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Luzern-Neuzugang Holger Badstuber im Interview: «Müssen alles investieren»

Holger Badstuber spielt in der kommenden Saison in der Schweiz.
Holger Badstuber spielt in der kommenden Saison in der Schweiz. bild: zvg
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FCL-Neuzugang Holger Badstuber: «Junge Spieler sollen sich nicht verführen lassen»

Die Zielsetzung, den Cuptitel zu verteidigen, hat FCL-Neuzugang Holger Badstuber schon im «Sportpanorama» verkündet. In diesem Interview erklärt der Mann ohne Starallüren sein Bayern-Siegergen.
24.07.2021, 06:02
Daniel Wyrsch / ch media
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Holger Badstuber ist seit vergangener Woche beim FC Luzern. Der 32-jährige Innenverteidiger hat einen klingenden Namen, mit dem grossen FC Bayern gewann er sechs Meisterschaften in der Bundesliga, holte vier Mal den DFB-Pokal und zählte 2013 zum Team, das in der Champions League triumphierte. Für die deutsche Nationalelf absolvierte der 1,90 Meter grosse Abwehrrecke 31 Länderspiele.

Gravierende Verletzungen beendeten seinen 14 Jahre langen Karriereabschnitt in München. Nach einer Leihe auf Schalke wechselte er 2017 zurück zum VfB Stuttgart. Letzte Saison bestritt Badstuber beim VfB statt in der Bundesliga nur in der Regionalliga Südwest (4. Liga). Mit der zweiten Mannschaft kam er zu insgesamt 28 Ligapartien.

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Badstuber (hinten, zweiter von links) spielte einst für die deutsche Nationalmannschaft.Bild: AP

Ex-Luzern-Trainer Markus Babbel befürchtet, dass Sie und Christian Gentner wegen des spielerisch tieferen Niveaus in der Schweiz böse auf die Mitspieler werden könnten.
Holger Badstuber: Was heisst böse werden? Das Adjektiv böse hat immer einen negativen Anstrich. Wir haben sicher gewisse Ansprüche, die wollen wir mit ins Team bringen. Fehler gehören dazu, sie unterlaufen allen Spielern, davon sind Christian Gentner und ich nicht ausgenommen. Wir müssen als Team und als Klub wachsen, alles investieren, um weiterzukommen. Das ist das Wichtige, dass jeder verzichtet, um perfekt zu performen, und alles dafür zu tun, um der Mannschaft zu helfen. Das kennen wir aus unserer Vergangenheit, jeder soll diesen Hunger auf Siege spüren.

Auf Instagram haben Sie viele Reaktionen nach dem Transfer zu Luzern erhalten. Ihr ehemaliger Bayern-­Mitspieler Thomas Müller schrieb: «Good luck und vor allem viel Spass im wunderschönen Luzern.» Wird der Spassfaktor hier gross sein?
In erster Linie soll Fussball Spass machen. Wenn man erfolgreich ist, dann macht’s immer Freude. Selbst wenn man eine Phase hat, während der es nicht so läuft, sollte trotzdem eine Leichtigkeit und Spass am Fussball vorhanden sein. So hat Thomas Müller das gemeint. Klar sehen viele die Schweiz als schönes Land mit einer hohen Lebensqualität, die existiert in Luzern definitiv. Aber ich bin hier, um Fussball zu spielen und nicht, um das Leben zu geniessen, sondern um alles zu geben und möglichst gute Leistungen abzurufen und dem Team zu helfen.​

Haben Sie mit Ex-Bayern-Teamkollege Xherdan ­Shaqiri gesprochen – gab er Ihnen Tipps für die Schweiz?
Nein, mit «Schacky» habe ich momentan keinen Kontakt, ich verstand mich immer super mit ihm, er war mein Nachbar in der Bayern-Kabine, ein feiner Kerl. Wenn wir uns mal wieder sehen oder hören, ist der Draht und die gute Beziehung zu ihm sofort wieder hergestellt.

Bei den Bayern durfte Badstuber gemeinsam mit Xherdan Shaqiri den Meistertitel bejubeln.
Bei den Bayern durfte Badstuber gemeinsam mit Xherdan Shaqiri den Meistertitel bejubeln. IMAGO / Ulmer

Christian Gentner hat mit Ihnen bereits beim VfB Stuttgart zusammengespielt. Hat er mitgeholfen, Sie zum FC Luzern zu holen?
Ich glaube schon, dass er Einfluss hatte, so wie ich das aus der Ferne wahrgenommen habe. Trainer Fabio Celestini und Sportchef Remo Meyer befragten ihn über meine Person. Was da genau besprochen wurde, weiss ich nicht. Ich habe mit Christian ein sehr gutes Verhältnis und kenne ihn schon sehr lange – aus der Stuttgarter Jugend noch. Zwei Jahre spielten wir dann bei den Profis des VfB, wir kennen uns ausserhalb und auf dem Feld sehr gut. Auf dem Platz weiss ich, was er macht und der Mannschaft gibt. Das macht mir das Leben einfacher.

