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Hackender ETH-Student gab sich bessere Noten – nun muss er in Therapie

Hackender ETH-Student gab sich bessere Noten – nun muss er in Therapie

26.08.2021, 10:21
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Dank Computerwissen und Überwachungskameras hat ein 33-Jähriger Zugriff auf virtuelle ETH-Profile und reale Tresore erhalten: Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte den Studenten am Donnerstag zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten und verpflichtete ihn zu einer Therapie.

Die ETH Z
Über zwei Jahre lang hackte der heute 33-Jährige an der ETH.Bild: sda

Der Student hatte unter anderem auf Computern der ETH Zürich drei sogenannte Hardware-Keylogger eingesetzt. Er konnte damit vom 1. Januar 2014 bis zu seiner Verhaftung am 8. Februar 2016 die Tastenanschläge der betroffenen Computer überwachen.

Zugriff auf 134 Profile

«Auf diese Weise kam der Beschuldigte in Besitz von zahlreichen Benutzernamen und Passwörtern von ETH-Benutzern», heisst es in der Anklageschrift. In mindestens 134 Fällen sei es dem 33-Jährigen so gelungen, Zugriff auf Daten und E-Mails von Professoren, Mitarbeitern und Studenten der Hochschule zu erhalten.

Dank einigen Logins, die ihm weitergehende Bearbeitungsrechte einräumten, bearbeitete der Student Daten. So verschob er, der unter dem krankhaften Verschieben wichtiger Aufgaben leidet, den Abgabetermin für seine Masterarbeit zeitlich nach hinten und änderte ein paar seiner Noten zum Besseren ab.

Der Deutsche meldete zudem einen anderen Studenten von einer Prüfung ab und wieder an, er änderte die E-Mail-Passwörter von weiteren Personen. Er habe einfach das System besser kennenlernen wollen, meinte er vor Gericht. Zu den Personen habe er keinen Bezug gehabt, er habe sie zufällig, etwa von einem Organigramm, ausgewählt. Die Daten habe er nur bei sich gespeichert und nicht weitergegeben

Ausstellende Maturanden bestohlen

Zudem installierte der Student, der keine Vorstrafen aufweist, in ETH-Räumen Überwachungskameras und richtete sie auf das Bedienfeld zur Code-Eingabe von Tresoren aus. Später griff er – ohne dabei immer auf seine Kameras angewiesen zu sein – verschiedentlich zu.

So klaute er beispielsweise im ETH-Rektorat – dank eines gefundenen Notschlüssels – über 6000 Franken aus einem Tresor. Andernorts entwendete er rund 22'500 Franken aus zwei Tresoren, deren Code er gemäss Anklageschrift «in den Räumlichkeiten aufgeschrieben fand». Und von einer Ausstellung von Matura-Arbeiten steckte er verschiedene Tablets und Handys ein.

Vor Gericht entschuldigte sich der Beschuldigte, der eine schwere Depression durchmacht, für seine Taten. Es sei schwierig zusammenzufassen, was vor mehr als fünf Jahren passiert sei. «Es ging mir nicht gut.» Und es seien finanzielle Probleme aufgekommen. Er habe sich verloren und keine Ausweg gefunden. Ein Gutachten attestiert ihm eine gewisse verminderte Schuldfähigkeit.

32 Tage in Untersuchungshaft

Der 33-Jährige, der nach seinem Auffliegen 32 Tage in Untersuchungshaft sass und dessen Studium seither sistiert ist, hatte im Rahmen der Untersuchung alle Vorwürfe eingestanden. Die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte einigten sich auf einen Urteilsvorschlag, den das Gericht am Donnerstag als «angemessen» bezeichnete und guthiess.

Der Student hat sich damit wegen des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem, der Datenbeschädigung, der Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, des Diebstahls, der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht.

Das Bezirksgericht verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, die zugunsten einer Probezeit von zwei Jahren aufgeschoben wird. Es wies ihn zudem an, sich in eine regelmässige psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu begeben. (sda)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Clife
26.08.2021 11:26registriert Juni 2018
In einer anderen News wird ein Datenschutzbeauftragter für den Bund gesucht. Hier habt ihr doch einen perfekten Kandidaten. Der muss ja was drauf haben wenn er sich so einfach reinhacken konnte. Meine Güte der Wille nach dem perfekten Lebenslauf verstört mich so langsam.
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Super8
26.08.2021 11:50registriert November 2019
"der unter dem krankhaften Verschieben wichtiger Aufgaben leidet"

Wer leidet denn nicht darunter?
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