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Europa League ist, wenn die Grossen ihren Reservisten Auslauf gewähren. So macht es auch der FC Liverpool. Gegen Sion verändert Trainer Brendan Rodgers sein Team im Vergleich zum letzten Meisterschaftsspiel auf sieben Positionen. Auf dem Rasen stehen zu Beginn fünf Spieler, die 21 Jahre alt oder jünger sind. Namen wie Jordan Ibe, Danny Ings, Joe Gomez oder Jordan Rossiter lassen nicht auf den ersten Blick erahnen, dass dieser Klub in dieser Saison mit rund 330 Millionen Euro wirtschaftet. Die meisten von ihnen werden am Sonntag im Derby gegen Everton wieder zu den Zuschauern gehören.
Doch wie viel Klasse auch in Liverpools verstärktem Reserveteam steckt, bekommt der FC Sion schon früh schmerzlich zu spüren. Bereits in der 4. Minute überfordert der 20-jährige Belgier Divock Origi – allerdings aus Offsideposition – den Sittener Innenverteidiger Léo Lacroix und legt zurück auf Spielmacher Adam Lallana – 0:1.
Die forsche Startphase der Engländer war eine Ouvertüre zu einem Spiel, das den FC Sion weitgehend in der Defensive erlebt. Die Walliser müssen immer wieder Druckphasen über sich ergehen lassen. Vor allem mit Ibe auf dem linken Flügel, mit Ings als hängender Spitze und mit den Antritten von Origi hat die Sittener Abwehr grösste Mühe.
Doch Schiffbruch erleidet das Ensemble des Schweizer Cupsiegers nicht. Denn den schnellen Liverpooler Angriffen fehlt im Abschluss die nötige Präzision. Origi, er mehrmals, Ings, Verteidiger Emre Can mit Kopfbällen nach stehenden Bällen, Abwehrchef Kolo Touré mit einem Fallrückzieher an die Latte oder Lallana, der aus acht Metern frei stehend am überragenden Sittener Torhüter Andris Vanins scheitert, verpassen aber weitere Tore. Hier ist die Absenz von Spielern wie den verletzten Christian Benteke und Roberto Firmino, die im Sommer für insgesamt fast 90 Millionen Euro an die Anfield Road wechselten, oder dem geschonten Daniel Sturridge nicht zu übersehen.
Und der FC Sion? Er verliert zumindest nicht die Ruhe. Veroljub Salatic und Xavier Kouassi gelingt es immer wieder mit Routine und Übersicht das Tempo zu drosseln. Dafür ist von den offensiven Trümpfen Carlitos, Moussa Konaté und Edimilson Fernandes wenig zu sehen. So spielt sich für einmal der Nigerianer Ebenezer Assifuah in der Vordergrund. Natürlich mit seinem Tor zum 1:1 in der 18. Minute nach sehenswertem Zuspiel von Kouassi und nach dem einzigen zielstrebigen Sittener Angriff vor der Pause. Oder mit seiner grossen Chance mit einem Schuss aus der Drehung nach 69 Minuten.
Es wäre somit mit etwas Glück sogar mehr als dieser eine Punkt drin gelegen für den FC Sion. Am Ende aber ist das 1:1 ein guter Lohn für einen soliden, jedoch nicht überdurchschnittlichen Auftritt. Wie sehr das Team von Trainer Didier Tholot beim Neunten der Premier League leiden muss, verdeutlichen die Zahlen: 33:67 Prozent Ballbesitz, 1:8 Corner und 9:20 Torschüsse sind Dokument der Walliser Unterlegenheit. Angesichts der Liverpooler Aufstellung hätte man vielleicht etwas mehr erwarten können. Doch in den Geschichtsbüchern bleibt vor allem dies stehen: Nach dem FC Basel 2002 und 2014 (jeweils 1:1) und den Young Boys 2012 (2:2) verlässt mit dem FC Sion zum vierten Mal in Folge ein Schweizer Team die Anfield Road ungeschlagen. (si/rst)
Liverpool - Sion 1:1 (1:1)
Anfield Road. – 40'000 Zuschauer. – SR Vincic (Sln).
Tore: 4. Lallana (Origi) 1:0. 18. Assifuah (Kouassi) 1:1.
Liverpool: Mignolet; Can, Touré (76. Sakho), Gomez; Clyne (46. Moreno), Allen, Rossiter, Ibe; Lallana; Origi, Ings (61. Coutinho).
Sion: Vanins; Zverotic, Lacroix, Ziegler, Pa Modou; Kouassi, Salatic; Assifuah (86. Ndoye), Fernandes, Carlitos; Konaté (89. Bia).
Bemerkungen: Liverpool ohne Henderson, Lovren, Benteke und Firmino (alle verletzt) sowie Sturridge und Milner (beide geschont), Sion ohne Mboyo (verletzt). 50. Lattenschuss von Touré. Verwarnungen: 76. Kouassi (Foul). 81. Moreno (Foul). (si)