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Die Nati ist auf Kurs – aber diese 5 Brandherde muss Petkovic im Auge behalten

Gökhan Inler, Breel Embolo und Xherdan Shaqiri: Diese drei Akteure bewegen derzeit die Schweizer Nati.
Gökhan Inler, Breel Embolo und Xherdan Shaqiri: Diese drei Akteure bewegen derzeit die Schweizer Nati.Bild: Andreas Meier/freshfocus

Die Nati ist auf Kurs – aber diese 5 Brandherde muss Petkovic im Auge behalten

Der Start ins Jahr 2015 ist der Nati geglückt. Das Team von Valdimir Petkovic scheint in Fahrt zu kommen. Doch es gibt noch einige Punkte, die der Trainer in den nächsten Wochen und Monaten lösen muss.
01.04.2015, 12:3801.04.2015, 14:37
Tobias Wüst
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Wir haben unser Stürmerproblem «übergelöst»

Gegen die USA ist es endlich so weit: Unser neustes Stürmer-Juwel Breel Embolo erhält seine ersten Einsatzminuten bei den Grossen im roten Dress mit dem weissen Kreuz. Seinen Super-League-Einstand beim FC Basel – erstes Tor nach zwei Minuten gegen Aarau – kann der Youngster zwar nicht toppen, mit solchen Aktionen setzt er allerdings bereits ein erstes Ausrufezeichen:

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18 Jahre jung und bereits solch abgebrühte Finten drauf.gif: srf

Seit den Rücktritten von Rekordtorschütze Alex Frei und Uns-an-die-WM-2006-Ballerer Marco Streller ist der Nati-Sturm über Jahre zur mit Abstand grössten Baustelle mutiert. Jetzt ist diese endlich geschlossen – und könnte sogar eine neue an gleicher Stätte nach sich ziehen.

Neben dem aufstrebenden Embolo haben wir mit Josip Drmic, Haris Seferovic und Admir Mehmedi gleich drei gestandene Herren in der Offensiv-Abteilung. Wenn Vladimir Petkovic nicht den Fussball revolutionieren und auf eine 4-2-4-Formationen umsteigen wird, werden zwangsläufig ein bis drei dieser Hochkaräter auf der Bank Platz nehmen müssen.

Und dann wird ein Problem auftauchen, das sonst eigentlich nur die grossen Fussballnationen (oder sind wir das längst?) kennen: Das «Bei der Stange halten». Es allen recht zu machen, wird für den in letzter Zeit nicht gerade mit herausragenden kommunikativen Fähigkeiten brillierenden Petkovic (siehe die Causae Schwegler und Barnetta) zur Mammutaufgabe.

Wir haben mit Shaqiri ein ewiges Meckermaul

Natürlich gehört Xherdan Shaqiri zu den aktuell besten unserer Nati-Akteure. Natürlich ist er ein herausragender Fussballer. Natürlich ist er für uns unentbehrlich. Aber genau das würde den Inter-Legionär eigentlich dazu verpflichten, als Vorbild für die «Minder-Talentierten» zu fungieren. Was er leider noch immer nicht gänzlich tut.

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Keine Seltenheit: Shaqiri erhält den Pass nicht punktgenau in die Füsse gespielt, bleibt stehen und verwirft die Hände.gif: srf

Nach einem missglückten Pass eines Teamkollegen die Hände zu werfen und stehen zu bleiben, anstatt abzuwinken und weiterzukämpfen, ist so ziemlich das Letzte, was man von einem Profi-Spieler sehen will.

Was schon E-Junioren eingebläut wird, Shaqiri aber scheinbar nicht weiss

Die Nachteile des «nach einem Fehlpass einfach stehen bleiben»
– der Gegner ist für eine kurze (und vielleicht entscheidende) Zeit in Überzahl
– der Mitspieler erhält einen mentalen Schlag in die Fresse
– die Motivation und damit Laufbereitschaft der ganzen Mannschaft nimmt ab

Aus der Emotion heraus darf einem mal ein böses Wort über die Lippen entfleuchen, die eine oder andere abfällige Handbewegung liegt ebenfalls drin. Aber wenn diese Reaktion fast schon zur Gewohnheit wird, gepaart mit diesem vermaledeiten Stehenbleiben, dann muss der Betroffene dringendst über die Bücher.

