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Vevey VD: 18 Jahre Gefängnis für versuchten Mord und Genitalverstümmelung

Versuchter Mord und Genitalverstümmelung: Mann in Vevey zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt

19.03.2024, 18:3019.03.2024, 18:55
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Das Bezirksgericht in Vevey VD hat am Dienstag einen Mann wegen versuchten Mordes und Verstümmelung weiblicher Genitalien zu 18 Jahren Haft verurteilt. Er war an einem Abend im Mai 2021 auf seine Lebensgefährtin losgegangen.

Das Gericht war strenger als die Staatsanwaltschaft, die am Montag 15 Jahre Gefängnis gefordert hatte. Die Richter wiesen die Version der Verteidigung zurück, die argumentiert hatte, dass nur eine schwere Körperverletzung vorliege. Sie kamen zur Überzeugung, dass «die Tötungsabsicht angesichts der Dauer und der Hartnäckigkeit des Angriffs durchaus vorhanden war».

Der Angeklagte, ein 52-jähriger Brasilianer, soll nach Verbüssung der Gefängnisstrafe wegen versuchten Mordes zusätzlich für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. Er kündigte allerdings Berufung gegen das Urteil an.

Qualvolle drei Stunden

Die Frau, die ebenfalls brasilianischer Herkunft ist, wurde in ihrer Wohnung in Villeneuve VD dreieinhalb Stunden lang gequält.

Der Angeklagte war eifersüchtig darauf, dass seine Freundin an diesem Tag einen anderen Mann wiedergesehen hatte, und griff sie nach ihrer Rückkehr in das gemeinsame Studio an. Die Frau wurde von ihrem Freund zunächst mit Faustschlägen und Fusstritten ins Gesicht und den ganzen Körper geschlagen, bevor er ihr mit einer Schere ein Ohr abschnitt.

Anschliessend versuchte er, sie aus dem neunten Stock zu werfen. Ausserdem fügte er ihr mehrere Messerstiche in die Genitalien zu und versuchte, ihr Beruhigungsmittel einzuflössen.

Während des Märtyriums führte der Mann mehrere Telefonate mit seiner Frau und einem seiner Söhne in Brasilien und filmte sein Opfer. Schliesslich war es einer dieser Söhne, der den Bruder des Angeklagten in der Region Lausanne informierte. Dieser begab sich nach Villeneuve, von wo aus er die Polizei alarmierte. Der Mann wurde verhaftet und befindet sich derzeit in der Strafanstalt Orbe VD in Haft.

Alkohol trübt angeblich Erinnerung

«Ich erinnere mich nicht, ich war alkoholisiert», wiederholte der Angeklagte am Montag unermüdlich via seinen Dolmetscher vor dem Bezirksgericht. «Wenn ich bei Bewusstsein gewesen wäre, hätte ich das nie getan», fügte er mit ruhiger Stimme hinzu. Obwohl er einen «Fehler» einräumte, der von «Alkohol und Eifersucht» beeinflusst worden sei, ging er nie ins Detail der ihm vorgeworfenen Taten und sagte, er könne sich nicht erinnern.

Das Opfer hat demgegenüber nichts vergessen. Der Angriff komme ihr jeden Tag und in Albträumen wieder in den Sinn, aus denen sie trotz «starker Schlaftabletten» dreimal pro Nacht aufwache. «Jede Sekunde des Angriffs, jeder Schlag, er wusste, was er tat», sagte die Gepeinigte. Sie erzählte auch, wie der Angeklagte «sich duschte, parfümierte und dann einen Kaffee machte», während sie «nackt» war und «in ihrem Blut badete» bevor der Bruder kam.

Chronische Schmerzen

Seit dem Angriff ist das Leben der Krankenpflegehelferin und Mutter von zwei erwachsenen Kindern aus den Fugen geraten. «Ich überlebe. Ich habe versucht, meine Arbeit zu 50 Prozent wieder aufzunehmen, aber ohne Erfolg». Ihre Konzentrationsfähigkeit sei «fast bei null».

Sie habe chronische Schmerzen an ihren sieben gebrochenen Rippen. Und die Platten, die zur Rekonstruktion ihres «völlig gebrochenen» Gesichts verwendet wurden, würden ihr ebenfalls Schmerzen bereiten. Zudem habe sie leider verstanden, was es heisse, «eine akute Depression zu haben», fügte sie hinzu.

Die Staatsanwältin wies in ihrem Plädoyer auf die «erdrückende Schuld» des Angeklagten, seine «emotionale Distanziertheit und eisige Selbstbeherrschung» hin: «Er wollte nicht nur das Leben nehmen, er wollte mit Fäusten, Scheren, (...) Messern die Attribute ihrer Weiblichkeit ausreissen», sagte sie und warf ihm vor, «sich elendiglich hinter dem Alkohol zu verstecken».

Nach Angaben des Opfers war der Angeklagte bereits in der Vergangenheit gewalttätig geworden, was er bestritt. «Jeden Tag bitte ich Gott um Vergebung für das, was passiert ist. Ich möchte (das Opfer) und seine Kinder um Vergebung bitten», sagte der Angeklagte am Ende der Verhandlung. (sda)

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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DasWölfchen
19.03.2024 19:53registriert April 2023
Widerliche Tat!
Sie tut mir so leid. Besonders, dass sie sagt, sie überlebe. Ich hoffe, sie erholt sich weiterhin.
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Grobo
19.03.2024 23:43registriert Juni 2018
Wie brutal muss man eigentlich sein, dass man seinem Opfer ein Ohr mit einer Schere abschneidet und andere Verwundungen, Verstümmelungen zufügt?? Das war versuchter Mord auf Raten und besonders auf die dabei erlebten Qualen des Opfers ausgerichtet.
Meiner Meinung nach gehört der Mann lebenslang hinter GItter.
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Voraus denken!
19.03.2024 23:51registriert März 2022
Es wird Zeit, dass Alkohol und andere Drogen nicht mehr als strafmildernd gelten!

Die Typen nehmen die Stoffe freiwillig zu sich, da gibt es keine Entschuldigung ünerzdas anschliessende Verhalten.
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