Kurz vor 12 Uhr stellte die Schulleitung der Kantonsschule Wettingen am Dienstag eine Meldung ins Intranet, die es in sich hat. Darin hiess es, Lehrer Roland A. (richtiger Name der Redaktion bekannt) sei ab sofort vom Unterricht freigestellt worden. «Der Schulleitung liegen Belege für wiederholte unangemessen Kommunikation vor, die mit der Professionalität im Lehrberuf unvereinbar ist», heisst es kryptisch. Und: «Im laufenden Verfahren werden wir zum Schutz aller beteiligten und betroffenen Personen dazu keine weiteren Auskünfte erteilen.» Die Mitteilung endet mit diesen ebenfalls nebulösen Zeilen: «Die Mitglieder der Schulleitung stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung, falls Sie von Grenzüberschreitungen im Bereich der persönlichen Integrität betroffen sind.»
Doch was ist unter «unangemessener Kommunikation» zu verstehen? Diese Zeitung weiss aus mehreren Quellen, dass der Lehrer in der Vergangenheit Schülerinnen gegenüber immer wieder anzügliche Sprüche gemacht haben soll. Dem Vernehmen nach sei es zur Freistellung gekommen, weil der Lehrer gesehen wurde, als er im öffentlichen Raum mit einer Schülerin intim war. Kanti-Rektor Paul Zübli sagt dazu: «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes – nicht nur des Lehrers, sondern auch der Betroffenen – kann ich nicht auf die genaueren Gründe eingehen.» Auf die Frage, ob der Begriff «unangemessene Kommunikation» körperliche Grenzüberschreitungen beinhalte, sagt Zübli: «Auch da kann ich nicht im Detail darauf eingehen.»
Doch dürfte eine Lehrerin oder ein Lehrer mit einem Schüler oder einer Schülerin ein intimes Verhältnis eingehen? Abgesehen vom moralisch-ethischen Aspekt ist die Sachlage im Schweizer Strafgesetzbuch klar geregelt. «Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt, es zu einer solchen Handlung verleitet oder es in eine sexuelle Handlung einbezieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Doch auch Schüler im Alter zwischen 16 und 18 Jahren sind gemäss Artikel 188 geschützt: «Wer mit einer minderjährigen Person von mehr als 16 Jahren, die von ihm durch ein Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis oder auf andere Weise abhängig ist, eine sexuelle Handlung vornimmt, indem er diese Abhängigkeit ausnützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Offen ist, ob die Kantonsschule Wettingen im vorliegenden Fall gegen den Lehrer Strafanzeige erstatten werde, sagt Rektor Paul Zübli: «Ob wir das tun werden, ist derzeit Gegenstand von Abklärungen.»
Dass es wiederholt zu besagter «unangemessenen Kommunikation» gekommen sei, bedeute im Umkehrschluss nicht, dass die Schulleitung schon früher von Vorkommnissen Kenntnis hatte. Im Gegenteil, so Zübli: «Wir haben beim ersten Anzeichen gehandelt und sahen uns leider gezwungen, den Lehrer freizustellen.»
Eine Freistellung ohne eine einzige Vorwarnung? «Wir haben uns juristisch abgesichert. Dieser Schritt war leider unumgänglich», so Zübli. Natürlich sei ein solcher Fall sehr bedauerlich und stelle auch eine Belastungsprobe für die Schule und insbesondere das Kollegium dar. «Aber ich glaube, wir können unsere positive und liberale Schulkultur trotzdem erhalten und sollten jetzt nicht Ängstlichkeit und Verunsicherung verfallen», sagt Zübli. Gleichzeitig werde man den Fall auf der Meta-Ebene im Kollegium aufarbeiten. «Die persönliche Integrität eines jeden Schülers ist absolut unantastbar. Jede Schülerin, jeder Schüler soll wissen, dass er sich jederzeit an die Schulleitung wenden kann, wenn es zu Grenzüberschreitungen kommt.»
Der entlassene Lehrer wollte seine Freistellung auf Anfrage nicht kommentieren.
(aargauerzeitung.ch)
Wo stand denn im Text, dass der Lehrer entlassen wurde? Dachte, er wäre erstmal freigestellt?