Schweiz
Zürich

In Meilen soll ein Mann eine Frau totgeprügelt haben. Der Prozess läuft

Gericht Meilen: «Ein Femizid – schon wieder»

04.10.2021, 14:16
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Am zweiten Tag des Mordprozesses vor dem Bezirksgericht Meilen ZH haben am Montag die Parteienvertreter plädiert. Der Ankläger forderte eine 18-jährige Freiheitsstrafe wegen Mordes und eine 15-jährige Landesverweisung. Die Verteidigerin beantragte Freispruch. Wann das Urteil eröffnet wird, steht noch nicht fest.

«Ein Femizid – schon wieder. Und ein ganz brutaler dazu.» Mit diesen Worten begann der Staatsanwalt seine Ausführungen. Er klagt den heute 48-jährigen Mann an, am frühen Abend des 3. März 2020 seine 44-jährige Freundin mit Faustschlägen und Fusstritten brutal zu Tode geprügelt zu haben.

Der Beschuldigte selbst bestreitet die Tat. In der Untersuchung und vor Gericht hat er sich kaum geäussert. Das Gericht kann sich deshalb einzig auf Indizien stützen. Laut Staatsanwalt ist die Beweislage «geradezu erdrückend».

Der mutmassliche Auftragsm
Bild: sda

Fachleute sind sich bei Todesursache uneinig

Von zentraler Bedeutung seien die Befunde des Instituts für Rechtsmedizin (IRM) in Bonn (D). Demnach entsprachen die an der Leiche festgestellten Verletzungen dem «typischen Muster von schweren körperlichen Misshandlungen». Von einem Sturz könnten sie nicht stammen.

Das IRM Zürich hatte sich weniger eindeutig geäussert. Es hatte Gewalteinwirkung nicht ausgeschlossen, aber auch einen Sturz als Verletzungsursache als möglich erachtet.

Für die Bonner Fachleute war es «nicht nachvollziehbar», dass die Frau die Verletzungen früher am Tag erlitten habe und damit noch nach Hause habe gehen können. Also müssten sie dort zugefügt worden sein, so der Ankläger. Unbestritten sei, dass der Beschuldigte und die Frau allein anwesend waren – beide «ordentlich alkoholisiert».

Tat aus «Kränkung und Wut»

Zahlreiche Indizien wiesen laut Staatsanwalt darauf hin, dass die Frau sich vom Beschuldigten trennen wollte. Dieser habe sie daraufhin aus einer üblen Mischung aus Kränkung, Wut und verletzter männlicher Eitelkeit totgeschlagen.

Bei der Tat handelte es sich nicht um die erste Gewalttat des Mannes. In seiner Heimat Polen, in Deutschland und in der Schweiz ist er mehrfach wegen Gewaltdelikten vorbestraft.

«Gewalttaten ziehen sich wie ein Roter Faden durch sein Leben», sagte der Staatsanwalt. Nach dem Vorfall vom 3. März 2020 soll er zu einem Zimmernachbarn in der damaligen Unterkunft gesagt haben: «Zweite Frau kaputt».

Frühere Partnerinnen geschlagen

Der Vertreter des Sohnes der Getöteten sagte, der Beschuldigte habe schon frühere Partnerinnen zusammengeschlagen. Im Sommer 2019 habe seine damalige Freundin mehrmals Verletzungen im Spital behandeln lassen. Im Juli starb sie an schweren Kopfverletzungen. Damals habe man einen Sturz angenommen. Rückblickend hätte man die Todesursache genauer abklären müssen, sagte der Anwalt.

Für den Sohn forderte dessen Anwalt eine Genugtuung von 50'000 Franken. Für den Teenager, der schon zur Tatzeit bei seinem Vater lebte, sei es unbegreiflich, dass der Beschuldigte nicht zu seiner Tat stehe und offen Auskunft gebe zu den letzten Lebensminuten der Mutter.

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«Voreingenommene Ermittler»

Es gebe «nicht zu unterdrückende Zweifel» an der Täterschaft des Beschuldigten, sagte dessen Verteidigerin. Sie plädierte für einen umfassenden Freispruch und umgehende Freilassung ihres Mandanten. Für die ungerechtfertigte Haft sei er zu entschädigen.

Den Untersuchungsbehörden warf sie Voreingenommenheit vor. Die Ermittler hätten sich von Anfang an auf den Mann als Täter fokussiert. Von dieser Annahme seien sie nicht abgerückt. Mit Eifer hätten sie Beweise gesucht, welche zu ihrer Annahme passten. Umso grösser sei nun die Hoffnung ihres Mandanten «auf den unvoreingenommenen Blick des Gerichts».

Die erst seit wenigen Monaten bestehende Beziehung des Paars schilderte die Verteidigerin in rosigen Farben. Eine Trennung sei keinesfalls in der Luft gelegen. Die beiden hätten eine gemeinsame Zukunft geplant.

Verteidigerin: «Sturz naheliegend»

Darüber, was die Frau in den Stunden vor ihrer Heimkehr um 18:30 Uhr gemacht habe und wo sie gewesen sei, wisse man «rein gar nichts», sagte die Verteidigerin. Klar sei, dass sie getrunken habe. Es sei naheliegend, dass sie betrunken gestürzt sei, wie dies schon früher vorgekommen sei.

Zuhause habe die Frau erbrechen müssen. Plötzlich habe sie nicht mehr geatmet und sei blau angelaufen. Der Mann habe versucht, sie zu reanimieren und habe die Rettungskräfte alarmiert. (yam/sda)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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L.G.
04.10.2021 14:35registriert Juni 2016
«Zweite Frau kaputt»

Sagt das nicht schon alles?!
Ich hoffe es wird hart bestraft
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buffettino
04.10.2021 14:33registriert Oktober 2019
Auf Freispruch plädieren, halte ich für eine ungeschickte Verteidigungsstrategie. Man sollte besser verminderte Schuldfähigkeit dank (langjährigen) Alkohol und mildernde Umstände wegen des benachrichtigten Rettungsdienstes geltend machen. Dann kommt man evtl. mit weniger Jahren davon. An Landesverweis führt allerdings gar nichts vorbei, da sollte ein Kaugummidiebstahl reichen bei der Vorgeschichte.
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who cares?
04.10.2021 17:25registriert November 2014
Ärzte und Ermittler müssen anscheinend besser geschult werden. Nicht einfach Stürze annehmen wie 2019, wo er vermutlich seine frühere Partnerin ermordet hat. Feminizid in der Schweiz scheint man einfach zu entkommen.
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