Sport
Analyse

Bayern Münchens Erfolg mit Vorbehalten – gewisse Probleme bleiben

03.05.2025, Fussball 1. Bundesliga 2024/2025, 32. Spieltag, RB Leipzig - FC Bayern M
Hier war die Meisterschaft noch nicht fix – Joshua Kimmich, Thomas Müller und die Bayern feierten in Leipzig trotzdem schon mal.Bild: www.imago-images.de
Analyse

Ein Erfolg mit Vorbehalten – bei den Bayern bleiben trotz Meisterschaft Probleme

Nach der Horrorsaison 2023/24 ist der FC Bayern München wieder Deutscher Meister. Harry Kane und Co. feierten dies feuchtfröhlich – aber noch hat Trainer Vincent Kompany nicht alle Zweifel beseitigt.
05.05.2025, 19:1505.05.2025, 19:15
Mehr «Sport»

Am Ende wurde aus der gemäss Bild «lahmen Watch-Party» des Leverkusen-Spiels in Freiburg mit nur vier Spielern, Trainer Vincent Kompany und einigen Staff-Mitarbeitern doch noch ein feuchtfröhliches Meisterfest. Dank des 2:2-Unentschiedens vom einzig verbliebenen Verfolger um Granit Xhaka durfte Bayern München am gestrigen Sonntag den 34. Meistertitel feiern. Am Vortag hatten es die Bayern beim 3:3 in Leipzig aufgrund eines Gegentors in letzter Sekunde noch verpasst, diesen klarzumachen.

Der Bundesliga-Triumph war aus vielerlei Hinsicht ein besonderer: Es war Thomas Müllers 13. und letzter im Trikot des FC Bayern und Harry Kanes erster überhaupt. Ausserdem holte sich der Rekordmeister nach einem titellosen Jahr die Meisterschale zurück. Dies musste natürlich gebührend gefeiert werden.

Nachdem zu Beginn lediglich Kane, Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Eric Dier im Edel-Restaurant «Käfer», das am Sonntagabend exklusiv für die Bayern-Stars offen hatte, zugegen waren, stiessen nach dem definitiven Gewinn der Meisterschaft immer mehr Profis dazu. Kane und Co. sangen «We Are The Champions» und «Sweet Caroline», rauchten Zigarren und tranken laut der deutschen Tageszeitung auch eine Menge Champagner. Erst nach 1.30 Uhr sollen die letzten Spieler, darunter auch Kane, das Restaurant verlassen haben.

Das Mindestziel erreicht

Am nächsten Tag meldete sich ein etwas müde aussehender Harry Kane mit belegter Stimme auf Instagram: «Was eine Nacht, was für eine Feier! Ich bin sicher, dass alle die Folgen noch ein wenig spüren.» Der 31-jährige Stürmer, der mit 24 Toren und neun Assists in 29 Bundesliga-Spielen einer der entscheidenden Faktoren war, schien restlos glücklich nach dem ersten Titel seiner Karriere: «Ich fühle mich fantastisch. Es hat ein Weilchen gedauert, aber es ist ein schönes Gefühl.»

Restlos glücklich dürften mit dieser Saison bei den Bayern dennoch nicht alle sein. Dass die Euphorie so gross ist, liegt vor allem an der so enttäuschenden vergangenen Saison, die erstmals seit 2011/12 ohne Titel endete. Gemessen an den eigentlichen Ansprüchen des Klubs in den letzten Jahren, ist die deutsche Meisterschaft das Mindestziel.

Daher fällt es den Münchnern auch gar nicht so leicht, die Saison zu beurteilen. Die Frage nach einem Bundesliga-Fazit brachte Teilzeit-Captain Joshua Kimmich nach dem Spiel in Leipzig ins Grübeln. Lange habe er nichts herausgebracht ausser einem lang gezogenen «ääähm», schreibt der «Spiegel». Dann sagte er: «Ich fand, dass wir eine sehr gute Bundesliga-Saison gespielt haben.»

Eindrückliche Bilanz, aber nicht nur überzeugend

76 Punkte nach 32 Spielen und damit schon jetzt mehr als in den letzten beiden Jahren hat der FC Bayern auf dem Konto. Nur zweimal musste sich der frisch gebackene Meister geschlagen geben: in Mainz sowie in Unterzahl trotz 2:0-Führung gegen Bochum. Es ist eigentlich eine eindrückliche Bilanz.

Aber da waren eben auch sieben Unentschieden – in den Topspielen gegen Leverkusen und selbst das in dieser Saison schwächelnde Dortmund blieb München viermal sieglos – sowie nicht nur überzeugende Auftritte gegen Kiel (4:3), Wolfsburg (3:2) oder St. Pauli (3:2). In der Vorsaison hätte dies gegen das überragende Leverkusen nicht zur Meisterschaft gereicht. Kimmich bemängelte die «sehr unnötige Niederlage gegen Bochum», die späten Gegentore und dass es sein Team manchmal trotz Dominanz nicht zu Siegen geschafft habe.

