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Unwetter in der Schweiz: So litten das Wallis und das Tessin

The collapsed Visletto bridge between Visletto and Cevio, in the Maggia Valley, southern Switzerland on Sunday June 30, 2024. The storm in the night from Saturday to Sunday destroyed various traffic r ...
Die Brücke zwischen Visletto und Cevio im Maggiatal ist kollabiert, mehrere Seitentäler wurden von der Aussenwelt abgeschnitten.Bild: keystone

«Nationale Dimension» – 4 Punkte zu den verheerenden Unwettern im Tessin und im Wallis

Erneut sind schwere Unwetter über die Schweiz gefegt. Schwer getroffen wurden am Wochenende Teile der Kantone Wallis und Tessin. Die Übersicht zu den wichtigsten Entwicklungen vom Wochenende.
01.07.2024, 04:2501.07.2024, 14:34
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Auch am Montag gibt es weitere Warnungen wegen der Unwetter. So beispielsweise im Tessin. Die aktuellsten Entwicklungen findest du stets hier im Liveticker:

Mindestens 4 Todesopfer wegen Unwettern

Mindestens vier Menschen kamen wegen der Unwetter ums Leben, drei im Tessin und eine im Kanton Wallis. In beiden Kantonen wurde zudem noch nach je einer vermissten Person gesucht. Die Behörden schlossen am Sonntag weitere Opfer nicht aus.

Am Sonntagmorgen wurden die Leichen zweier Frauen im Val Bavona TI in der Nähe eines Erdrutsches geborgen. Eine dritte Leiche wurde später im selben Gebiet gefunden. Nach einer vierten vermissten Person wurde am Sonntag im Lavizzara-Tal noch gesucht.

Maggiatal schwer getroffen

Vor allem das obere Maggiatal sei von den Unwettern schwer getroffen worden, sagten Tessiner Behördenvertreter am Sonntag vor den Medien. Der Kanton veröffentlichte ein von einem Rega-Helikopter aus aufgenommenes Video von der hoch gehenden Maggia und den gewaltigen Verwüstungen. Hunderte Menschen mussten evakuiert werden.

Der obere Teil des Maggiatales war nach den Unwettern nur noch auf dem Luftweg erreichbar, weil die Maggia in der Nähe von Cevio eine Brücke weggerissen hatte. Auch die Kommunikation war schwer beeinträchtigt, die Wasser- und Stromversorgung unterbrochen.

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Unwetter-Katastrophe im Tessin und Wallis
Die eingestürzte Visletto-Brücke bei Cevio im Maggiatal in der Südschweiz am Sonntag, 30. Juni 2024.
quelle: keystone / michael buholzer
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Eine Sommerkolonie mit 40 Kindern und 30 Erwachsenen aus Mogno im oberen Val Lavizzara konnte evakuiert werden. Auch die 300 Personen, die sich in Peccia, ebenfalls im Val Lavizzara, zu einem Fussballturnier versammelt hatten, wurden bis am Abend alle in Sicherheit gebracht.

Der Geologe Stefano Daverio erklärte vor den Medien, dass die starken Regenfälle, die innerhalb weniger Stunden im Raum Cevio-Airolo niedergingen, zu überlaufenden Flüssen und Bodenerosion führten. Die besondere Beschaffenheit des Gebiets habe Sturzfluten und Erdrutsche begünstigt, führte er aus.

Die Schäden im Wallis

Schwer getroffen wurde auch das Wallis. In Saas-Grund wurde ein Mann leblos unter den Trümmern in einem Hotel gefunden. Er könnte nach ersten Erkenntnissen vom schnell steigenden Wasser überrascht worden sein, wie Generalstaatsanwältin Beatrice Pilloud in Grône vor den Medien sagte. In der Gegen von Binn im Oberwallis werde noch nach einem vermissten Mann gesucht.

An der Hochwasser führenden Rhone und deren Seitenflüssen sei die Situation «unter Kontrolle», sagte der Walliser Staatsrat Frédéric Favre. Das Wasser gehe zwar zurück, aber die Situation werde noch mehrere Tage lang heikel bleiben. Mehrere hundert Personen – die offizielle Zahl ist noch nicht bekannt – mussten in verschiedenen Walliser Regionen evakuiert werden.

