Es überrascht, wenn ein Olympiasieger sagt: «Mir ging es nie um Medaillen und Titel.» Grösser noch ist die Überraschung, wenn es sich beim Olympiasieger um Sonny Schönbächler handelt. Um ihn, der ausdrücklich für die Winterspiele 1994 nochmals zurückgekehrt war – den Rücktritt vom Rücktritt gegeben hatte.
Sport sei immer auch ein Mittel zum Zweck gewesen: «Mein Weg in die Freiheit», sagt Schönbächler im Rückblick auf seine Karriere – von der der Öffentlichkeit vor allem das Ende geblieben ist: sein Sieg in Lillehammer.
Trotz widriger Vorzeichen hatte sich der damals 28-Jährige zum ersten Skiakrobatik-Olympiasieger katapultiert. Und seine Sportart damit auf den Radar der Sportfans. Seine Sprünge zum Sieg, zuerst der einfachere «full-full-full» (ein Dreifachsalto mit drei Schrauben), dann das Meisterstück mit einem Dreifachsalto und vier Schrauben (full-doublefull-full), sind ihm noch heute präsent. «Auch weil ich häufig daran erinnert werde», sagt er.
Ohnehin erinnert sich Andreas «Sonny» Schönbächler an viele seiner Erlebnisse präzis; ob gute oder schlechte. Und wenn er davon berichtet, ist es, als durchlebe er sie erneut. So erzählt er von seinem schlimmen Sturz beim Weltcup-Springen im kanadischen Le Relais drei Wochen vor Lillehammer. Der Sturz hätte ihn die Olympia-Teilnahme kosten können.
Bei Temperaturen von minus 40 Grad hatte Schönbächler auf eisiger Unterlage die Kontrolle über die Ski verloren, war unkontrolliert durch die Luft gespickt und nach dreidreiviertel Salti und viereinhalb Schrauben mit dem Rücken in den Schnee geknallt. «Es war das erste und einzige Mal, dass ich bei einem Sprung die Orientierung verloren habe. Im schlimmsten Fall hätte ich querschnittgelähmt oder tot sein können», sagt er.
In positiver Erinnerung blieb Schönbächler dagegen der Empfang in Affoltern am Albis nach seiner Rückkehr aus Lillehammer. «Das ganze Dorf war auf den Beinen und empfing mich mit Fackeln und Musik. Ein besonders herzlicher Empfang.» Es sind solche Erlebnisse, denen der sechsfache Vater grössere Bedeutung beimisst als Titeln und Trophäen. Die Pokale aus seiner Aktivzeit hat er entsorgt. «Nur die Goldmedaille habe ich noch irgendwo in einer Kiste.»
Der Skiakrobatik-Szene ist Schönbächler heute noch verbunden. Besonders durch das «Jumpin», eine Trainingsanlage für Skiakrobaten in Mettmenstetten, die er nach seinem Triumph ins Leben gerufen hat. «Ohne Goldmedaille wäre dieses Projekt nicht zustande gekommen», ist Schönbächler überzeugt.
Gemeinsam mit seinem Coach Michel Roth hatte er die Idee zum Bau der Wasserschanze entwickelt – inmitten der rauschenden Partynacht von Lillehammer. Und obwohl er die Führung des «Jumpin» unterdessen abgegeben hat, schaut er dort noch regelmässig vorbei: «Zumindest um einen guten Tag zu wünschen.» (ram/sda)