Die Trophäe ist 35 Zentimeter hoch, etwa zwei bis drei Kilogramm schwer – und der «Lohn» für das dümmste und unnötigste Gesetz: Der rostige Paragraph, den die IG-Freiheit jedes Jahr Politikern oder Behördenvertretern verleiht.
Der bis jetzt prominenteste Preisträger ist der ehemalige Verkehrsminister Moritz Leuenberger. Sein Departement installierte 2010 eine Kindersitzpflicht für Kinder bis 12 Jahre.
In diesem Jahr figuriert im fünfköpfigen Kandidatenfeld zwar kein Bundesrat, aber immerhin eine Bundesratskandidatin, namentlich die Urner Justizdirektorin Heidi Z’graggen (CVP).
Im Zentralschweizer Kanton, so besagt es das «Reglement über den Schutz wildwachsender Pilze», erlassen im Jahr 1993, dürfen Pilzsammler keine Funkgeräte verwenden. Wer es dennoch tut, kassiert eine Busse von 50 Franken. «Gibt es tatsächlich Personen, welche mit Funkgerät und Korb auf Pilzjagd gehen?», fragt sich die IG Freiheit, die sich als Speerspitze gegen staatliche Bevormundung versteht.
Auf jeden Fall gibt es in vielen Gegenden im Urner Gebirge Empfangslöcher, während Funkgeräte dort ihren Dienst tun, wie Z’graggen auf Anfrage mitteilt. Eingeführt wurden die Pilzregeln, weil sich in den 1990er-Jahren viele norditalienische Pilztouristen auf Pilzpirsch begaben – wobei die Funkgeräte das gewerbsmässige Sammeln in Gruppen begünstigten.
Z’graggen nimmt ihre Nomination gelassen – und kündigt an, dass vielleicht bald auch das Pilzreglement auf seine Wirksamkeit überprüft wird.
In die Top Fünf der eifrigsten Regulierer hat es auch Regula Rytz geschafft. Die Präsidentin der Grünen verlangte vom Bundesrat einen Bericht zum Thema Tageslichtzufuhr in Wohngebäuden. Die IG Freiheit glaubt nicht, dass heute tatsächlich noch Menschen in fensterlosen Räumen hausen.
Die Berner Nationalrätin Rytz ihrerseits wüsste bereits, was sie mit dem Siegerpreis machen würde: Sie würde ihn wiederverwerten und Gregor Rutz schenken – weil er per Vorstoss mehr Raum für die Bundesparlamentarier in der Broschüre «Bund kurz erklärt» (Buku) verlangt.
Reale Erfolgschancen hat auch Jonas Motschi, Chef des Solothurner Amtes für Wirtschaft und Arbeit. Das Amt sorgte dafür, dass Kinder nicht mehr in der Kita schlafen dürfen, auch nicht an einem einzigen Tag im Jahr, weil das gegen das Arbeitsgesetz verstosse. Auch für einmalige Aktionen solcher Art braucht es behördlichen Segen.
Laurent Favre, Neuenburger FDP-Staatsrat, ist ins Visier der Freiheitskämpfer geraten, weil Neuenburg Happy Hours ab 19 Uhr und Trinkspiele wie «Beerpong» verboten hat.
Die Beamten des Stadtzürcher Sicherheitsdepartements haben einem Malermeister eine Gewerbeparkkarte für ein umweltfreundliches, kleines Hybridauto verweigert – weil er für Kundenbesuche keine Pinsel und Farben im Kofferraum mitführt. Das macht auch Stadträtin Karin Rykart (Grüne) zu einer Anwärterin für den rostigen Paragraphen.
Der Sieger oder die Siegerin desselben wird übrigens unbürokratisch erkoren. Ab heute können Interessierte auf der Internetseite www.freiheit-liberte.ch ihre Stimme für einen der fünf Kandidaten abgeben. Am 15. Mai findet dann im Eventsaal Aura in Zürich die feierliche Preisverleihung statt.