröffnung als «falsch» bezeichnet und Berufung angekündigt. Stocker wurde mit einer Gefängnisstrafe von vier Jahren belegt.
Das Gericht befand die Hauptbeschuldigten des Betrugs, des versuchten Betrugs, der passiven Privatbestechung, der Veruntreuung, der qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Urkundenfälschung für schuldig. Gegen die Mitangeklagten Andreas Etter, Stéphane Barbier-Mueller und Ferdinand Locher wurden bedingte Geldstrafen in Höhe von 810'000 Franken bis eine Million Franken wegen aktiver Privatbestechung und anderer Delikte ausgesprochen. Einzig Christoph Richterich, der ehemalige PR-Berater von Vincenz, wurde von allen Vorwürfen freigesprochen.
Neben der Staatsanwaltschaft führt auch Raiffeisen ein Zivilverfahren gegen die Beschuldigten. Auch Raiffeisen hat bereits vorsorglich Berufung angekündigt. Nach Erhalt des schriftlichen Urteils sind die Parteien frei, innert 20 Tagen eine Berufungserklärung einzureichen. Bei Strafprozessen gibt es keine Gerichtsferien, die zu einer Unterbrechung der Fristen führen. (aargauerzeitung.ch)