Schweiz
Romandie

6 Hunde sterben an Cyanobakterien – Badeverbot am Neuenburgersee

Nach 6 toten Hunden warnen Behörden: «Gehen Sie mit Ihrem Hund nicht an oder in den See»

31.07.2020, 06:5701.08.2020, 06:14
Mehr «Schweiz»
Nachdem sich sechs Hunde am Neuenburgersee vergiftet haben, haben die Beh
Vorerst vorbei: Baden am Neuenburgersee – zumindest abschnittsweise.Bild: sda

Die Behörden im Kanton Neuenburg haben ein Badeverbot für den Strandabschnitt zwischen der Areuse-Mündung und Colombier verhängt. Zuvor waren sechs Hunden an den Folgen einer Vergiftung gestorben.

Der Grund für die Vergiftungen waren Cyanobakterien – im Volksmund Blaualgen, wie die Neuenburger Kantonspolizei am Freitag mitteilte. Am Nachmittag informierten die Kantonsbehörden in Colombier darüber. Der Befund wurde von Experten bestätigt.

Ein ähnliches Phänomen sah man am Neuenburgersee noch nie. Warum die Cyanobakterien derart viele Toxine produzieren, war unklar. Die Wetterbedingungen waren aber der Bildung der Algen förderlich.

Die Neuenburger Kantonstierärztin Corinne Bourquin appellierte an Tierhalter, mit ihren Tieren keinesfalls an den See zu gehen. Milligramme der Toxine reichten für die Vergiftung eines Vierbeiners, ein Gegengift gebe es nicht und der Tod trete schnell ein. Weitere tote Tiere gab es am Freitag aber nicht.

Kein Bad im ganzen See

Laurent Kaufmann, der stellvertretende Kantonsarzt, erklärte, Menschen erlitten keine derart schweren Vergiftungen wie etwa Hunde. Todesfälle seien in dem Zusammenhang nicht bekannt. Kantonschemiker Yann Berger sagte, ein Wetterumschwung könnte die Lage entschärfen. Den See gebe man aber erst wieder zum Baden frei, wenn alle Zweifel am Verschwinden der Blaualgen ausgeräumt seien.

Die Neuenburger Behörden raten vom Bad im ganzen Neuenburgersee und nicht nur in der Verbotszone ab. Das Badeverbot galt ab Freitag. Die Polizei räumte bereits am Donnerstagabend den Strand zwischen Areuse-Mündung und Colombier vorsichtshalber. Die Badegäste hätten dafür Verständnis gezeigt.

Der Anrainer-Kanton Freiburg mahnte an seinen Ufern zur Vorsicht – besonders mit Tieren. Cyanobakterien seien im Freiburger Teil nicht festgestellt worden. Der Kanton überprüft aber derzeit die Badewasserqualität. Auch die Waadt analysierte sofort das Seewasser. Ihr Kantonschemiker riet ebenfalls generell vom Baden ab. Neben den drei Westschweizer Kantonen grenzt Bern an den Neuenburgersee.

Eine bekannte Plage

Im Süsswasser wimmelt es normalerweise von Blaualgen. Sie kommen aber auch in Salzwasser vor. So gab es schon Algenplagen an verschiedenen Meeresstränden. Die Cyanobakterien stellen einen Mix aus verschiedenen Substanzen her, auch giftige. Vorab gehören diese Gifte zur Gruppe der Microcystine. Diese sind leberschädigend.

Das massenhafte Auftreten der Cyanobakterien – die sogenannte Algenblüte – kann den Badespass in stehenden Gewässern dadurch nachhaltig trüben. Die Bakterien bilden kugelige, gallertartige Kolonien, Teichpflaumen genannt. Das Phänomen gibt es regelmässig bei steigenden Wassertemperaturen. Bekannt dafür sind etwa der Zürich-, Baldegger- oder Greifensee.

Wenn Menschen in einem von Algenblüten betroffenen See baden oder das Wasser schlucken, können schon geringe Mengen an Microcystinen und anderen Giften zu Hautirritationen, Erbrechen oder Durchfall führen.

Wie das Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich (Eawag) in einer Studie nachwies, sind Microcystine nur die Spitze des Eisbergs. Mehr als die Hälfte der von Cyanobakterien produzierten Stoffe gehören nicht zur Gruppe dieser Gifte.

Algenblüten sind auch von der Burgunderblutalge bekannt, bei ihr allerdings in Rot und bei Abkühlung des Wassers im Herbst. Seit 2014 tritt das Phänomen vermehrt im Bodensee auf. Planktothrix rubescens ist ebenfalls ein Bakterium. Der deutsche Name geht auf die Schlacht von Murten zurück. Als die Alge blühte, glaubten die Leute, das Blut der gefallenen Burgunder steige im Murtensee auf. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
33 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Peter Vogel
31.07.2020 08:09registriert Juni 2020
Cyanobakterien treten auf wenn es im Wasser zu viele Nährstoffe (Dünger) hat und das Wasser eine relativ hohe Temperatur hat.
3377
Melden
Zum Kommentar
avatar
Cpt. Jeppesen
31.07.2020 11:44registriert Juni 2018
Das Badeverbot ist eine indirekte Konsequenz unseres zu hohen Konsum an tierischen Proteinen. Ob Rinder oder Schweine, in der Massentierhaltung fällt massiv viel Gülle an. Die muss irgendwo hin. Ein Teil davon kann auf die Felder ausgebracht werden zum Düngen. Durch unseren hohen Konsum und der damit einhergehenden hohen Anzahl an Tieren aber hat es massiv mehr Gülle als zum Felder düngen gebraucht wird. Die überschüssige Gülle müsste eigentlich entsorgt werden. Das kostet Geld. Dann lieber doch noch einmal mehr ein bisschen grosszügiger düngen. Dabei sind unsere Böden schon überdüngt.
21871
Melden
Zum Kommentar
avatar
smartash
31.07.2020 10:50registriert Dezember 2016
"Wie das Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich (Eawag) in einer Studie nachwies, sind Microcystine nur die Spitze des Eisbergs. Mehr als die Hälfte der von Cyanobakterien produzierten Stoffe gehören nicht zur Gruppe dieser Gifte."

Hä? Also wie jetzt? Wenn die Meisten Stoffe nicht zu den Giften gehören, dann ist Wie Microcystine doch eher die Ausnahme und ganz sicher nicht die Spitze des Eisberges

oder habe ich hier was falsch verstanden?
1079
Melden
Zum Kommentar
33
Alle Richter lehnen AHV-Beschwerden ab: Rentenalter 65 für Frauen bleibt
Das Bundesgericht hat die Beschwerden der Grünen und der SP Frauen gegen die AHV-Abstimmung von 2022 einstimmig abgewiesen. Die Abstimmung ist somit nicht annulliert.
Zur Story