Kurz vor der Halbzeitpause steht der City Ground Kopf. Taiwo Awoniyi hat gerade das erste Premier-League-Tor für Nottingham Forest seit 23 Jahren erzielt und so auch gleich für den ersten Sieg gesorgt. Awoniyi ist einer von 15 Neuzugängen des Aufsteigers. Der neueste Transfer des Klubs ist mit Remo Freuler ein Schweizer Nationalspieler. Der gebürtige Glarner wechselt nach sechseinhalb Jahren bei Atalanta Bergamo in die Premier League.
Und auch wenn sich die Fans von Bergamo und viele Fussballfans wohl gewünscht hätten, dass Freuler dem Klub die Treue hält, ist es genau der richtige Entscheid. Wie Freuler auf Instagram schreibt, haben er und Atalanta «Unglaubliches geleistet und unsere Farben und das Image dieser schönen Stadt in ganz Europa bekannt gemacht».
Als Freuler im Januar 2016 von Luzern nach Norditalien wechselte, war Atalanta eine graue Maus in der Serie A. Die letzte Top-Ten-Platzierung lag fast acht Jahre zurück. In Freulers erster voller Saison und unter dem neuen Coach Gian Piero Gasperini gelang mit dem vierten Platz eine Sensation. Es folgten vier Europacup-Teilnahmen, darunter die Viertelfinaleinzüge in der Champions League (2019/20) und Europa League (21/22) sowie zwei Cupfinals (18/19, 20/21).
Es war die erfolgreichste Phase in der Vereinsgeschichte. Und mittendrin war Remo Freuler. Stets als unangefochtener Stammspieler und in der letzten Saison gar als Captain. Einzig ein Titel blieb ihm verwehrt. Dennoch hat der Winterthur-Junior alles erreicht, was mit Bergamo möglich war. Nun will er «die Gelegenheit nutzen, um eine neue Erfahrung zu machen und sich der Herausforderung in einer Liga wie der Premier League zu stellen».
Dass er dies jetzt tut, hat sicher damit zu tun, dass sich solche Gelegenheiten in Zukunft bei einem 30-jährigen Fussballer nicht mehr allzu häufig bieten werden. Dazu kommt aber auch, dass Bergamo erstmals seit der Saison 2017/18 nicht europäisch spielt und so ein weiteres Argument für einen Verbleib in der Lombardei wegfällt. Bei den Fans, die sich am Sonntag mit einem Spruchband bei Freuler bedankten, bleibt er ohnehin ein Held.
Mit Nottingham wechselt er zu einem Klub mit Ambitionen. Der Aufsteiger hat kräftig investiert. Neben Freuler und Awoniyi kamen auch Spieler wie Jesse Lingard, Moussa Niakhaté oder Emmanuel Dennis. Nur zwei englische und insgesamt vier europäische Vereine haben mehr Geld für Transfers ausgegeben als Nottingham.
Der Klub von Trainer Steve Cooper will ähnlich wie Sheffield United in der Saison 2019/20 oder Leeds ein Jahr später als Aufsteiger in die Top 10 stürmen. Eine tragende Rolle soll dabei auch Freuler spielen, der ohne gute Einsatzchancen oder gar eine Garantie wohl kaum seine Kapitänsbinde in Bergamo abgegeben hätte.
Welcome to Nottingham Forest, Remo Freuler ❤️
— Nottingham Forest FC (@NFFC) August 14, 2022
🔴 #RemoIsARed | #NFFC
Mit guten Leistungen in Nottingham könnte sich Freuler auch für den nächsten Schritt in der Premier League empfehlen. Die englischen Topklubs sind bei Spielern, die sich in der heimischen Liga noch nicht bewiesen haben, oft skeptisch. Wenn der Mittelfeldspieler bei Nottingham aber glänzt, könnten beispielsweise West Ham oder Leicester Interesse bekunden. In Declan Rice und Youri Tielemans ziehen bei beiden Klubs Spieler auf Freulers Position grosses Interesse von anderen Vereinen auf sich.
Und vielleicht reicht es am Ende sogar mit Nottingham für die überraschende Europacup-Qualifikation, die Sheffield und Leeds noch knapp verpassten.
Er ist Zürcher Oberländer und spielte als Kind/Junior beim FC Hinwil.