Wir haben eine ungeklärte Chef-Frage

Gökhan Inler ist seit Jahren Chef im Mittelfeld, Chef auf dem Platz, Chef in der Nati. Diese klare Rollenverteilung ist wichtig: Auf dem Platz koordiniert der Chef das Spiel, neben dem Platz die Stimmung im Team.

Hat den Chefsessel schon seit Langem inne: Gökhan Inler.
Hat den Chefsessel schon seit Langem inne: Gökhan Inler.Bild: Andreas Meier/freshfocus

Jetzt könnte die interne Teamhierarchie bald auf den Kopf gestellt werden: Inler ist bei seinem Klub Napoli nicht mehr unumstritten und spielt je länger je mehr auch in der Nationalmannschaft nur noch die zweite Geige. Mit Granit Xhaka drängt sich zudem ein potenzieller Nachfolger auf: Er ist jung, spielt im Mittelfeld, hat das Selbstvertrauen zur Leaderrolle und die Klasse für eine Stammposition über Jahre.

Früher oder später wird sich entweder Xhaka unterordnen oder aber Inler kürzer treten müssen. Die Tendenz geht Richtung Letzteres.

Wir können nicht mit dem Spieldiktat umgehen

Heute Morgen bin ich auf dieses Video der englischen U21-Nationalmannschaft im Spiel gegen Deutschland gestossen:

Der matchentscheidende Treffer von James Ward-Prowse zum 3:2 und seine Vorgeschichte. video: youtube/fatv

35 Pässe über alle elf Akteure, mit dem krönenden Abschluss von James Ward-Prowse. In der Schweizer Nati unvorstellbar.

Ein grosses, scheinbar endlos andauerndes Manko: Wir können trotz spielstarker Mittelfeldspieler wie Xhaka oder Inler kein sauberes Spiel aufziehen. Klar, gegen einen stärkeren Gegner ist das auch nicht von Nöten, und so überzeugen wir in solchen Spielen denn auch meist (siehe Box).

Starke Auftritte der Schweizer Nati gegen die «Grossen» seit 2010
– 05.06.2010: Schweiz – Italien 1:1 (Freundschaftsspiel)
– 16.06.2010: Schweiz – Spanien 1:0 (WM-Gruppenphase)
– 04.06.2011: Schweiz – England 2:2 (EM-Qualifikation)
– 26.05.2012: Schweiz – Deutschland 5:3 (Freundschaftsspiel)
– 14.08.2013: Schweiz – Brasilien 1:0 (Freundschaftsspiel)
– 01.07.2014: Schweiz – Argentinien 0:1 n.V. (WM-Achtelfinale)

Doch gegen schwächere Gegner, die einem das Spieldiktat aufzwingen, entstehen Angriffe und Tore selten durch einen gepflegten Aufbau. So ist sowohl Stockers gestriger Treffer als auch zwei der drei gegen Estland nach einer Hereingabe und mehr oder weniger wildem Gestochere im Strafraum entstanden. Das dritte Tor vom Freitag ist ein satter Schuss von Xhaka.

Wir machen unnötigen Wirbel um die «Nati-Ausländer»

Zu guter Letzt müssen auch wir uns an der Nase nehmen, denn die letzten Spiele der Nati haben gezeigt: Der von den Medien aufgebauschte Wirbel um die Secondos ist nicht mehr als ein laues Lüftchen.

Natürlich sehen wir nicht hinter die Kulissen, doch was wir sehen, ist eine Einheit auf dem Platz, die füreinander fightet und kämpft und sich nicht darum schert, ob der nächste Pass nun einen Secondo oder «Eidgenossen» findet.

Da kann der «Blick» noch lange von einer Zerreissprobe sprechen und die Blick-Leser die Nati als «zu unschweizerisch» abstempeln, am Schluss zählen nur die Resultate. Und die stimmen.

Die 20 besten Nati-Spieler aller Zeiten

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