
Rösti wedelt vergeblich mit dem vermeintlichen MEI-Umsetzungskonzept der SVP.bild: screenshot srf

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«Putzhässig» sei die SVP, sagte der «Arena»-Moderator zu Beginn der Sendung «‹Inländervorrang light› – Ist das der Volkswille?». Doch die angekündigte Wut leistete dem Parteipräsidenten Albert Rösti keinen Vorschub. Gegen Petra Gössi (FDP), Cédric Wermuth (SP) und Pirmin Bischof (CVP) blieb er chancenlos.
24.09.2016, 01:5925.09.2016, 17:55
Albert Rösti hat es nicht einfach. Nachdem die grosse Kammer des Parlaments am Mittwoch gegen den Willen seiner Partei den «Inländervorrang light» zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) gutgeheissen hat, muss sich der Präsident der Verlierer am Freitagabend auch noch in der «Arena» verteidigen.
Und wäre Rösti nicht so anständig (er fluche nie, sagte er), und wären ihm emotionale Ausbrüche nicht eher fremd, so würde er seinen Gegnern dabei wohl so manch Schlötterlig anhängen. Denn diese bringen den SVP-Präsidenten mit jeder Sendeminute näher an den Rand der Verzweiflung – wo es dann etwa so aussieht:
Rösti: «Nei, das stimmt ned.»gif: watson
Röstis Niederlage hat drei Gründe: Erstens kommt er einfach nicht gegen SP-Nationalrat Cédric Wermuth an, der die SVP seelenruhig mehrmals der Lüge bezichtigt, zweitens kann er nicht glaubhaft machen, seine Partei habe sich um eine Lösung in der MEI-Debatte bemüht, und drittens verliert er schon nach kurzer Zeit die Unterstützung des CVP-Ständerats Pirmin Bischof, der in dieser «Arena» eigentlich auf derselben Seite stehen sollte wie Rösti.
Immerhin leistet Bischof dem SVP-Präsidenten wenigstens zu Beginn noch ein bisschen Schützenhilfe: Als das ungleiche Team Gössi/Wermuth erste Salven auf Rösti abgibt (die MEI sei ein Schwindel gewesen, wenn, dann hätte man die Bevölkerung ehrlicherweise über die Bilateralen abstimmen lassen, doch diese zu gefährden sei sowieso nicht im Sinne des Volkes), bremst der nonchalante Ständerat die Fahrt der beiden.
«Ihr habt es euch einfach gemacht.»
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Doch das wär's dann auch gewesen mit Röstis Gnadenzeit. Nur wenige Minuten später – das Votum eines IT-Unternehmers aus dem Publikum, er finde keine Arbeitskräfte, hat die vier Politiker in einen Streit über die flankierenden Massnahmen manövriert – klatscht der CVP-Ständerat Rösti die erste Ohrfeige ins Gesicht. Die SVP unterstütze ausländische Gesetzesbrecher im Land, poltert Bischof. Gössi kann sich kaum das Lachen verkneifen.
«Ihr unterstützt ausländische Gesetzesbrecher.»
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Das ist erst der Auftakt zur Demontage des SVP-Präsidenten. Als Rösti gerade einsehen muss, dass ihm auch die Expertin im Studio (die auftrittsstarke Europarechtlerin Christa Tobler), auf die er sich zu Beginn noch gestützt hatte, weil sie mit der Aussage, der Gesetzesartikel beinhalte keinen wirklichen Inländervorrang, Rösti quasi in die Hände gespielt hatte, keine Hilfe mehr ist, platziert Wermuth gekonnt einen Seitenhieb. Dieses Mal kann sich Petra Gössi das Lachen wirklich nicht verkneifen.
«Die gleiche Taktik wie im Nationalrat»
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Er solle ihn nicht beleidigen, entgegnet Rösti genervt, doch Wermuth kann das Sticheln nicht lassen und äussert auch noch genüsslich Verständnis für Röstis Enttäuschung. Der Geschasste versucht daraufhin wieder an Boden zu gewinnen und bedient sich dafür des klassischen SVP-Arguments, die Schweiz müsse nicht so «EU-unterwürfig» sein, die EU würde die Verträge schon nicht kündigen. Wermuth verdreht gelangweilt die Augen, Gössi findet's schon wieder lustig.
«Diese akademische Diskussion bringt uns nicht weiter.»
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Auch damit gewinnt Rösti keine Punkte. Europarechtlerin Tobler entgegnet, die Kündigung der Bilateralen sei nur ein Szenario. Bildungsabkommen, Forschungsabkommen und Kulturabkommen seien nicht mehr verlängert worden. Gössi fügt an, dass der Forschungsstandort Schweiz bereits jetzt leide.
«Was haben wir denn sonst?»
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Rösti, der Verzweiflung immer näher, versucht Bischof doch noch rumzukriegen. Wenn er schon auf seiner Seite kämpfe, müsse er ihm doch erklären, warum die CVP keinen der SVP-Anträge beachtet habe, sagt Rösti. Bischofs Antwort darauf ist vernichtend. Möglicherweise wolle die SVP das Problem gar nicht lösen, sagt Bischof, weil sie es bewirtschafte. Passenderweise rutscht Rösti in diesem Moment auch noch das vermeintliche MEI-Umsetzungskonzept aus den Fingern.
«Das ist eine Verweigerungshaltung.»
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Rösti gibt sich unbeeindruckt, büschelt das Papier und hält es hoch, doch der nächste Applaus geht wieder nicht an ihn. Wermuth holt zum Rundumschlag aus: Von der SVP sei kein Vorschlag gekommen, wer gegen Migration sei, sei gegen Wohlstand, die Integration der Schweiz in den europäischen Raum sei ein Erfolgsrezept und überhaupt habe Rösti jetzt gerade eine Viertelstunde geredet.
«Wir haben x-mal nachgefragt.»
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Als wäre das nicht schon genug, steigt auch noch Moderator Mario Grossniklaus dem rudernden SVP-Präsidenten aufs Dach, blendet die (rückläufigen) Zahlen der Nettozuwanderung der letzten Jahre ein, verlangt von Rösti vergeblich eine Höchstzahl und will zu guter Letzt noch eine Antwort auf die Frage, ob die SVP nun das Referendum ergreife.
«Nach heute macht es keinen Sinn», sagt Rösti müde. Und damit wird der Gejagte in den Apéro entlassen.
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