Ardon Jashari betritt den Raum und wundert sich über das grosse Medienaufkommen an diesem Freitag in Luzern. Erstmals spricht der Nationalspieler wieder, das Interesse an ihm ist gross.
Im Sommer wollte der 21-Jährige unbedingt zum FC Basel wechseln, doch der FC Luzern legte sein Veto ein. Nun ist er noch immer in der Innerschweiz - und spricht über den geplatzten Transfer zu jenem Klub, gegen den er am Donnerstag getroffen hat.
Ardon Jashari, es kam so, wie es kommen musste: Beim ersten Spiel gegen den FC Basel nach dem gescheiterten Wechsel erzielen Sie das entscheidende Tor zum 1:1-Ausgleich. Danach haben Sie nur verhalten gejubelt. Wie war Ihre Gefühlslage?
Ardon Jashari: Es ist immer speziell in Basel zu spielen. Nachdem, was alles geschrieben wurde, sowieso. Aber es macht mich immer stolz, für den FC Luzern auf dem Platz zu stehen. Nach dem Tor habe ich nur verhalten gejubelt, weil der Assistent zunächst ein Abseits angezeigt hat. Danach war ich schon fast bei der Mittellinie, da wäre es schräg gewesen, wenn ich noch zur Eckfahne gesprintet wäre (lacht).
Im Sommer haben Sie in einem Interview mit CH Media gesagt, dass Sie zum FC Basel wechseln wollten. Danach verhinderte der FC Luzern den Transfer, Sie blieben in der Innerschweiz, verloren aber das Captainamt. Was ist Ihre persönliche Lehre aus dem letzten Sommer?
Ich bin einer, der immer seine Meinung sagt. Doch das Interview würde ich in dieser Form wohl nicht mehr geben. Ich würde wieder ein Interview geben, aber verständlicher und im richtigeren Moment. Leider haben mich viele falsch verstanden. Ich habe mich nie gegen den FC Luzern gestellt.
Was wollten Sie mit dem Interview bewirken?
In diesem Moment hat es sich richtig angefühlt, das Interview zu geben. Ich habe nicht damit gerechnet, dass so darüber geredet und geschrieben wird, wie es dann passiert ist. Für mich war das Interview klar, für einige aber leider nicht. Ich habe daraus gelernt und würde es in Zukunft sicher anders machen. Worauf ich jedoch stolz bin, ist, dass wir danach im Verein einen guten Austausch hatten und ich da grosses Verständnis erfahren habe. Das sieht man auch auf dem Platz mit den guten Leistungen.
Sportchef Remo Meyer hat sich bei der Vertragsverlängerung im Sommer vor einem Jahr so geäussert, dass er Ihnen bei einem Transfer keine Steine in den Weg legen möchte. Fühlten Sie sich von ihm hintergangen, als er den Wechsel zum FC Basel verhinderte?
Wir haben uns ausgetauscht, ich habe klar meine Meinung gesagt und er seine. Ich habe dann auch die Sichtweise des Klubs verstanden. Es macht mich auch stolz, dass der Verein, bei dem ich gross geworden bin, um mich gekämpft hat - und nicht wollte, dass ich zu einem Ligakonkurrenten wechsle.
Im Jahr zuvor durfte Filip Ugrinic zu den Young Boys, Sie nun nicht zu Basel. Fühlen Sie sich unfair behandelt?
Nein, gar nicht. Mir zeigt das eher, dass ich jetzt eine andere Rolle beim FC Luzern habe, als sie damals Ugrinic beim FCL hatte. In Luzern hat man mir grosses Vertrauen ausgesprochen und wollte mich halten.
Gab es von Sportchef Meyer und Trainer Mario Frick Vorwürfe an Sie?
Vorwürfe gab es nicht, ich habe einfach die Captainbinde nicht mehr (lacht). Aber das ist kein grosses Problem für mich. Mario und Remo waren selber auch Spieler, auch bei ihnen gab es in der Spielerkarriere sicherlich Situationen, in denen der Klub nicht immer dieselbe Meinung hatte wie sie. Sie konnten mich deshalb verstehen. Es hat nie einen grossen Knall gegeben.