Die «fehlende Handschrift» Kompanys

Dazu kommen die für bayrische Ansprüche zu frühen Ausscheiden in DFB-Pokal und Champions League. In ersterem bedeutete Leverkusen im Achtelfinal Endstation, ein früher Platzverweis gegen Goalie Manuel Neuer war mit dafür verantwortlich. In der Königsklasse musste Bayern München den Traum vom «Finale dahoam» nach zwei auch wegen vieler Ausfälle eher enttäuschenden Auftritten im Viertelfinal gegen Inter Mailand begraben. Kimmich sagte danach: «Wenn man zurückblickt, dann haben wir nicht viele europäische Topteams geschlagen.»

Inter Milan's Lautaro Martinez, right, celebrates after scoring his side's opening goal during the Champions League quarterfinal second leg soccer match between Inter Milan and Bayern Munich ...
Gegen Topklubs wie Inter Mailand war Bayern München selten souverän.Bild: keystone

Der FC Barcelona sezierte den Bundesligisten beim 4:1-Erfolg in der Champions-League-Ligaphase. Auch gegen Aston Villa (0:1) und Feyenoord Rotterdam (0:3) kassierten die Bayern Niederlagen, in den Playoffs brauchte es gegen Celtic Glasgow einen Last-Minute-Treffer, um die Verlängerung zu verhindern.

Der «Spiegel» bringt diesen Kontrast so auf den Punkt: «Kompanys Spiel scheint verlässlich gegen kleinere Gegner zu funktionieren, deshalb war die Meisterschaft logisch. Aber die auch intern kritisch betrachtete Bilanz gegen Topgegner lässt die Münchner in der Königsklasse an Grenzen stossen.»

Auffällig waren vor allem die Probleme in der Defensive. So richtig konnte auch Ex-Verteidiger Kompany, dessen offensiver Spielstil ein gewisses Risiko birgt, dieser keine Stabilität einhauchen. «Die Zeit» bilanziert kritisch: «Eine Handschrift hat Kompany dem Team nicht verpasst. Eine Weiterentwicklung ist nicht zu erkennen.» Vielen Gegnern sei es leichtgefallen, in den Strafraum der Bayern zu kommen. Gleichzeitig seien die Kombinationen in der Offensive zuletzt gegen Inter ins Stocken geraten.

Endlich wieder eine «Einheit aus Mannschaft, Trainer und Verein»

Noch ist die Zufriedenheit mit Trainer Kompany aber gross. Der 39-jährige Belgier hat ein hervorragendes Verhältnis zur Mannschaft und macht sich auch in der Klubführung keine Feinde. Er setzt sich damit klar von Vorgänger Thomas Tuchel ab. Ur-Bayer Thomas Müller, der den Verein nach dieser Saison verlässt, sprach von «einer Aufbruchsaison in die richtige Richtung». Es habe endlich wieder eine «Einheit aus Mannschaft, Trainer und Verein» gegeben, wie es sie seit Pep Guardiola nicht mehr gegeben habe. Dennoch dürfte Kompany in der nächsten Saison in der Bringschuld sein.

. - Bayer 04 Leverkusen v FC Bayern Munchen, UEFA Champions League, Round of 16, 2nd Leg, BayArena Stadium, Leverkusen, Germany - 11th March 2025. Daniel Weir Crystal Pix Vincent Kompany Manager of FC ...
Obwohl Thomas Müller bei Trainer Vincent Kompany nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, haben die beiden ein gutes Verhältnis.Bild: imago

Er muss beweisen, dass er die Entwicklung seines Teams weiterführen kann. Der FC Bayern München will auch in der Champions League wieder um den Titel spielen. Mit der Meisterschaft in seiner Premierensaison brachte Kompany den Klub zurück in die Erfolgsspur. Obwohl dank diesem am gestrigen Sonntag für einen Tag grosse Freude herrschte, bringen nationale Titel in München auf Dauer aber keine Zufriedenheit. Erst recht nicht, wenn das Team den Beweis schuldig bleibt, nicht mit der europäischen Elite mithalten zu können.

Nach der Horrorsaison 2023/24 ist das erste Jahr unter Vincent Kompany sicherlich dennoch ein Erfolg – aber einer mit Vorbehalten.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
17
    Goalie Descloux verlässt Genf +++ Lugano holt Kanada-Schweizer aus amerikanischer Uni-Liga
    Die neue National-League-Saison beginnt im Oktober, derzeit beschäftigt die Klubs vor allem die Kaderplanung. Hier gibt es die Transfer-Übersicht für 2025/26.

    Der Genève-Servette Hockey Club teilt mit, dass er den noch eine Saison gültigen Vertrag mit Goalie Gauthier Descloux aufgelöst hat. Descloux bestritt letzte Saison bloss zwei Spiele. Gauthier Descloux, derzeit verletzt, spielte seit 2012 für Servette. Wohin es den 28-Jährigen zieht, steht noch nicht fest. Servette hat mit Stéphane Charlin und Robert Mayer für nächste Saison zwei Torhüter unter Vertrag. (nih/sda)

    Zur Story