Trainer Dan Tangnes hat Stil. Er respektiert die Leistungen der ZSC Lions ohne Wenn und Aber und sagt, sie seien in dieser Saison das Mass aller Dinge. Natürlich hat er den Glauben an eine Wende nicht verloren. Vor zwei Jahren haben die Zuger im Final gegen die ZSC Lions nach drei Niederlagen noch den Titel geholt. Nie zuvor und nie mehr seither hat es eine solche Wende in den Playoffs gegeben. Resultate fürs Geschichtsbuch.
Zug – ZSC Lions 2:3
ZSC Lions – Zug 2:1
Zug – ZSC Lions 1:2
ZSC Lions – Zug 1:4
Zug – ZSC Lions 4:1
ZSC Lions – Zug 0:2
Zug – ZSC Lions 3:1
Nun steht es – dieses Mal im Halbfinal – wieder 0:3.
ZSC Lions – Zug 5:2
Zug – ZSC Lions 0:1
ZSC Lions – Zug 5:2
Was nun? Wieder ein Wunder?
Der Trainer und die Spieler sagen am Samstagabend im Bauch des neuen Zürcher Hockeytempels das, was in dieser Situation gesagt werden muss. Das, was in allen Lehrbüchern steht, was die Erfahrung lehrt und sowieso jeder verinnerlicht hat. Dass in den Playoffs alles möglich ist, dass man Spiel für Spiel nehmen müsse und so weiter und so fort. Und natürlich fehlt nicht die Selbstkritik.
Aber etwas überrascht doch ein wenig: Dan Tangnes sagt sinngemäss etwas nachdenklich, man könne nicht mehr verlangen, als dass jeder alles gebe. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass dies in dieser dritten Partie der Fall gewesen sei und bemängelt auch Disziplinlosigkeiten, die zu Strafen geführt haben.
Wir können es auch direkt, undiplomatisch und polemisch auf den Punkt bringen. Die Zuger waren in dieser dritten Partie zu «weich». Sie waren so «weich» wie nie seit dem Aufstieg von 1987. Weich steht in Anführungszeichen. Weil es nicht einfach nur darum geht, hart auf den Mann zu spielen. Das ist nur ein Teil der Härte. Es geht auch um die Körpersprache, die Ausstrahlung, die Hartnäckigkeit, die Unnachgiebigkeit, die Leidenschaft, den Mut – das, was die Zuger damals 2022 ausgezeichnet hat. Als sie auf einer Mission waren. Das, was die Zuger seit ihrer Rückkehr in die höchste Liga (1987) eigentlich immer wieder ausgezeichnet hat.
Diese Qualitäten haben in dieser dritten Partie in Zürich gefehlt. Ein Grund ist der grössere Energieverbrauch während der ganzen Saison: Die Zuger haben nach einer schwierigen Qualifikation mit 22 Punkten Rückstand auf Qualifikationssieger ZSC Lions gerade noch Rang 4 erreicht. Ein weiterer Grund ist sogar messbar: Im Schnitt sind die Zürcher gut zwei Zentimeter grösser und fünf Kilo schwerer. Die Zuger sind die zweitleichteste Mannschaft der Liga. Nur Ajoie bringt noch weniger Gewicht auf die Waage.
Aber der erhöhte Energieverbrauch während der Qualifikation und ein paar Kilo weniger machen am Ende einer langen Saison noch keine entscheidende Differenz, wenn eine Mannschaft auf einer Mission ist. Um es noch einmal zu wiederholen: Weich bedeutet nicht nur fehlende Grösse, Kraft, Wasserverdrängung und Wucht. Den Zugern fehlte in dieser dritten Partie eben auch Körpersprache, Ausstrahlung, Hartnäckigkeit, Unnachgiebigkeit, Leidenschaft und Mut. Sie hatten nicht die Ausstrahlung einer Mannschaft, die sich auf einer Mission befindet.
War es einfach ein schwacher Abend, der jeder Mannschaft zusteht? Nein, es ist mehr. Wir sehen am Ende der Saison die Folgen eines Kulturwandels: Zug ist «intellektueller» geworden. Das Hockeyunternehmen Zug steht nach den mit Abstand ruhmreichsten, hablichsten und erfolgreichsten Jahren seiner Geschichte wie nie zuvor für Stil, Klasse, Taktik, Technik und Sportwissenschaft.
Mit dieser Entwicklung einher geht ein gewisser Dünkel, eine Prise Hoffart: Wir machen es mit Verstand und nicht nur mit Geld und wir wissen es besser. Unter anderem ist es nicht erforderlich, dass wir die bestmöglichen Ausländer verpflichten. Um es wiederum direkt, undiplomatisch und polemisch zu sagen: Dan Tangnes wird für die immense Entwicklungsarbeit «bestraft», die er seit sechs Jahren in Zug leistet.
Zur DNA der Zuger gehört eine ordentliche Prise urwüchsig-vaterländische Wildheit. Zug ist in seiner DNA auch rau, rebellisch, leidenschaftlich und «böse» im guten hockeytechnischen Sinne. Der Bulle ist das passende Tier im Klub-Logo. Um es wieder direkt, undiplomatisch und polemisch zu sagen: Auf das Spiel vom Samstag bezogen, würde ein Ochse besser als ein Bulle ins Klub-Logo passen.
Symbolisch dazu eine Episode vor dem Heimspiel am letzten Mittwoch: Vor dem Stadion steht ein Lieferwagen mit einem offensichtlich für den Abtransport bereiten Bullen im blauen EVZ-Gewand auf der Ladebrücke. Es ist dringend erforderlich, dass der Bulle wieder abgeladen wird.
Sind all diese Ausführungen zu direkt, zu undiplomatisch und zu polemisch? Wir bekommen bereits am Montag eine erste Antwort. Die Zuger haben einen weisen Präsidenten, einen tüchtigen Manager, einen schlauen Sportchef, einen smarten Coach, eine gute Leistungskultur, leidenschaftliche Fans, eine perfekte Infrastruktur und volle Geldspeicher. Sie werden im Falle eines Falles die erforderlichen Korrekturen für die nächste Saison einleiten und haben alle Voraussetzungen, um wieder sportliche Bullen zu werden.
Um noch einmal direkt, undiplomatisch und polemisch zu werden: Wenn die Zeichen an der Wand richtig gedeutet werden, wird es in Zug ein paar Veränderungen, Unbequemlichkeiten und Komfortzonenvertreibungen geben. Sonst wird aus dem EV Zug eine Mischung aus dem SC Bern und dem HC Lugano.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Bei Zug fehlt der nominell beste Schweizer Stürmer und die Imports sind nicht wirklich herausragend.