Nach dem gescheiterten Wechsel wurden Sie für zwei Spiele aus dem Kader gestrichen, seither sind Sie nicht mehr Captain beim FC Luzern.
Das ist für mich kein Problem. Ich bin genau gleich, egal ob ich die Binde am Arm trage oder nicht. Meine Mentalität, mein Charakter und mein Wille haben sich nicht verändert. Das haben auch meine Mitspieler und der Trainer gespürt. Entscheidend war, dass die Leistung auf dem Platz gestimmt hat, als ich wieder dabei war.
Dennoch ist mit der Captainbinde auch ein Zeichen nach aussen verloren gegangen.
Ich war lange genug Captain dieses Teams, mein Wort hat immer noch Gewicht. Wenn ich etwas sage, werde ich respektiert. Meine Rolle ist immer noch genau dieselbe wie vor dem Sommer.
Neben Basel gab es Klubs aus europäischen Topligen, die Interesse zeigten. Weshalb sind Sie nicht ins Ausland gewechselt?
Es gab einige Anfragen aus Deutschland, aus England, aus Italien und von belgischen Topklubs. Aber für mich ist kein Verein in Frage gekommen, weil das Gesamtpaket nie ganz stimmte.
Weshalb hätte Sie das Projekt beim FC Basel gereizt?
Ich habe beim FCB eine enorme Wertschätzung gespürt. Ich hätte die Rolle, die ich beim FCL habe, auch beim FC Basel übernommen. Wenn man die beiden Vereine anschaut, dann ist in Basel immer noch alles ein bisschen grösser. Für meinen Entwicklungsprozess wäre das ein spannender Wechsel gewesen. Ich wohne noch bei meinen Eltern, auch hierbei hätte sich einiges verändert. Das Wissen, dass man bei einem neuen Klub sogleich eine Führungsrolle übernehmen dürfte, hat man nicht oft.
Sind Sie dennoch froh, nicht zum FC Basel gewechselt zu sein, bei dem alles drunter und drüber läuft?
Man weiss nie, wie es herausgekommen wäre, wenn ich in Basel spielen würde. Fussball ist ein Mannschaftssport und darum ist es schwierig zu beurteilen, wie der FCB mit mir dastehen würde.
Bei einem Transfer ist oft auch der finanzielle Aspekt wichtig. Beim FC Luzern verdienen Sie drei- bis viermal weniger als Sie es beim FC Basel getan hätten. Wie sehr schmerzt Sie das?
Wenn ich gesund bleibe und ich meinen Weg weitermachen kann, werde ich sicherlich mehr Geld verdienen können. Als junger Spieler ist es viel wichtiger, dass ich zum Spielen komme und mich gut weiterentwickeln kann. Sonst hätte ich auch einen Transfer ins Ausland machen können, bei dem anderes nicht ganz gepasst hat. Aber das zeigt auch, dass ich meine Karriere nicht nach dem Geld ausrichte.
Viele Fussballer sorgen sich auch für Ihre Familie. Wäre es demnach wichtig gewesen, dass Sie einen lukrativen Vertrag hätten unterschreiben können?
Das Wichtigste für meine Familie ist es, dass ich mich wohlfühle, das Finanzielle steht hierbei nicht im Vordergrund. Ich wohne immer noch bei meinen Eltern, musste mit ihnen noch nie über finanzielle Dinge diskutieren.
Lange wurde darüber spekuliert, dass Sie als Nationalspieler bereit für einen grösseren Transfer seien. Haben Sie sich im letzten Sommer unter Druck gefühlt, einen Wechsel zu forcieren?
Nein, nicht unbedingt. Was man bei mir manchmal vergisst, ist, dass ich noch nicht einmal zwei Jahre Profi bin. Bei mir ging alles sehr schnell: Ich wurde Profi, Stammspieler, Captain, Nationalspieler, durfte zur WM. Für die Aussenstehenden war es vielleicht klar, dass ich wechseln würde. Aber mir geht es darum, eine langfristige Karriere hinzulegen. Mir ging es nicht darum, einen Auslandtransfer zu machen und mit 24 wieder in der Schweiz zu spielen, weil es nicht reichte. Mein Ziel ist es, eine Karriere zu machen wie Manuel Akanji oder Granit Xhaka.