«Man sollte nicht zu viel geben aufs Thema Geld.»
Holger Badstuber

Ein Blauer hat einen Roten geholt, würde man in ­München sagen. Remo Meyer spielte einst für 1860, Sie für Bayern. Geht so was?
In München gibts für mich nur die Farbe Rot, aber hier in Luzern sollte man die Sache anders bewerten. Es sind neue Farben mit Blau und Weiss; mir gefallen das Stadion und das Dress in diesen Farben. Damit kann ich mich auch voll identifizieren.

Das grosse Geld verdienten Sie in der Karriere bei den Bayern, beim VfB Stuttgart und bei Schalke 04. Jetzt dürfte es einiges weniger sein, war das kein Grund, der gegen Luzern sprach?
Für viele ist immer das Geld das Thema. Besonders den jungen Spielern möchte ich mitgeben, sich nicht von den sozialen Medien und allen anderen Einflüssen verführen zu lassen. Man muss den Jungen beibringen: Wer Leistung bringt, bekommt alles andere wie Geld, Ruhm und Popularität von allein. Man sollte nicht zu viel geben aufs Thema Geld, sondern sich auf die Arbeit konzentrieren.

Ihre Motivation, zum FC Luzern zu gehen, hat also nicht mit dem Salär zu tun?
Nein, es ist ein emotionales Thema, ich habe ein sehr gutes Gefühl bekommen, als ich mit den Verantwortlichen des FC Luzern sprach. Trainer Fabio Celestini hat mich ebenfalls überzeugt. Er sagte deutlich, was er von mir möchte, was er für eine Spielidee hat und was er für ein Typ ist. Er hat Hunger nach mehr, will erfolgreich sein. Als Ex-Profi hat er Empathie und Einschätzungsvermögen für die Spieler. Das gibt mir das gute Gefühl, dass wir mit ihm erfolgreich sein werden. Zusammen mit der Mannschaft werden wir Schritt für Schritt weiterkommen.

Mit den klingenden Namen der Neuzugänge Badstuber und Gentner steigt die Erwartungshaltung. Das dürfte für Sie nach der Bayern-Zeit kaum ein Problem sein.
Das ist ein Teil des Jobs, ich habe selber Erwartungen an mich, die will ich mit aller Macht erfüllen. Was extern alles passiert, das kann man eh nicht beeinflussen. Es tut jeder gut daran, seinen Job zu erfüllen, möglichst alles zu investieren, um alles dem Team geben zu können.

«Ich bin ein Spieler, der sich selber treu bleibt, egal in welche Situation er gerät.»
Holger Badstuber

Die wichtigste Frage wird sein, ob Ihr Körper durchhält. Gehen Sie mit mir einig?
Wenn man auf die Statistiken der vergangenen vier Jahre schaut, dann sieht man, da ist nichts Gravierendes mehr gewesen. Das Thema Körper ist Teil meiner Karriere, aber damit kann ich umgehen – und ich weiss, dass er funktioniert. Ich weiss, was ich investiere, um 100 Prozent geben zu können.

Wie war die Situation vor einem Jahr, als der Trainer in Stuttgart erklärte, Sie ­müssen zu den Amateuren?
Das war ich nicht gewohnt. Ich bin ein Spieler, der sich selber treu bleibt, egal in welche Situation er gerät. Das habe ich mir selber wieder bewiesen. Was andere von mir denken, ist nicht bedeutend. Für mich war wichtig, den Vertrag zu erfüllen. Das habe ich während meiner ganzen Karriere getan, so bin ich als Mensch. Ich fange was an, und bringe es zu Ende.

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Bei Stuttgart durfte Badstuber zuletzt nicht mehr in der ersten Mannschaft spielen.Bild: keystone

Sind Sie bereit für die höchste Schweizer Liga – vielleicht schon beim Startspiel am Samstag zu Hause gegen YB?
Ich stehe in meiner ersten vollen Trainingswoche, bin in engem Austausch mit dem Trainer und dem Trainerteam. Wir werden Ende Woche sehen, ob es bereits reicht. Wichtig ist, dass ich meinen Trainingsrückstand zu den anderen aufhole, daran arbeiten wir gegenwärtig. Sobald ich 100 Prozent fit bin, sollte ich spielerisch mithalten. Ich kann mein eigenes Leistungsvermögen gut einschätzen.​

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