Sport
Unvergessen

2006: Brasiliens Weltmeister machen aus Weggis eine Mini-Copacabana

Fans of the Brazilian national soccer team cheer during a trainingsession in Weggis, Switzerland, on Thursday, 25 May 2006. The Brazilian team is in Weggis to prepare for the upcoming World Cup in Ger ...
14 Tage lang Samba-Party am Vierwaldstättersee.Bild: KEYSTONE
Unvergessen

Die brasilianischen Weltmeister machen aus Weggis eine kleine Copacabana

22. Mai 2006: Ronaldo, Ronaldinho, Kaká – sie kommen alle! Brasilien bereitet sich in Weggis am Vierwaldstättersee auf die Fussball-WM in Deutschland vor. Der Titelverteidiger zieht – die Begeisterung ist riesig.
22.05.2023, 00:0515.05.2023, 14:39
Ralf Meile
Folge mir
Mehr «Sport»

2002 wird Brasilien in Japan und Südkorea Fussball-Weltmeister. Da ist das Ziel für das Turnier vier Jahre später klar: In Deutschland soll der Titel verteidigt werden. Zur Vorbereitung entscheidet sich der Verband, sein Quartier in Weggis LU aufzuschlagen.

Am Vierwaldstättersee ist die Vorfreude riesig. Der Fussballplatz wird für 1.5 Millionen Franken umgebaut, der Metzger bietet «Brasil-Würstli» an und die total 56'000 Tickets für die Trainings gehen weg wie warme Weggli.

Brasilien in Weggis: Die besten Bilder

1 / 22
Brasilien vor der WM 2006 in Weggis – die besten Bilder
Landschaftsgärtner Jonas Rieder rollt den aus Deutschland importierten WM-Rasen aus.
quelle: keystone / urs flueeler
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Eine Aufregung, die sich die Schweiz nicht gewohnt ist

Der dreifache Weltfussballer Ronaldo und Gilberto Silva sind am 22. Mai die ersten Spieler, die im Park Hotel eintreffen. Danach folgen die Milan-Spieler Dida, Cafu und Kaká, die mit dem Auto anreisen, und später mit einem Sonderflug der Rest der rund 50-köpfigen Delegation.

Impressionen eines Trainings der Seleção.Video: YouTube/SWISSelBURRO

Die Brasilianer sind sich die Dimensionen gewohnt, für die Schweiz ist das gewaltige Interesse eher ungewohnt. 21 Fernsehkameras werden an der ersten Medienkonferenz von Trainer Carlos Alberto Parreira gezählt, rund 50 Fotografen und um die 100 Journalisten sind anwesend. In Weggis will der Coach besonders an der Taktik feilen. «Nur mit spielerischen und technischen Feinheiten kann man nicht Weltmeister werden», betont er.

Ronaldinho zeigt den Fans in Weggis, was er draufhat.Video: YouTube/merturi

Fan umarmt Ronaldinho

Nach einigen Tagen in der Zentralschweiz schwärmt Parreira: «Die Fans hier sind herrlich. Sie massieren mit ihrer Begeisterung das Ego der Spieler, ohne unsere Arbeit zu stören.»

Da weiss er noch nicht, was sich kurze Zeit später ereignen wird. Ein weiblicher Fan schafft es, an den Sicherheitsleuten vorbei auf den Rasen zu gelangen und dort Ronaldinho zu umarmen.

A Brazilian fan who broke the security kneels down to embrace Brazilian striker Ronaldinho after a training session at Thermoplan arena in Weggis, central Switzerland, Friday, May 26, 2006. Brazil wil ...
Wahrscheinlich der schönste Tag in ihrem Leben.Bild: AP

Strahlende Gesichter, wohin man schaut

Der Ballvirtuose selbst nimmt's locker, weniger gelassen ist der brasilianische Verband. Bei den Trainings sind nun mehr Sicherheitskräfte anwesend, sie richten ihren Blick wie bei einem Match auf die Zuschauer. Und die Stehplatztribüne hinter dem Tor, von wo aus Ronaldinhos Verehrerin auf den Platz gelangte, wird gesperrt.

Der Ballzauberer bittet die Fans um Zurückhaltung: «Wir verstehen, dass das Volk begeistert ist. Aber es ist besser, während des Trainings eine gewisse Ordnung einzuhalten, damit wir uns weiterhin gut vorbereiten können.»

Juninho kann's mit jedem Ball
Freistosskönig Juninho verliess Weggis mit einem Titel. Er entschied das interne Ping-Pong-Turnier für sich. Im Final gewann Juninho gegen Goalie Dida. Vermutlich hatte der kleine Ball genau so viel Schnitt wie seine Freistösse …

Insgesamt 120'000 Fans machen aus Weggis eine «Voralpen-Copacabana». 880 akkreditierte Medienvertreter aus aller Welt berichten vom Vierwaldstättersee, alle 14 Trainings sind ausverkauft. Strahlende Gesichter, wohin man auch schaut.

Nach zwei Wochen ist der Spuk vorbei und OK-Präsident Edwin Rudolf zieht die zufriedene Bilanz, dass er «von A bis Z glücklich und zufrieden» sei.

Die Spieler der Selecao verabschieden sich nach dem letzten Training der Brasilianischen Fussball Nationalmannschaft am Samstag, 3. Juni 2006 in Weggis von den treuen Fans. Ueber 110'000 begeiste ...
Nach dem letzten Training verabschiedet sich die Mannschaft von den Fans in der Schweiz.Bild: KEYSTONE

Und so ging es weiter

Ob es an der Vorbereitung lag? An der WM in Deutschland kann die Seleção nicht überzeugen. Zwar gewinnt sie alle drei Gruppenspiele und im Achtelfinal mit 3:0 gegen Ghana. Doch im Viertelfinal bedeutet Frankreich (0:1) überraschend früh Endstation.

Dejected Brazilian players Kaka (L) and Ronaldo after the quarter final of the 2006 FIFA World Cup between Brazil and France in Frankfurt, Germany, Saturday, 01 July 2006. France won 1-0. EPA/FRANK MA ...
Kaká und Ronaldo schleichen vom Platz – die WM ist für Brasilien vorbei.Bild: EPA
Unvergessen
In der Serie «Unvergessen» blicken wir jeweils am Jahrestag auf ein grosses Ereignis der Sportgeschichte zurück: Ob hervorragende Leistung, bewegendes Drama oder witzige Anekdote – alles ist dabei.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die grössten WM-Sensationen
1 / 13
Die grössten WM-Sensationen
Nordkorea gewinnt an der WM 1966 sensationell gegen Italien und kommt in den Viertelfinal. Dort ist Portugal mit dem überragenden Eusébio eine Nummer zu gross.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
6 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
6
Die ZSC Lions finden immer eine Lösung – 9. Folge
So nah und doch so fern: Lausanne war beim Finalauftakt einer Sensation so nahe und doch war der Sieg so fern: Die ZSC Lions finden halt immer eine Lösung. Diesmal sorgte mit Yannick Weber einer für die Wende, der eigentlich Tore zu verhindern hat.

Yannick Weber (35) ist ein weitgereister Haudegen aus dem Bernbiet. Erfahren aus 14 Jahren Nordamerika, mehr als 500 NHL-Spielen und Auftritten auf der ganz grossen Bühne: 2017 verliert er an der Seite von Roman Josi mit Nashville den Stanley Cup-Final.

Zur Story