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Es hört sich so schön kuschelig an: «Sharing Economy». Mittlerweile wissen wir, dass es sich bei der neuen Wirtschaftsform nicht um eine Benefizveranstaltung handelt, sondern um knallharten Kapitalismus. Dienste wie Uber oder Airbnb erlauben zwar ein unglaublich effizientes Teilen von Ressourcen, aber davon profitieren vor allem Uber und Airbnb.
Ein Artikel auf Shareable vergleicht solche Unternehmen mit dem Todesstern aus dem Sci-Fi-Klassiker «Star Wars»: «Der Begriff beschreibt die rohe Ambition und die fokussierte Macht dieser Plattformen, vor allem Uber.» Das Ziel von Uber sei ein weltweites Monopol, ohne Rücksicht auf Verluste.
Doch es bahnt sich eine Alternative zu den Todessternen an: Plattform-Genossenschaften. Digitale Lösungen, die ähnlich wie Uber & Co. funktionieren, jedoch nicht von Silicon Valley aus kontrolliert werden – sondern von ihrer Basis, den Arbeitern. Nehmen wir als Beispiel ein Genossenschafts-Uber: Hier würden die Fahrer am Gewinn beteiligt werden und hätten ein Mitbestimmungsrecht.
Uber lehnt es konsequent ab, seine Chauffeure als Angestellte anzuerkennen. So haben diese keinen Anspruch auf Sozialleistungen und werden nicht für Ausgaben wie Benzin und Instandhaltung entschädigt.
Die Idee der Plattform-Kooperationen steckt noch in den Kinderschuhen, doch sie wird in naher Zukunft noch viel zu reden geben. Davon ist auch der Schweizer Digital-Pionier Hannes Gassert überzeugt. Gassert hat mehrere Startups gegründet und ist Aktivist für ein offenes Internet. «Es zeichnet sich schon länger ab, dass kooperative Plattformen im Internet eine Rolle spielen werden», sagt Gassert.
In der Schweiz haben Genossenschaften eine lange Tradition: Bauern organisierten sich in lokalen Milch-, Käserei- oder landwirtschaftlichen Genossenschaften. Vielerorts gibt es Wohnbaugenossenschaften, die ihre Wohnungen zum Selbstkostenpreis vermieten. Migros und Coop sind Genossenschaften, ebenso die Mobiliar-Versicherung und die Raiffeisen-Bank.
Die Parallelen zu diesen Wirtschafts- und Lebensbereichen seien bei den neuen disruptiven Technologien frappant, findet Gassert: «Es sind Dienstleistungen, die jeder braucht. Man kommt fast nicht um sie herum. Man kann Wohnen und Mobilität nicht nicht konsumieren.» Und deswegen drängen sich kooperative Lösungen auf.
Die noch junge Bewegung des «Platform Cooperatism» trifft sich am Wochenende in an einer Konferenz in New York, einer «Coming-Out-Party für das kooperative Internet», wie es heisst. Dort sollen die Perspektiven von kooperativen Wirtschaftsformen im Technologie-Zeitalter ausgelotet werden. auf der Webseite der Veranstaltung
Zu den Partnern der Konferenz gehört auch die deutsche Gewerkschaft Verdi. Das ist naheliegend, denn bei Kooperativen erhalten Arbeiter einen grossen Teil der Kontrolle zurück. Auch Pepo Hofstetter, Mediensprecher der Schweizer Gewerkschaft Unia, findet die Idee interessant: «Ich finde es grundsätzlich sympathisch, wenn sich die Leute auf genossenschaftlicher Basis selber organisieren.»
In der Schweiz wird bereits über eine digitale Genossenschaft diskutiert, die das Leben der breiten Bevölkerung betrifft: Die sogenannte Biobank, eine Art «Wikipedia der Gesundheit», das von renommierten Forschern vorangetrieben wird. Datensätze von Millionen von Menschen sollen der medizinischen Forschung zugänglich gemacht werden. Die Datenbank soll als nicht profitorientierte Genossenschaft gegründet werden, jeder soll die Kontrolle über seine Daten haben und sie anonym zur Verfügung stellen können.
Eine der grossen Fragen an der Coming-Out-Party in New York wird sein: «How do we make it work?» Wie kann die vielversprechende Idee in die Realität umgesetzt werden? Dabei geht es um die Finanzierung, die rechtliche Situation und die ganz konkrete Organisation.
«Eine der grössten Herausforderung wird die Umsetzung des Mitbestimmungsrechts sein», sagt Hannes Gassert. «Es ist eines, wenn man sich einmal pro Quartal im Gemeinschaftsraum des Quartiers zur Genossenschaftsversammlung trifft. Aber wie sieht es mit einer globalen Kooperative aus?»
Ausserdem stellt sich möglicherweise das Problem mit den Köchen und dem Brei. «Wenn Airbnb von Anfang an von 10'000 Aktionären gesteuert worden wäre, wäre das Startup in eine Sackgasse gefahren», so Gassert. Zu viele Leute, die mitbestimmen, sind inkompatibel mit der nötigen Geschwindigkeit, mit der sich eine Organisation entwickeln muss, um mithalten zu können.
Und dann die grosse Knacknuss: ist es überhaupt möglich, gegen die mächtigen Todessterne anzukommen? Gassert hält es durchaus für möglich. «Wir stehen nicht am Endpunkt der Entwicklung, sondern mittendrin», sagt er. Wohnen sei etwas so Komplexes, da werde sich noch viel verändern. Für Uber werde der Durchbruch der selbstfahrenden Autos bald wieder alles verändern.
So ist es. Wer auf einem disruptiven Markt unterwegs ist, ist selbst nicht sicher. Es muss nur etwas Neues und Besseres kommen, und schon ist man vom Thron gestürzt. Das sieht auch der Web-Aktivist Cory Doctorov so: