Ardian Elezi beginnt seine Predigt unvermittelt. Der junge Mann mit dem etwas wirren Bart und aufgerissenen Augen erhebt Hände und Stimme, der Ton überschlägt sich ab der ersten Sekunde. «Was jeder Muslim kennen muss, und das ist ganz wichtig Brüder!» Kunstpause. «Und da gibt es keine Rechtfertigung, bei Allah, für Deine Unwissenheit, keine Rechtfertigung.» Elezi schaut nach links und nach rechts, wie zu einem Publikum. Doch seine eigentliche Hörerschaft sitzt vor dem Bildschirm. Elezi predigt auf Youtube.
In gewissem Sinne ist Ardian Elezi ein moderner Imam. Er hat verstanden, dass er über das Internet mehr Zuhörer erreichen kann als in seiner Moschee. Über 40'000 Abonnenten verfolgen Elezi auf Facebook, wo er mit eigenem Logo auftritt. In der «Peace and Blessing»-Moschee an der Neuhausstrasse in Kleinhüningen erschienen für gewöhnlich nur 30 Besucher zum Freitagsgebet.
Jetzt verlässt Elezi Basel. «Unseren Informationen zufolge hat Ardian Elezi an der letzten Generalversammlung seiner Moschee der Gemeinde mitgeteilt, dass er von seinem Amt als Imam zurücktrete und das Land verlasse», bestätigt Stadtentwickler Lukas Ott Recherchen der «Schweiz am Wochenende». Im Bilde sei auch die kantonale Task-Force Radikalisierung.
In den letzten Monaten hat Elezi mit seinen Aussagen einigen Wirbel verursacht. Anfang 2018 berichtete erstmals der «Tages-Anzeiger» über den jungen Imam. In einer seiner Videopredigten hatte er Homosexuelle als «Krebsgeschwür gegen die Moral» bezeichnet. Seiner Gefolgschaft riet er, im Sommer zu Hause zu bleiben, um nicht den Versuchungen der «vielen halbnackten Frauen» anheim zu fallen. In einem Interview mit der Basler Zeitung konnte er zudem den Vorwurf nicht wirklich entkräften, Juden pauschal als «hartherzig» zu verunglimpfen – auch wenn er sich dabei auf einen Koranvers berief.
Elezi versteht sich als guter Bürger, der mit islamischen Tugenden zur besseren Lebensweise in der Gesellschaft beiträgt. Mit Kritik konfrontiert, reagiert er mit Unverständnis. Am deutlichsten tritt dies in einem Video nach den Anschlägen gegen Muslime in Christchurch zutage: Schnell spannt Elezi einen Bogen zwischen dem gewalttätigen Hass in Neuseeland und der «Hetze», die Journalisten in der Schweiz unter anderem gegen ihn betrieben. Muslime würden weltweit verfolgt, so der pauschalisierende Kern seiner Haltung.
Um diese These zu untermauern, greift Elezi zu krassen Mitteln. Besonders bizarr war vor rund einem Jahr sein Video, das er vor dem Hintergrund der Trauergemeinde des getöteten Ilias aufnahm. Den Mord am siebenjährigen Kosovo-Albaner durch eine mutmasslich verwirrte 76-jährige Frau deutete er zum «Terrorakt». Es ist möglich, dass diese Episode einen Einfluss darauf hatte, dass Elezi nun die Schweiz verlassen hat. Die Regierung hat damals angeordnet, den provokativen Imam zur Brust zu nehmen. «Es fand ein Gespräch statt zwischen Ardian Elezi, dem Religionsbeauftragten David Atwood und mir», bestätigt Ott auf Anfrage. «Es ging darum, Elezi die Grenzen des Tolerierbaren in der Schweiz aufzuzeigen», so Ott. In der Vergangenheit hatte Elezi die freiwillige Gefährderansprache abgelehnt. Er stand unter Beobachtung der Fachstelle Radikalisierung.
Ardian Elezi war nicht immer der Prediger, der sich gerne in den Graubereich flüchtet. Geboren als serbisch-montenegrinischer Bürger, ging er zuerst in Thun zur Schule. 2007 wurde er Schweizer und bestand 2009 die Matur am Basler Leonhard-Gymnasium. Zu jener Zeit spielte Elezi noch Fussball und kleidete sich wie andere Jugendliche, berichten ehemalige Weggefährten. Dann kam der Wandel. Er studierte in Kairo und Medina, trug plötzlich Vollbart und islamische Gewänder. Glaubt man seiner Facebook-Seite, hat er im Januar 2017 begonnen, als Imam der Peace-and-Blessing-Moschee zu wirken. Diese steht nun vor der Frage, wie sie sich künftig ausrichten will. Es ist gut möglich, dass in diesem Vakuum gemässigtere Kräfte die Oberhand gewinnen und es wieder stiller wird um die Kleinbasler Moschee.
Wohin es hingegen Elezi zieht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aus der Gemeinde seien unterschiedliche Vermutungen zu vernehmen, sagt Ott. Elezi habe nicht klar Stellung beziehen wollen. «Die einen sagen, Elezi sei nach Russland ausgewandert. Andere behaupten, er absolviere ein Masterstudium in Jordanien.» Letzteres wäre brisant: Jordanien gilt als beliebtes Rekrutierungsland für den IS. Elezi hatte die islamische Terrororganisation allerdings öffentlich stets abgelehnt. Ardian Elezi war für die «Schweiz am Wochenende» während mehreren Tagen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. (bzbasel.ch)
So einen Typen brauchen wir in der Schweiz nicht.