Eigentlich hätte dieser Artikel zur vorletzten Etappe gepasst. Aber ich kam nicht dazu, ihn zu schreiben. Die Erzählungen von meinen Nachbarn in Naters, Herke und Margrit, waren so gut, dass ich sie jetzt noch bringe. Denn vermutlich geht es vielen «Üsserschwiizern» so, wenn sie nach Brig kommen. Sie sehen das Schloss und denken: Wow, wem das wohl gehörte?
Es war nie ein König, Kaiser oder Prinz. Sondern ein Bürgerlicher. Ein spezieller zwar, aber kein Blaublüter. Hier wohnte und geschäftete der grösste Schweizer Kapitalist des 17. Jahrhunderts: Kaspar Jodok von Stockalper. Zwischen 1658 und 1678 liess er das Anwesen errichten.
Reich wurde der schlaue Handelsmann mit der Passstrasse über den Simplon. Nach den Römern war er der zweite, welcher den Pass als Verbindung zwischen Nord und Süd nutzte. In Gondo steht noch heute der Stockalperturm, in Brig eben das Schloss, eigentlich das Handelshaus. Keiner kam über den Berg ohne nicht Wegzoll bezahlen zu müssen. Stockalper handelte mit allem: Schnecken (für die Franzosen), Söldnern und Erzen. Er sicherte sich das Warentransport-Monopol über den Simplon und krönte seine Macht 1648 mit dem Monopol auf Salz.
Die Kassen Stockalpers klingelten und als gewiefter Geschäftsmann sicherte er sich die Macht ab, indem er seine Familie mit anderen einflussreichen Walliser Geschlechtern verschwägerte. Viele angesehene Personen standen in seiner Schuld. Sein Imperium umfasste von der Adria bis zum Ärmelkanal, von Spanien bis Deutschland. Papst Urban VIII schlug ihn zum Ritter vom Goldenen Sporn, Kaiser Ferdinand III erhob ihn 1653 in den Adelsstand, Ludwig XIV – der Sonnenkönig – verlieh ihm die Würde des St.-Michael-Ordens (was auch immer diese Auszeichnungen bedeuten ...).
Es schien, dass niemand Stockalpers Macht brechen konnte. Doch just als Stockalper alles dominierte, formierte sich 1676 Widerstand. Die Erneuerung des Salzmonopols wurde im Jahr darauf unterschlagen und 1678 wurde Stockalper vorgeworfen sich Ämter erschlichen und Leute betrogen zu haben. Zölle habe er illegal erhöht, das Monopol missbraucht. Mit dem Tod bedroht wurde der Handelsherr gezwungen, sich als schuldig zu bekennen. Sein Hab und Gut wurde aufgeteilt, Stockalper selbst ins Exil nach Domodossola gejagt. Fünf Jahre musste er dort bleiben und verarmte total. Nichts blieb vom Reichtum. Ausser das Schloss.
Da sich die Machtverhältnisse in Brig in der Zwischenzeit wieder änderten, konnte er für seine letzten Jahre in seinen Palast zurückkehren, wo er 1691 mit 81 Jahren verarmt starb.
Heute befindet sich im Stockalperpalast beispielsweise die Gemeindeverwaltung von Brig-Glis, der Innenhof wird meist für kulturelle Veranstaltungen genutzt und im Garten geniessen Jung und Alt die Sonne und den Blick auf das imposante Bauwerk.