Roger Federer, wie haben Sie die Partie erlebt?
Roger Federer: Ich denke, es war ein gutes Spiel mit allem drin, was den Fans gefällt. Der Umschwung im ersten Satz, Djokovic, der im zweiten zurückkam. Dann der ausgeglichene dritte Satz, das Hin und Her im vierten und schliesslich das Drama im fünften. Das Niveau war gut, auch wenn ich nicht denke, dass ich mein absolut bestes Tennis gespielt habe. Alles in allem war es ein grossartiger Match, und es hat Spass gemacht, Teil davon zu sein.»
Wie haben Sie es geschafft, nochmal zurückzukommen, nachdem Sie schon fast tot waren?
Ich hab mich einfach weiter reingehängt. Ich habe es lange nicht geschafft, Novak in seinen Aufschlagspielen unter Druck zu setzen. Es ist eine Sache, keine Breaks zu schaffen; das kann passieren, wenn der andere gut serviert. Er hat einen guten Job gemacht, aber ich bin ja nicht mal in die Nähe eines Breaks gekommen, er konnte sich immer in Sicherheit fühlen bei seinem Aufschlag. Erst, als ich im vierten Satz bereits im Rückstand lag, habe ich besser zu verstehen begonnen, wie ich returnieren muss. Ich habe immer an die Wende geglaubt, habe mich reingehängt. Ich bin froh, dass das irgendwie belohnt wurde. Ich wäre mehr enttäuscht, wenn ich in vier Sätzen verloren hätte, auch wenn es nun doch nicht zum Sieg gereicht hat.
Was haben Sie ab dem vierten Satz verändert beim Return?
Ich bin ein wenig anders an die Returns herangegangen, habe vor allem auch von der Grundlinie besser gespielt. Letztlich war aber der Return mein Hauptproblem heute. Das ist es, wo ich das Spiel verloren habe.
Könnte es sein, dass dies Ihr letzter Grand-Slam-Final war?
Diese Frage hätten sie mir genauso gut 2003 (nach Federers erstem Wimbledonsieg; d. Red.) stellen können, und ich hätte die Antwort genauso wenig gewusst. Egal, ob bei Olympia, der Fussball-WM oder im Tennis, es gibt keine Garantie, dass du nochmals da hinkommst. Ich bin aber sehr glücklich mit meinen Leistungen in den letzten zwei Wochen. Das lässt mich definitiv glauben, dass dies nur ein Schritt auf dem Weg zu vielen grossartigen Sachen in der Zukunft war.
Hatten Sie Anfang des fünften Satz das Gefühl, das Momentum sei auf Ihrer Seite?
Nein, ich dachte, es sei eine ausgeglichene Sache. Für ihn war es nach dem vierten Satz auf jeden Fall wichtig, seine ersten ein oder zwei Aufschlagspiele zu gewinnen.
Was ist der positivste Aspekt nach einem solchen Final?
Dass ich konstant grosses Tennis spielen konnte und wieder gute Emotionen spüre, auch wenn es am Ende hart war. Dem Rücken geht's gut, ich bin wieder fit. Nun freue ich mich auf Ferien, und dann bringe ich mich wieder in Form für die Turniere in Nordamerika.
Sie scheinen die Niederlage relativ locker wegzustecken. Täuscht der Eindruck?
Ja, so locker ist es schon nicht. Gleich nach dem Verlassen sind kurz die Dämme gebrochen. Aber dann habe ich meine Familie gesehen, da war die Traurigkeit schnell weg. Vielleicht kommt aber die grosse Enttäuschung erst noch.
Werden Sie nun auch auf anderen Belägen versuchen, Ihr aggressiveres Spiel umzusetzen?
Darüber denke ich natürlich nach. Ich weiss es auch nicht. Es wäre aber schon lässig, mit etwas mehr Abwechslung zu spielen und nicht immer nur langweilig von der Grundlinie. Wir werden sehen, was möglich ist.
Was nehmen Sie nun für die Zukunft mit?
Ich habe gut gespielt, aber nicht traumhaft. Es tut sicher gut zu sehen, wie nahe ich damit an der Nummer 1 in ihrem besten Alter (Djokovic ist 27-jährig; d. Red.) bin. Das lässt auf vieles hoffen. (si)