Das Dorf Saas-Grund habe «sehr teuer bezahlt», ebenso mehrere andere Täler, insbesondere das Goms und Zermatt, sagte Raphaël Mayoraz, Chef der Dienststelle für Naturgefahren. Die Strassen ins Saastal – zwischen Saas-Balen bis Saas-Grund sowie von Saas-Grund bis Saas-Almagell waren am Sonntag geschlossen.

Auch andere Strassen im Kanton waren nicht mehr passierbar. Gesperrt waren die Simplonachse sowie der Furka- und der Nufenenpass, ebenso die A9 zwischen Siders und Sitten. Voraussichtlich bis Dienstagmorgen blieb die Bahnstrecke Lausanne-Brig zwischen Leuk und Gampel-Steg unterbrochen. Laut Behörden haben die Unwetter im Wallis Schäden von 15 bis 20 Millionen Franken an Kantonsstrassen verursacht.

Cassis sichert gebeutelten Regionen Unterstützung zu

Die Kantone Wallis und Tessin haben die Hilfe der Armee angefordert. Im Wallis soll sie besonders in der Region Siders und Chippis helfen. Die Hilfe sei nötig, da bereits sämtliche kantonalen Einsatzkräfte und privaten Firmen vor Ort im Einsatz seien, schrieb das Kantonale Führungsorgan (KFO).

Im Tessin wird die Armee für die Errichtung einer provisorischen Brücke bei Cevio im Maggiatal Hilfe gebraucht, wie Behördenvertreter vor den Medien sagten. Zwei Super-Puma-Helikopter stellte die Armee für Evakuierungen aus abgeschnittenen Gebieten bereit.

Diese Wiederholung katastrophaler Ereignisse berühre zutiefst, sagte Bundesrat Ignazio Cassis am Sonntag bei einer Medienkonferenz in Locarno TI. Er sagte den betroffenen Regionen die volle Unterstützung des Bundes zu. Vor gut einer Woche hatten Unwetter bereits im Misox gewaltige Schäden angerichtet.

Für den gesamten Alpenbogen sei es in diesen Tagen wichtig, die Nähe der Schweizer Bevölkerung zu spüren, sagte der Tessiner Regierungspräsident Christian Vitta (FDP). Mit dem zweiten Unwetter-Wochenende in Folge in einer Bergregion nähmen die Geschehnisse eine «nationale Dimension» an. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass der Bundesrat vor Ort sei.

(con/sda)

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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yolanda Hecht
01.07.2024 07:38registriert Juni 2022
Erschreckend ist, dass sich im Wallis nichts geändert hat. Die begradigte Rhone ist schon beim Extremhochwasser 2000 als Problem erkannt worden. Es war unbestritten, dass man ihr wieder mehr Platz einräumen musste. Projekt und Bundesgelder waren bereit.
Aber der zuständige Umweltschutzdirektor Franz Ruppen (SVP) meint: «Unsere Analyse zeigt, dass das Projekt überdimensioniert ist. Die Hochwasserrisiken wurden zu hoch eingeschätzt».
Die Verantwortungslosigkeit der Walliser Regierung, weil ihr ein paar Bauern wichtiger sind als 100'000 gefährdete Menschen.
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Maskenpflichtgegner
01.07.2024 07:26registriert November 2022
Die Rhone richtet im Wallis wieder grossen Schaden an – trotzdem tritt der Kanton beim grössten Hochwasserprojekt der Schweiz auf die Bremse. Zudem: Bei natürlichen Gewässern hätten sich längst Becken gebildet, wo der mitgeführte Schlamm und Schutt abgelagert würde. Das wären Auen oder Moore, wo immer wieder Wasser hinlaufen würde. Die Begradigung der Flüsse hat ihnen diese Möglichkeiten genommen. In den betroffenen Gebieten hat man immer besseren Wissens auf begradigte Flüsse beharrt, das rächt sich nun.
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ARoq
01.07.2024 11:39registriert September 2014
Am Abend des Unwetters im Vallemaggia hatte der Tessiner Nationalrat Lorenzo Quadri auf facebook über die der Unwetterwarnungen noch von "lavaggio del cervello climatista" - Klima-Gehirnwäsche gesprochen.
Es ist fraglich, ob die Katastrophe etwas an der Ignoranz ändern wird.
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