
Da schlagen Gümmeler-Herzen höher – nicht nur, weil es bergauf geht. Blick vom Grimsel- zum Furkapass.Bild: Ralf Meile
Nach einem strengen Winter sind bald alle Schweizer Alpenpässe offen. Für Hobby-Velofahrer ist das Befahren eines Passes oder gar mehrerer am Stück die Königsdisziplin. Auch die Profis lieben unsere Bergwelt.
04.06.2021, 15:4523.12.2021, 12:20

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Am Samstag (Frauen) beziehungsweise am Sonntag (Männer) beginnt die Tour de Suisse. Zwar musste die Strecke geändert werden, weil Susten und Nufenen noch nicht schneefrei sind. Doch auch so müssen die Radprofis einige berühmte Pässe bezwingen, etwa den Gotthard oder den Lukmanier.
Das Prädikat «berühmt» muss jedoch nicht immer gleichbedeutend mit der Bewertung «wunderschön» sein. Wir haben Radprofis nach ihrem Lieblingspass gefragt – und dabei auch überraschende Antworten erhalten.

Die Lieblingspässe der sieben Profis.grafik: watson/shutterstock
Silvan Dillier
Wichtigste Erfolge: Etappensieg am Giro d'Italia 2017, Zweiter von Paris-Roubaix 2018.

Bild: www.imago-images.de
In der Gunst des 30-jährigen Aargauers steht ein besonders steiler Pass zuoberst:
«Am liebsten fahre ich den Pragelpass von Muotathal. Er ist eine wahre Challenge! Zudem fährt man vom ‹Hölloch› (Gasthaus) in den Himmel.»

Der wunderschöne Pragelpass, der auf der Glarner Seite am Wochenende ab dem Klöntalersee für den motorisierten Verkehr gesperrt ist.Bild: Shutterstock
Wer es wie Silvan Dillier machen will und nach dem Motto «Je steiler, desto geiler» lebt, findet hier die Beschreibung zum Pragelpass. Wem «schier überhängend» zu steil ist, dem sei die Glarner Seite ans Herz gelegt, wo es vorbei am Klöntalersee geht. Hier ist der Pragelpass auf Komoot.
Elise Chabbey
Wichtigste Erfolge: Schweizer Meisterin 2020, Etappenzweite an der Burgos-Rundfahrt 2021 und der Tour of Scotland 2019.
Die Genferin gilt als vielversprechendste Schweizerin bei der Tour de Suisse Women, die am Samstag und Sonntag in Frauenfeld ausgetragen wird. Chabbey, die 2012 als Kanutin an den Olympischen Spielen teilnahm, nannte als ihren liebsten Schweizer Pass einen, der gar nicht in der Schweiz liegt. Aber der Col de Combe Blanche führt so nahe der schweizerisch-französischen Grenze entlang, dass wir ihn gerne – zumindest für diesen Artikel – annektieren. Zumal uns Chabbeys Beschreibung «gluschtig» macht:
«Ich liebe diesen Pass, weil es eine sehr kleine und wenig bekannte Strasse ist, um die Spitze des Jura oberhalb der Faucille zu erreichen. Der Pass ist ziemlich steil und liegt in einer sehr wilden Umgebung, was ihm einen besonderen Reiz verleiht. Ich liebe diesen Pass auch deshalb, weil er im Winter eine Langlaufloipe ist, ich laufe dort auch gerne Ski!»
Eine Kehre mit dem Genfersee im Rücken.
Der «weisse Kamm» liegt in der Nähe von Nyon am Genfersee. Er ist hier beschrieben und hier auf Komoot.
Mauro Schmid
Wichtigster Erfolg: Etappensieg am Giro d'Italia 2021.

Bild: keystone
Mit einem Paukenschlag startete der Bülacher seine Profikarriere, gewann gleich bei seiner ersten Grand Tour eine Etappe. Ein Knaller ist auch der Lieblingspass des 21-Jährigen:
«Mein Lieblingspass in der Schweiz ist der Albulapass. Das war einer meiner ersten Pässe, die ich als Kind mit dem Rennrad gefahren bin und es ist immer noch einer meiner Lieblingspässe. Ich habe den Albulapass in der Zwischenzeit sicher schon 20 Mal überquert und geniesse es jedes Mal.»

Der Blick hinunter aufs Albulatal, wo man weit unten gestartet ist.Bild: Shutterstock
Es ist ein Genuss, der mit Schweisstropfen bezahlt, aber mit herrlicher Natur belohnt wird. Der Albulapass, nicht nur Favorit von Mauro Schmid, sondern auch von vielen Hobby-Gümmelern, ist hier beschrieben und hier auf Komoot.
Simon Pellaud
Wichtigste Erfolge: Bergpreiskönig Tour de Romandie 2019, Sieger Zwischensprint-Wertung am Giro d'Italia 2020, Fluchtgruppenkönig am Giro d'Italia 2021.