Sie haben Xhaka angesprochen, zu dem Sie einen engen Draht haben. Haben Sie ihn im Sommer um Rat gefragt?
Wenn es um einen Transfer geht, schaue ich das in erster Linie mit meinem Berater und der Familie an. Aber Granit ist der erste Spieler, mit dem ich ein solches Thema bespreche. Er hat in diesem Fall aber erst davon gehört, als das Interesse öffentlich war. Daraufhin hat er mir seine Hilfe angeboten, doch das Thema war schnell vom Tisch, weil der FCL sein Veto einlegte.
Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Granit Xhaka beschreiben?
Wir hören uns häufig. Wir reden viel darüber, wie ich mich fühle und er gibt mir sehr häufig Tipps. Er ist zehn Jahre älter als ich, spielt auf derselben Position, vom Charakter sind wir uns auch sehr ähnlich. Ich schaue viele seiner Spiele, versuche, mir Dinge abzuschauen. Für mich ist er ein Vorbild. Deshalb ist er die Person, die mir am besten Tipps geben kann.
Der FC Luzern kann am Sonntag mit einem Sieg gegen Zürich zum ersten Mal seit 12 Jahren wieder Leader werden. Was bewirkt das im Team?
Es pusht uns extrem. Ich gehe davon aus, dass man diese Lust, Leader zu werden, am Sonntag auf dem Platz sehen wird. Die Fans unterstützen uns immer aussergewöhnlich, das wird auch dann wieder der Fall sein.
Was ist in dieser Saison für den FCL möglich?
Ich denke, es geht darum, dass wir uns weiter entwickeln. Wir nehmen Spiel für Spiel. Dann ist einiges möglich.
Im Formulieren von Zielen sind Sie also anders als Granit Xhaka, der auch schon vom Weltmeistertitel mit der Schweiz sprach.
Natürlich bin ich auch ein Winnertyp, ich will immer gewinnen. Aber man muss auch sehen, wo wir herkommen. Vor zwei Jahren waren wir noch in der Barrage gegen den Abstieg, deshalb tut es uns gut, realistisch zu bleiben. Wir sind nicht YB, das im letzten Jahr das Double holte. Aber in den Spielen gegen die guten Teams waren wir auf Augenhöhe. Das gibt uns Vertrauen.
Bernhard Alpstaeg hat in Ihrer Karriere eine wichtige Rolle gespielt. Wie sieht das Verhältnis zu ihm heute aus?
Derzeit habe ich keinen Kontakt zu ihm. Er hat mich unterstützt als ich jung war, dann ist passiert, was alle mitgekriegt haben.
Was sagen Sie zum neuen Theater, bei dem es diesmal um das Stadion geht?
Wir hatten zuerst ein Theater mit mir, jetzt geht es um das Stadion. Für mich spielt das keine grosse Rolle. Ich konzentriere mich ganz auf das Sportliche. Es geht mir darum, dass wir mit dem Team Erfolg haben können.
Im Sommer klappte es nicht mit einem Wechsel. Möchten Sie nun lieber schon im Winter weg oder erst im nächsten Sommer?
Ich mache mir da keine Gedanken. Mir geht es jetzt darum, Minuten sammeln zu können, gut zu spielen, gemeinsam mit dem Team Erfolg zu haben, die Fans glücklich zu machen - und zu zeigen, was ich kann.
Ex-FCL und heutiger FCB-Verteidiger Mohamed Dräger sagte in einem Interview mit dem «Blick», er könnte nie zu YB wechseln. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Derzeit kann ich mir ein Wechsel zu YB nicht vorstellen. Und irgendwann ist man in einem Alter, in dem der richtige Sprung kommen wird. Im nächsten Sommer werde ich 22. Irgendwann ist es mein Ziel, ins Ausland zu wechseln. (aargauerzeitung.ch)