Mit einem Frontalangriff gegen die bürgerliche Mehrheit im Parlament ist die SP am Samstag in Biel BE in die «heisse Phase des Wahlkampfes» gestartet. Die soziale Schweiz müsse gewinnen, um die Kaufkraft und Gleichstellung zu stärken und den Klimaschutz voranzubringen.
Die rechte Mehrheit im Bundeshaus entscheide sich regelmässig gegen die Menschen, nicht nur gegen Armutsbetroffene, «sondern gegen alle, die von Lohn und Rente leben», sagte Co-Präsidentin Mattea Meyer vor den Delegierten. Denn das Parlament sei heute die Lobby der Mächtigen, die sich selber Steuergeschenke gönne und gleichzeitig Mindestlöhne, eine 13. AHV-Rente, Prämienentlastungen und bezahlbare Kita-Plätze verhindere.
Doch das müsse sich ändern. Deswegen müsse die soziale Schweiz gewinnen, «eine Schweiz, die den Klimaschutz ausbaut, Gleichstellung voranbringt, sich darum kümmert, dass die Menschen genug Geld haben und wir einander Sorge tragen». Und dafür würden sie in den nächsten 57 Tagen gemeinsam sorgen.
Die SP habe die Schweiz in den vergangenen 175 Jahren lebenswert gemacht für alle. Und «in dieser grossen Tradition stehen wir heute hier und darauf dürfen wir stolz sein», sagte Co-Präsident Cédric Wermuth. «Weil Würde, Respekt und Anerkennung keine Privilegien einiger weniger sind, sondern für alle gelten». Deshalb werde die SP keine Ruhe geben, «bis es in diesem Land gerechter und sozialer zugeht».
SP-Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider wies in ihrer Rede die SVP-Vorwürfe eines «Asyl-Chaos» zurück. Die Schweiz bewältige die Herausforderungen im Zusammenhang mit geflüchteten Menschen «ruhig, besonnen und konstruktiv». Sie sehe keine Überforderung, kein Chaos, sondern «Leute, die chrampfen».
Die Migrationsdebatte werde bis am 22. Oktober «noch schrill geführt» werden, sagte Baum-Schneider. Doch sie sei überzeugt, dass sich die Solidarität und Verantwortlichkeit, welche die Schweiz im Umgang mit Flüchtlingen zeige, auch an der Urne manifestieren werde.
Bundespräsident Alain Berset erinnerte in seiner letzten Rede vor den Delegierten als ihr Bundesrat daran, dass die kommenden Wahlen auch eine grosse Chance seien, während zwei Monaten mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ihnen zuzuhören, zu erfahren, worüber sie sich aufregen und ihnen aufzuzeigen, «dass man etwas ändern kann».
Die SP müsse Optimismus und Hoffnung wecken, «weil die Lage schwierig ist, nicht mit geklauten Songs sondern mit ehrlicher politischer Arbeit». Es brauche die Überzeugung, dass sich die Verhältnisse wirklich verändern und verbessern liessen, sagte Berset.
Das sei manchmal langsam und mühsam. Doch es müsse immer in die Richtung des Ziels einer fairen Gesellschaft gehen. «Darum regt euch auf, aber vor bleiben wir alle optimistisch und bleiben wir engagiert», sagte Berset.
Zuvor hatten die Delegierten eine Reihe von Resolutionen verabschiedet. So entschieden sie, das Referendum gegen die im Parlament zur Diskussion stehenden Verschlechterungen des Mieterschutzes zu ergreifen. Zudem soll die vom Mieterverband angekündigte Volksinitiative zur Stärkung des Mieterschutzes mitlanciert werden.
Ausserdem will die Partei neun Jahre nach der Ablehnung ihrer Initiative für eine öffentliche Krankenkasse einen weiteren Anlauf nehmen: Die Delegierten beauftragten die Parteileitung, sich mit der Lancierung einer neuen Initiative auseinanderzusetzen.
Ausserdem stimmten die SP-Delegierten einstimmig für die Unterstützung der Inklusionsinitiative. Das von Behindertenorganisationen lancierte Volksbegehren fordert eine Garantie für die Gleichstellung, Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. (rst/sda)