Gibt es eine Neuauflage des Kampfes zwischen Mike Tyson und Evander Holyfield? Die Zeichen verdichten sich. «Iron Mike» hat ein Video veröffentlicht, das ihn beim Training zeigt. Der 53-Jährige zeigt darin seine nach wie vor grosse Schlagkraft. Tyson blickt am Ende des Clips in die Kamera und verkündet: «I'm back!»
Das wäre an sich nicht ungewöhnlich. Doch was die Aussage besonders macht: Es sind genau dieselben Worte, wie sie Evander Holyfield vergangene Woche verwendet hatte. Auch der 57-Jährige, dem einst von Tyson ein Stück des rechten Ohrs abgebissen worden war, kündigte ein Comeback an.
Beide Faustkämpfer wollen mit Showkämpfen Geld für einen guten Zweck sammeln. Gut möglich, dass es zu einer Neuauflage ihres Duells kommt. Holyfield sagte dazu: «Das hängt davon ab, wie viel Geld sie mir versprechen.» Er würde nicht in den USA boxen, ergänzte er, da im Ausland mehr zu verdienen sei. Wie viel Show würde im Kampf stecken? Wer wäre ohne Show zu favorisieren? Fällt man sein Urteil aufgrund der beiden kurzen Instagram-Videos, ist es wohl Tyson.
Tyson, im «Beastmode» schwitzend, versah sein Video mit dem Hashtag #stillthebaddestmanontheplanet – er sei immer noch «der böseste Mann des Planeten». Ein Attribut, das er sich in den 80er-Jahren erkämpft hatte. 1986 wurde der New Yorker mit erst 20 Jahren der jüngste Schwergewichtsweltmeister der Geschichte. Er boxte sich in den Olymp – und sackte tief ab. Wegen Vergewaltigung musste er 1992 für drei Jahre ins Gefängnis, in dem er zum Islam konvertierte. Ein Schritt, den Jahrzehnte vor ihm schon Muhammad Ali, der gebürtige Cassius Clay, ergriffen hatte.
Seiner Popularität tat der Gefängnisaufenthalt keinen Abbruch. Die Leute wollten Tyson wieder boxen sehen. Nach vierjährigem Unterbruch schlug er beim Comeback Peter McNeeley in 89 Sekunden k. o. und im Frühling 1996 wurde Tyson ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis nach einem Sieg gegen Frank Bruno wieder Weltmeister.
Im November 1996 und im Juni 1997 kam es zu zwei legendären Kämpfen gegen Evander «The Real Deal» Holyfield. Im ersten Kampf dominierte Holyfield seinen Gegner überraschend, der Ringrichter brach den Fight in der elften Runde ab. In die Geschichtsbücher ging der Rückkampf ein. Erneut war Tyson der schwächere Boxer – der in der dritten Runde ein Stück von Holyfields Ohr abbiss. Natürlich bedeutete dies die Disqualifikation.
Nun war es vorbei mit der ganz grossen Popularität Tysons. In den Augen von immer mehr Menschen war er nichts als ein durchgeknallter Schläger. Wegen des Bisses wurde ihm die Box-Lizenz entzogen, Veranstalter kündigten Verträge, bei einem Töffunfall verletzte er sich schwer, nach einem Autounfall vermöbelte er zwei andere Männer, weshalb er erneut ins Gefängnis musste.
Es folgten Comebackversuche, massive Geldprobleme, weitere Konflikte mit dem Gesetz, der Unfalltod seiner vierjährigen Tochter, übermässiger Alkoholkonsum, ein grosses Gesichtstattoo («Ich hasste meine Visage und wollte mir irgendwie ein neues Gesicht verschaffen») und gefeierte Gastauftritte in den «Hangover»-Filmen.
Auch Evander Holyfield gab mehr als einmal seinen Rücktritt bekannt und kehrte dann doch in den Ring zurück. Als er 1996 gegen Tyson den WM-Gürtel errang, befand er sich bereits in seiner «dritten» Karriere – und durch den Triumph gelang ihm, was zuvor nur Ali gelungen war. Holyfield wurde der zweite Boxer, der drei Mal einen Schwergewichtstitel erringen konnte. 2008 war er gegen Nikolai Walujew nahe an einem weiteren WM-Triumph, als er im Zürcher Hallenstadion von den Punkterichtern verschaukelt wurde. 2010 wurde Holyfield mit 47 Jahren noch einmal Weltmeister, als er mit Francois Botha einen anderen «Saurier» bezwang. Er verteidigte den Titel 2011 und trat anschliessend endgültig zurück.
Wie Tyson sorgte auch Holyfield neben dem Ring für Schlagzeilen. Der gläubige Christ ist Vater von elf Kindern, die er mit sechs verschiedenen Frauen hat, er verkaufte unter seinem Namen im Teleshopping einen Grill, trat in diversen TV-Serien und -Shows auf, vom «Prinz von Bel Air» über «Big Brother» bis zu «Dancing with the Stars» und dessen argentinischem Pendant «Bailando».
Die Auftritte hat er nötig, denn ihn plagten schwere Geldsorgen. Obwohl er im Verlauf seiner Laufbahn mehr als eine halbe Milliarde Dollar verdient hatte, war er 2012 pleite. Vor diesem Hintergrund erstaunen auch die jüngsten Comeback-Pläne nicht. Kommt es tatsächlich zu einem dritten Kampf zwischen Mike Tyson und Evander Holyfield, kann zwar nur einer gewinnen. Aber durch millionenschwere Kampfbörsen wären beide schon vor dem ersten Gong Sieger.