Lucien Favre ist seit 2018 Cheftrainer von Borussia Dortmund, und in zwei Saisons kassierte sein Team mit mindestens 41 Gegentoren jeweils die meisten der Top 3 der Bundesliga-Abschlusstabelle. Dennoch wurden die «Schwarz-Gelben» unter dem Schweizer Trainer hinter Bayern München zuletzt zweimal Vizemeister.
Der BVB hat mit Favre zwar vom Punkteschnitt her seinen besten Trainer aller Zeiten (2,15 Punkte pro Spiel) auf der Bank sitzen, doch die Diskussion über die Defensivleistung seines Teams ist stets gross. Favre probiert entsprechend viel aus, um die Abwehr zu verbessern.
#TipicoTopFakt: Das @bvb-Abwehrbollwerk empfängt beim Klassiker am Samstag die @fcbayern-Tormaschine. Ob da wohl viele Treffer fallen werden? #BVBFCB @Tipico_de #Bundesliga
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In der vergangenen Saison festigte Favre seine Defensive zwar ein wenig, indem er mit einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette spielen liess. Aber der 63-jährige Romand fremdelt mit dieser taktischen Grundordnung. Er ist eigentlich Befürworter der Viererkette. Die testete er im Sommertrainingslager in Bad Ragaz deshalb immer wieder. Aber das gelang nicht so recht, Favre warf den Plan wieder über den Haufen und stellte zurück auf die Dreierkette.
Aufgrund vieler Verletzungen – aktuell fallen Zagadou, Hummels, Can aus – kehrte Dortmunds Trainer nun erneut zu seiner geliebten Viererkette zurück. Und siehe da, endlich beweist der BVB eine fast verloren geglaubte Qualität: die Defensivstärke. Woran es liegt? «Es liegt an allen. Es fängt vorne an, wenn du keinen Stürmer hast, der verteidigt, geht es nicht. Es ist die ganze Mannschaft, die verteidigen muss. Wir machen das gut momentan», sagte Favre zuletzt.
Die Borussia verspürt Rückenwind. Während die Abwehr beispielsweise gegen Lazio Rom und den FC Augsburg wackelte, gelangen zuletzt vier Zu-Null-Siege in Serie. In der gesamten Saison gelang das sogar schon achtmal in elf Pflichtspielen. Wie zuvor gegen Hoffenheim (1:0), Erzrivale Schalke (3:0), Zenit St.Petersburg (2:0) und Arminia Bielefeld (2:0) blieb der Bundesliga-Zweite auch am Mittwoch im Champions-League-Spiel gegen Brügge (3:0) ohne Gegentor.
Selbst der nach dem Ausfall von Abwehrchef Mats Hummels nötige Umbau der wieder eingeführten Viererkette kostete kaum Stabilität. «Im neuen System mit der Viererkette fühlen wir uns wirklich wohl. Manchmal hilft ein kleiner Wechsel und es läuft besser», erklärte der starke aufspielende Manuel Akanji nach dem Brügge-Spiel bei «Sky».
Noch besser machte es nur Hummels-Ersatz Axel Witsel. Auch Akanji war zufrieden mit seinem neuen Nebenmann: «Er wusste, wo er stehen soll. Ich musste ihm nicht gross helfen. Mir hat das sehr gut gepasst, neben ihm zu spielen.» Der 31-Jährige schlug sich bei seinem ersten Einsatz als Innenverteidiger auf ungewohnter Position erstaunlich gut. Das brachte dem Belgier auch ein Extralob seines Trainers ein: «Axel hat sehr clever gespielt. Mit seiner Leistung bin ich sehr zufrieden.»
Aushilfs-Abwehrboss Witsel gefiel also. Der gelernte Mittelfeldspieler brachte 92 Prozent der Pässe zum Mitspieler und gewann 75 Prozent seiner Zweikämpfe. Und damit ist der belgische Nationalspieler wohl auch im Spitzenspiel gegen Bayern München am Samstag (18.30 Uhr) eine ernsthafte Option.
Zwar hoffen beim BVB alle vorsichtig optimistisch auf die Rückkehr von Hummels (Oberschenkelverletzung). Eine Entscheidung wird wohl erst kurz vor dem Spiel fallen. Aber es scheint, als bereitete nicht einmal der Ausfall des erfahrensten und besten Innenverteidigers den «Schwarz-Gelben» gerade grosse Sorgen.
Und so hofft die Borussia auf eine Fortsetzung des Höhenflugs im Spiel gegen den punktgleichen Tabellenführer, wie auch immer die Viererkette dann aussehen wird: «Wir wissen, dass wir zu Hause gegen die Bayern gewinnen können. Das haben wir mehrfach bewiesen. Das ist auch das Ziel für Samstag», formulierte Akanji bei Sky.
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Solch forschen Töne waren von Dortmunder Seite unmittelbar vor einem Showdown der Bundesliga-Topteams schon lange nicht mehr zu hören. Aber die neu gewonnene Stabilität in der Defensive macht dem Team offenbar Mut. Und sie macht dem neutralen Zuschauer auch Hoffnung, dass es mal wieder eine spannende Affiche geben wird. Die vergangenen drei Duelle in der Bundesliga gingen jeweils an die Bayern, meistens deutlich (0:1, 0:4, 0:5).
Ob der BVB am Ende dieser Saison einen Tabellenplatz weiter oben erreicht als in den vergangenen beiden Saisons unter Favre, das steht natürlich noch in den Sternen. Sicher scheint aber schon jetzt: Über 41 Gegentore werden es in dieser Verfassung nicht wieder werden. (as/pre)