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Fasel soll Staatssekretär werden – obwohl er sich nicht beworben hatte

Alexandre Fasel soll Staatssekretär werden – obwohl er sich nicht beworben hatte

Laut Medienberichten dürfte Aussenminister Ignazio Cassis den Freiburger Alexandre Fasel als Nachfolger von Livia Leu vorschlagen. Wählen soll heute der Bundesrat.
28.06.2023, 11:42
Henry Habegger / ch media
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Britain's Queen Elizabeth II meets Alexandre Fasel from the Swiss Confederation during a private audience at Buckingham Palace in central London, Wednesday Nov. 22, 2017. (Gareth Fuller/Pool via  ...
Alexandre Fasel mit der Queen 2017.Bild: AP/PA Pool

Alexandre Fasel (61) machte in den letzten Wochen gegenüber Vertrauten keinen Hehl daraus: Er bewerbe sich nicht auf die Stelle als Staatssekretär im Aussendepartement, also für die Nachfolge von Livia Leu, die nach nur zwei Jahren als Botschafterin nach Berlin wechselt. Fasel werde sich nicht vor dem EDA-Generalsekretär Markus Seiler, dem Chef der Findungskommission, «in den Staub werfen», gaben Insider an (CH Media berichtete). Unter anderem war er nicht bereit, ein Assessment zu absolvieren.

Jetzt wird der erfahrene Freiburger Diplomat, der derzeit Sonderbeauftragter des Bundesrats für Science Diplomacy im internationalen Genf ist, offenbar trotzdem neuer Staatssekretär: Fasel soll, darauf deuten Informationen von «Tages-Anzeiger» und «Le Temps» hin, auf Vorschlag von Aussenminister Ignazio Cassis heute Mittwoch vom Bundesrat gewählt werden.

Was ist passiert? Leute, die Fasel kennen, hielten noch am Dienstag fest, der Freiburger habe sich laut eigenen Aussagen nicht beworben. «Cassis muss ihm den roten Teppich ausgelegt haben», vermutet die Zeitung «Le Temps».

Francois Longchamp, left, President of the Geneva State Council, addresses his speech, next to Alexandre Fasel, 2nd left, Ambassador of the Permanent Representative Mission of Switzerland to the Unite ...
Alexandre FaselBild: KEYSTONE

In der Tat deutet vieles darauf hin, dass es Cassis selbst war, der Fasel ins Spiel brachte. Und zwar am formellen Bewerbungsverfahren und damit auch an der von Generalsekretär Markus Seiler geleiteten Findungskommission vorbei.

Das durfte Cassis tun: Laut einer bundesrätlichen Weisung aus dem Jahr 2014 müssen Top-Jobs in der Bundesverwaltung zwar öffentlich ausgeschrieben werden. Die Weisung schreibt auch vor, dass die Findungskommission das Evaluationsverfahren führt und dem Departementschef «mindestens drei Wahl- oder Ernennungsvorschläge unterbreitet» und diese priorisiert. Der Departementschef kann aber, auch das steht in der Weisung, «weitere Kandidaten oder Kandidatinnen anhören». Und er bestimmt letztlich, wen er zur Wahl vorschlägt.

Beobachter im Aussendepartement waren überzeugt, dass gerade Generalsekretär Markus Seiler einen Ja-Sager auf den Posten hieven wollte. Das dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich viele Top-Diplomatinnen gar nicht erst bewarben. So die Botschafterinnen in Brüssel und Rom, Rita Adam und Monika Schmutz. Manche sahen Leute wie Markus Leitner, Botschafter in London, in bester Ausgangslage.

Aber aus dem Gesamtbundesrat gab es beträchtlichen Druck, gerade weil mit den EU-Verhandlungen sehr viel auf dem Spiel steht, eine starke und als Führungsperson unbestrittene Persönlichkeit zu wählen. Fasel hatte mit Sicherheit die Unterstützung von Bundespräsident Alain Berset (SP), aber vor allem auch von Vize Viola Amherd: Fasel gehört wie sie der Mitte-Partei an.

Cassis kann sich keinen weiteren Flop leisten

Cassis, der bisher alle zwei Jahre den Staatssekretär auswechselte, kann sich keine weiteren Fehler leisten. Und innerhalb der EDA-Spitze gibt es durchaus auch die Einsicht, dass Generalsekretär Seiler heute zu mächtig ist. Mit einem Staatssekretär wie Fasel würden Bürokraten wie Seiler an Macht und Einfluss verlieren.

Aber vielleicht war das Bewerbungsverfahren auch von Anfang an nur eine Farce. Auf die «Option Fasel» deuteten jedenfalls auch erste Berichte schon im April hin, einen Monat vor dem Abgang von Leu: Fasel soll sich auffallend oft in Bern bei Cassis aufgehalten haben. Insider schlossen daraus, wie sich zeigte zu Recht, dass Leus Abgang bevorstand.

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