Schweiz
Tour dur dSchwiiz

Vom Papst, Kaiser und Sonnenkönig geehrt – aber den Wallisern war das piepegal: Wer nicht passt, muss weg

Tour dur d'Schwiiz, 41. Etappe: Naters - Stalden VS

1 / 46
Tour dur d'Schwiiz, 41. Etappe: Naters - Stalden VS
Am frühen Morgen noch etwas bedeckt im Rhonetal.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Tour dur dSchwiiz

Vom Papst, Kaiser und Sonnenkönig geehrt – aber den Wallisern war das piepegal: Wer nicht passt, muss weg

Wer nach Brig kommt, dem fällt er sofort auf: der Stockalperpalast. Ein König wohnte nie dort, ein anderer Blaublüter auch nicht. Sondern «nur» ein blitzgescheiter Handelsmann. Doch als er zu erfolgreich wurde, nutzte alles nichts mehr. 
21.08.2015, 10:2721.08.2015, 10:37
Reto Fehr
Mehr «Schweiz»
Mit dem Velo durch die ganze Schweiz
In den kommenden knapp vier Monaten bereise ich mit dem Velo die ganze Schweiz. Auf meiner Tour dur d'Schwiiz besuche ich alle 2324 Gemeinden der Nation und werde eine Strecke von 11'000 Kilometern mit dem Velo hinter mich bringen. Dies entspricht der Distanz von Zürich nach Peking. Folge mir im Liveticker, auf Facebook und Twitter

Eigentlich hätte dieser Artikel zur vorletzten Etappe gepasst. Aber ich kam nicht dazu, ihn zu schreiben. Die Erzählungen von meinen Nachbarn in Naters, Herke und Margrit, waren so gut, dass ich sie jetzt noch bringe. Denn vermutlich geht es vielen «Üsserschwiizern» so, wenn sie nach Brig kommen. Sie sehen das Schloss und denken: Wow, wem das wohl gehörte?

Der Stockalperpalast mit den drei Türmen: Kaspar, Melchior und Balthasar.
Der Stockalperpalast mit den drei Türmen: Kaspar, Melchior und Balthasar.Bild: watson

Es war nie ein König, Kaiser oder Prinz. Sondern ein Bürgerlicher. Ein spezieller zwar, aber kein Blaublüter. Hier wohnte und geschäftete der grösste Schweizer Kapitalist des 17. Jahrhunderts: Kaspar Jodok von Stockalper. Zwischen 1658 und 1678 liess er das Anwesen errichten. 

Reich wurde der schlaue Handelsmann mit der Passstrasse über den Simplon. Nach den Römern war er der zweite, welcher den Pass als Verbindung zwischen Nord und Süd nutzte. In Gondo steht noch heute der Stockalperturm, in Brig eben das Schloss, eigentlich das Handelshaus. Keiner kam über den Berg ohne nicht Wegzoll bezahlen zu müssen. Stockalper handelte mit allem: Schnecken (für die Franzosen), Söldnern und Erzen. Er sicherte sich das Warentransport-Monopol über den Simplon und krönte seine Macht 1648 mit dem Monopol auf Salz.

Kaspar Stockalper himself auf dem lustigen Pferd.
Kaspar Stockalper himself auf dem lustigen Pferd.bild: wikipedia

Die Kassen Stockalpers klingelten und als gewiefter Geschäftsmann sicherte er sich die Macht ab, indem er seine Familie mit anderen einflussreichen Walliser Geschlechtern verschwägerte. Viele angesehene Personen standen in seiner Schuld. Sein Imperium umfasste von der Adria bis zum Ärmelkanal, von Spanien bis Deutschland. Papst Urban VIII schlug ihn zum Ritter vom Goldenen Sporn, Kaiser Ferdinand III erhob ihn 1653 in den Adelsstand, Ludwig XIV – der Sonnenkönig – verlieh ihm die Würde des St.-Michael-Ordens (was auch immer diese Auszeichnungen bedeuten ...).

Es schien, dass niemand Stockalpers Macht brechen konnte. Doch just als Stockalper alles dominierte, formierte sich 1676 Widerstand. Die Erneuerung des Salzmonopols wurde im Jahr darauf unterschlagen und 1678 wurde Stockalper vorgeworfen sich Ämter erschlichen und Leute betrogen zu haben. Zölle habe er illegal erhöht, das Monopol missbraucht. Mit dem Tod bedroht wurde der Handelsherr gezwungen, sich als schuldig zu bekennen. Sein Hab und Gut wurde aufgeteilt, Stockalper selbst ins Exil nach Domodossola gejagt. Fünf Jahre musste er dort bleiben und verarmte total. Nichts blieb vom Reichtum. Ausser das Schloss.

Die Römer, Stockalper und Napoleon: Sie alle wussten schon, der Weg über den Simplon ist Gold wert.
Die Römer, Stockalper und Napoleon: Sie alle wussten schon, der Weg über den Simplon ist Gold wert.Bild: watson

Da sich die Machtverhältnisse in Brig in der Zwischenzeit wieder änderten, konnte er für seine letzten Jahre in seinen Palast zurückkehren, wo er 1691 mit 81 Jahren verarmt starb.

Heute befindet sich im Stockalperpalast beispielsweise die Gemeindeverwaltung von Brig-Glis, der Innenhof wird meist für kulturelle Veranstaltungen genutzt und im Garten geniessen Jung und Alt die Sonne und den Blick auf das imposante Bauwerk. 

Tour dur d'Schwiiz, 40. Etappe

1 / 36
Tour dur d'Schwiiz, 40. Etappe Naters - Naters
Kurz nach dem Start fahre ich am Stockalperpalast in Brig vorbei. Das Bild entsteht allerdings erst auf der Rückfahrt.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
No Components found for watson.appWerbebox.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Stillgelegte Schweizer Skigebiete – diese 167 hat es bereits erwischt
Schweizer Skigebiete stehen vor grossen Herausforderungen: Die Temperaturen steigen, die Winter werden kürzer, es fehlt vielerorts an Schnee. Vielen kleinen und mittleren Skigebieten droht das Aus – ganze 167 Skigebiete sind in der Schweiz bereits verschwunden.

Es ist Mitte November, die Verantwortlichen von Schweiz Tourismus und der Verband der Schweizer Seilbahnen laden zu einem Mediengespräch. Das Thema: der Klimawandel und der Einfluss auf die Schweizer Skigebiete. Wie soll es weitergehen, wenn die Temperaturen steigen und der Schnee immer wieder ausbleibt?

Zur Story