Bild: keystone
783 Kilometer lang fuhr Simon Pellaud am soeben beendeten Giro d'Italia vor dem Feld her – deutlich mehr als alle anderen Fahrer. Zu einem Etappensieg reichte es nicht, aber mit seiner offensiven Fahrweise eroberte der mittlerweile in Kolumbien wohnhafte Walliser zahlreiche Fan-Herzen.
«Mein Lieblingspass ist der Col du Lein, oberhalb meines Hauses. Er kann von vier Seiten angefahren werden und hat eine herrliche Gravel-Passage inmitten eines Waldes aus jahrhundertealten Lärchen, wo die berühmten Walliser Kühe weiden: die Königinnen des Eringertals.»

Bild: Simon Pellaud
Wer Lust bekommen hat, sich wie Simon Pellaud in eine Flucht mit ungewissem Ausgang zu stürzen, kann die Beschreibung des Col du Lein hier nachlesen. Und hier der Link zu Komoot.
Stefan Bissegger
Wichtigste Erfolge: Etappensieg bei Paris-Nizza 2021, Etappenzweiter bei der Tour de Romandie 2021 und der UAE-Tour 2021, U23-WM-Silber 2019.

Bild: keystone
Beim Thurgauer Zeitfahr-Spezialisten muss es nicht ganz so hoch hinaus. Bissegger, der mit dem Sieg im Auftaktzeitfahren der Tour de Suisse und damit dem Leadertrikot liebäugelt, nennt als seinen Lieblingspass die Schwägalp, welche das Toggenburg mit dem Appenzellerland verbindet:
«Mit der schönen Aussicht ins Tal und dem Blick zum Säntis, sehr beeindruckend. Dazu ist der Anstieg auch nicht zu lang oder zu steil.»

Der Blick auf den Säntis von Urnäsch her kommend.Bild: Ralf Meile

Auf diesem kleinen Strässchen neben der Hauptstrasse auf Toggenburger Seite begegnen einem höchstens Kühe.Bild: Ralf Meile
Hier sind die verschiedenen Wege auf die Schwägalp beschrieben, hier ist der Pass auf Komoot.
Marlen Reusser
Wichtigster Erfolg: WM-Silber im Zeitfahren 2020.

Bild: keystone
Die Bernerin zählt im Kampf gegen die Uhr zu den besten Fahrerinnen der Welt. Die Zeitfahren bei Olympia in Tokio und die WM in Flandern hat sie sich im Kalender rot eingetragen, doch auch in Strassenrennen wird Reusser immer stärker. Ihr Lieblingspass verbindet das Tessin mit Graubünden:
«Der Lukmanier von Biasca her gefällt mir ausserordentlich gut. Es fühlt sich weniger so an, als würde man ein langes Tal hoch fahren. Er liegt in einer verträumten Landschaft, ist etwas ‹wild› und hat seinen ganz eigenen Charme.»

Der Blick auf Olivone im Bleniotal, das es hoch geht in Richtung Lukmanier.Bild: Shutterstock
Die 61 Kilometer lange Verbindung zwischen Biasca und Disentis wird hier beschrieben, hier ist der Link zu Komoot.
Tony Martin
Wichtigste Erfolge: Vierfacher Weltmeister im Zeitfahren, fünf Etappensiege bei der Tour de France, vier Etappensiege bei der Tour de Suisse, Gesamtsieger von Paris-Nizza 2011, insgesamt 66 Profi-Siege.
Der Deutsche lebt seit Jahren auf der Thurgauer Seite des Bodensees und kennt die Ostschweizer Strassen daher von vielen Trainingsstunden gut. Als Lieblingspass nennt Martin den Ruppenpass:
«Er ist etwa 8 km lang und recht gleichmässig, wenig befahren und landschaftlich reizvoll. Zudem ist er mit einer durchschnittlichen Steigung von rund 6 Prozent für einen Nichtkletterer wie mich sehr angenehm zu fahren. Von der Spitze sind es für mich noch eineinhalb Stunden nach Hause, grösstenteils bergab. Das motiviert zusätzlich, den Ruppenpass zu bezwingen.»
Der Blick aufs Nebelmeer im Rheintal.
Eine Beschreibung des Ruppenpasses kannst du hier lesen und hier findest du ihn bei Komoot. Ein Tipp: Vom Rheintal her kommend nicht nach Trogen, sondern rechts noch ein wenig hoch nach St.Anton.
Und was ist dein Lieblingspass?
Liebe Töff-, Cabrio- oder Lastwagenfahrer, bitte tragt euren Kleinkrieg gegen Velofahrer in anderen Kommentarspalten oder lieber gar nicht aus. Danke!
Bevor der Winter endgültig kommt: Schöne Sommer-Bilder unserer Alpenpässe
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Bevor der Winter endgültig kommt: Schöne Sommer-Bilder unserer Alpenpässe
quelle: ralf meile
Absurde Visual Effects – Wenn die Velos einfach verschwinden würden
Video: watson
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