Jetzt mit Bologna ist neue Zuversicht angesagt, der Modus wieder auf Angriff, mit der Sprache fühlt er sich ohnehin vertraut. Was Wunder, nach über fünfeinhalb Jahren bei Atalanta Bergamo. Und doch will sich Remo Freuler die vergangene Saison bei Nottingham Forest nicht schlechtreden lassen, man solle sich gefälligst genau informieren, wie viele Partien er da absolviert habe, sagt er. Und nennt die Zahl gleich selbst: «30.» Nun, 28 Auftritte in der Premier League waren es tatsächlich gemäss Statistik, dazu fünf Auftritte im Ligacup.
Das Jahr beim damaligen Aufsteiger darf Freuler natürlich positiv sehen («es war sehr, sehr gut für mich und meine Familie»), für die Erfahrung wie als Lebensschule. Er verliess im Sommer 2022 als Captain bewusst seine Komfortzone bei den Bergamasken, wollte diese neue Herausforderung und freute sich auf das, was da kommen würde. Aber wie es dann kam auf der Insel mit einer runderneuerten Mannschaft, das war nicht nur pure Freude.
Freuler war gewiss lange unbestritten, doch sportlich lief es dem Klub unter Trainer Steve Cooper alles andere als formidabel, man schaffte den Ligaerhalt dank eines Kraftakts erst in der Schlussphase. Nach der Niederlage gegen Liverpool stand der Zürcher Oberländer damals während der letzten sechs Ligapartien keine einzige Minute mehr auf dem Platz. Eine ungewohnte Rolle – auch im Nationalteam ist Freuler ein fester Wert im Mittelfeld, manchmal als Sechser, wobei hier derzeit Denis Zakaria die Nase vorn hat. Oder seitlich sowie als Achter.
Im Sommer entschied Nottingham gemeinsam mit dem Schweizer, eine Lösung zu suchen, zumal es etwa acht Mittelfeldspieler fürs Zentrum gab. Das von Thiago Motta trainierte Bologna, ein Mittelfeldklub der Serie A (Neunter nach drei Runden), buhlte um den 31-Jährigen. «Der Wechsel hat sich dann hingezogen, doch gezittert habe ich nie, dass es nicht klappen würde. Nur schade, dass ich erst jetzt richtig einsteige», sagt Freuler.
Tatsächlich war es knapp geworden mit dem einjährigen Leihgeschäft bis zum Transferschluss am 1. September, mit anschliessender von Preis und Anzahl Spielen abhängiger Kaufoption, die laut Freuler dann schon greifen werde.
Die Rückkehr in die alte Wahlheimat ist wie ein Heimkommen, eine Suche nach dem alten Ich. Auch sind die Nationalspieler Michel Aebischer und Dan Ndoye hier Teamgefährten. Zwar hat Freuler 2023/24 keine Pflichtspielminuten in den Beinen, doch für Nationalcoach Murat Yakin war immer klar, ihn in der EM-Qualifikation gegen Kosovo und Andorra aufzubieten. Zumal der Rechtsfuss nicht nur im läuferischen Bereich überzeugt. Freuler sagt: «Ich habe die ganze Vorbereitung mit Nottingham mitgemacht, ganz weit weg bin ich nicht.»
Die AC Milan wollte Noah Okafor bereits im letzten Winter verpflichten, was aber nicht klappte. Im Juli bedeutete dann der Wechsel von RB Salzburg zu den Norditalienern für fünf Jahre und ungefähr 15 Millionen Euro schlicht die nächste Stufe in der verheissungsvollen Laufbahn. Bislang kam er in allen drei siegreichen Ligaspielen zu Teileinsätzen, doch die Mitstreiter um die drei Stammplätze im offensiven 4-3-3 von Trainer Stefano Pioli sind mit Olivier Giroud, Rafael Leão, Christian Pulisic oder Samuel Chukwueze bärenstark. Geduld ist also gefragt, und Okafor sagt: «Das Niveau ist sehr hoch, für mich ist der Schritt in diese Topliga toll. Und die Konkurrenz gut für meine Entwicklung.»
Okafor gilt längst und spätestens seit dem November 2021 als Versprechen: Yakin setzte damals im Stadio Olimpico gegen Italien auf den jungen Schweizer mit nigerianischen Wurzeln, und als er beim 1:1 unerschrocken drauflosrockte, hing so manchen Zuschauenden und wohl dem einen oder anderen gegnerischen Verteidiger der Kiefer runter. Doch in der Folge kam Okafor im Nationalteam nicht wie erhofft auf Touren, an der WM in Katar wirkte er wie ein Fremdkörper. Und mit dem derzeit verletzten Breel Embolo, Zeki Amdouni, Ruben Vargas oder natürlich Xherdan Shaqiri gibt es namhafte Konkurrenz.
Auch gab es immer wieder gesundheitliche Rückschläge, Salzburg kann ebenfalls ein Liedchen davon singen: Mal eiterte der Zahn, dann bereitete der Oberschenkel, die Zehe oder ein Muskel Probleme, in diesem Frühjahr brach ein Knochen im rechten Mittelfuss. Okafor sagt: «Es ist normal, dass es mal rauf und dann wieder runter geht. Wichtig ist, dass ich im Kopf stark bleibe.»
23 Jahre alt ist Okafor unterdessen, schon in seinen Jugendjahren beim FC Basel galt er als riesiges Talent. Spätestens in Österreich setzte der polyvalent einsetzbare Angreifer mit 34 Treffern und 23 Assists nach 110 Auftritten für Salzburg Duftnoten. Vor allem in der Champions League wusste Okafor teils mit Topleistungen zu überzeugen. Unter anderem gegen Milan im September 2022, es war wie ein Bewerbungsschreiben.
Die Zeit spielt für Okafor, im Nationalteam wie bei Milan, sie muss für einen Profi mit seinen Anlagen spielen. Alles andere wäre Verschwendung. 2023 wartet er noch auf einen Pflichtspieltreffer, Okafor sagt: «Bald wird man den alten Noah sehen, der wieder Tore schiesst.» (aargauerzeitung.ch)
Okafor hat die Zukunft noch vor sich und wenn er es schafft, sich bei Milan durchzusetzen und zu einem Führungsspieler zu reifen, wird sich nicht nur Murat Yackin sondern auch die ganze Schweiz freuen.