Nein, man muss es nicht verstehen, weshalb wir Rennvelofahrer uns das freiwillig antun. Aber glauben kann man uns, dass es ein tolles Gefühl ist, oben anzukommen. Und während der Auffahrt und auf der Passhöhe die wunderschöne Bergwelt zu geniessen.
«Wo ist's am schönsten?», werde ich oft gefragt. Die Antwort ist sauschwierig, denn die Frage müsste eher lauten, wo es nicht schön ist. Trotzdem folgt meine subjektive Einschätzung der 20 höchsten Schweizer Alpenpässe.
Aus 20 Pässen mach' zunächst einmal zehn – diese Kandidaten haben es in die engere Auswahl geschafft:
Und das ist mein Podest:
«Hässlich» ist ein gar scharfes Urteil, denn weniger als 3 von 5 Schönheitssternen gebe ich keinem dieser 20 Aufstiege. Die Urner Seite des Susten mit langen Geraden empfand ich als nicht sehr verlockend. Der Simplon ab Brig hat einen schönen Mittelteil und mit der Ganterbrücke ein spektakuläres Highlight, aber oben einige Galerien. Von Italien her will ich ihn wegen sehr vieler Tunnels nie befahren.
Vom früheren Bergfloh Beat Breu stammt eines meiner liebsten Velo-Zitate:
Trotzdem gibt es verschiedene Grade der Anstrengung. Der Nufenen ist steil und bietet kaum Gelegenheit zur Erholung. Der Bernina ist von der italienischen Seite her ewig lang, der Splügen ist lang und zwischendurch steil. Hart ist auch die Grosse Scheidegg. Entscheidenden Einfluss haben natürlich Wetter und Form: Was heute bei Nieselregen steil ist, scheint morgen bei Sonnenschein schon wesentlich angenehmer zu fahren.
Nochmals Beat Breu:
Doch auch der St.Galler hatte nicht an jedem Berg gleich viel Mühe, nach oben zu kommen. Wer einmal einen schönen Pass erklimmen will, der auch ohne Wahnsinns-Wädli und Top-Kondition zu packen ist, dem bieten sich der Flüela ab Davos, der Oberalp ab Andermatt oder der Bernina ab Celerina an.
Vom Grossen St.Bernhard wurde mir abgeraten: Transitroute, viel zu viel Verkehr, Tunnels, Gefahr, Gefahr. Und dann: eine wunderschöne Auffahrt. Sehr lang, aber selten fies steil. Von Aosta geht's gut 40 Kilometer und 2000 Höhenmeter nach oben zu den Bernhardinern mit ihren Schnaps-Fässchen und das zunächst abseits der Hauptstrasse fast ohne Verkehr (auf der empfehlenswerten Website «Quäldich» gut beschrieben). Biegt der Hauptteil des Verkehrs in den Tunnel ab, wird es über der Grenze atemberaubend schön. Was sicher stimmt: Die Abfahrt hinunter ins Wallis ist dann nicht so toll.
Die Schweizer Alpenpässe sind wunderschön. Nicht nur die höchsten, sondern auch die weniger hohen Übergänge – zum Beispiel Pragel, Schwägalp (auf der «Panzerpiste»), Mittelberg oder Lüderenalp, um nur einige zu nennen.
Fast noch schöner sind jedoch die zahlreichen Sackgassen in unserem Land. Wo es nicht mehr weitergeht, kann es keinen Durchgangsverkehr geben und so gibt es abgesehen von wenigen Einheimischen, Ausflüglern und Postautos keinen Verkehr auf diesen Strecken. Damit das so bleibt, behalte ich diese Orte aber für mich, sorry. Sonst wären sie ja keine Geheimtipps mehr …
Aber weil du es bist, verrate ich dir trotzdem einen: St.Martin im Calfeisental, oberhalb von Bad Ragaz gelegen.
Danke, dass ihr keinen weiteren Krieg zwischen Velo-, Töff- und Cabrioletfahrern anzettelt. Sagt mir lieber, welches eure liebsten Pässe sind oder jene, an denen ihr am meisten gelitten habt.