Justin Sun ist der Gründer der Krypto-Plattform Tron. Sein Vermögen wird auf mehr als 30 Milliarden Dollar geschätzt. Da kann man sich auch mal einen Scherz leisten. Für 6,2 Millionen Dollar hat Sun bei einer Sotheby’s Aktion die an die Wand geheftete Banane erworben – und sie postwendend öffentlich verzehrt.
Was Sun hier getan hat, wird in der Politik «trolling» genannt, will heissen, mit provokativen Aktionen den Gegner zur Weissglut zu bringen. Auch wenn Sun nicht die Original-Banane verspeist hat – diese dürfte längst verfault sein –, sondern bloss einen Softwarecode erworben hat, so wird er sein Ziel trotzdem erreicht haben: Der Welt und vor allem den klassischen Geldtheoretikern zu zeigen, dass die Kryptos endgültig den Durchbruch geschafft haben und jetzt gekommen sind, um zu bleiben.
Sun hat nicht nur eine nicht ganz billige Banane gegessen, er hat auch Kryptos von der World Liberty Financial im Wert von 30 Millionen Dollar erworben. Diesmal ging es ihm nicht darum, irgendjemanden zu «trollen», diesmal ging es um handfeste Interessen. World Liberty Financial ist eine von Donald Trump gegründete Firma, die eigene sogenannte Tokens herausgibt. Die Firma wird von Trumps Söhnen und ein paar dubiosen Financiers geleitet, und selbst mein Krypto-begeisterter Chef rät eindringlich, die Finger davon zu lassen.
Finanziell mag Sun daher absurd gehandelt haben, politisch jedoch liegt er damit goldrichtig. Trump hat eine Kehrtwende vollzogen. So lange ist es noch nicht her, da hat er Kryptos als «Betrug» bezeichnet. Jetzt will er zum Krypto-Präsidenten werden und die USA zur führenden Krypto-Nation machen. Dass ihn nicht nur Sun, sondern die gesamte Krypto-Gemeinde im Wahlkampf mit mehr als 100 Millionen Dollar unterstützt haben, dürfte zu diesem Sinneswandel beigetragen haben.
Tatsächlich könnten die Rahmenbedingungen für Kryptos besser nicht sein. Gary Gensler, der Chef der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, hat bereits seinen Rücktritt angekündigt. Er war ein Krypto-Skeptiker und der Gott-sei-bei-uns der Krypto-Gemeinde. Gensler ersetzen soll Paul Atkins, ein erklärter Krypto-Fan.
Davon hat es im vorgesehenen Trump-Kabinett jede Menge. Der als Handelsminister nominierte Howard Lutnick ist dank Kryptos zum Milliardär geworden, und der Schattenpräsident Elon Musk hat mit seiner Witz-Währung Doge soeben sein ohnehin schon astronomisches Vermögen um ein paar Milliarden Dollar aufgestockt.
Es dürften noch weitere dazukommen. Der Bitcoin-Kurs hat soeben erstmals die 100’000-Dollar-Grenze durchstossen. In der Krypto-Gemeinde herrscht deshalb Ekstase. So jubelt etwa Kris Marszalek, der CEO der Krypto-Börse crypto.com auf X: «Das ist ein unglaublicher Meilenstein für unsere Bewegung. Wir haben nie gezweifelt. Wir haben nicht gewankt. Und wir werden nie aufhören, weiterzubauen.»
Es ist gut möglich, dass diese Prophezeiung eintreffen wird. Inzwischen sind die Kryptos salonfähig geworden. BlackRock, der grösste Vermögensverwalter der Welt, ist mit ETFs ins Krypto-Geschäft eingestiegen. Sie verkaufen sich wie warme Brötchen. Ob Investmentbanker an der Wall Street oder Day-Trader im eigenen Schlafzimmer, alle stürzen sich auf Kryptos. Der Wert aller sich im Umlauf befindenden Bitcoins übersteigt mittlerweile die Zwei-Billonen-Dollar-Marke.
Eine Sich-selbst-erfüllende-Prognose zeichnet sich ab. Immer höhere Bitcoin-Kurse locken immer mehr Käufer an und treiben die Kurse immer weiter in die Höhe. Weil die sogenannten Quants, die hochprofessionellen Finanzzauberer bei Banken und Hedgefonds, wohl Mittel und Wege finden werden, Kryptos auch für technische Idioten und alte weisse Männer wie mich attraktiv zu machen, weil auch Pensionskassen auf den Geschmack kommen, und weil es bereits Forderungen gibt, die Zentralbanken müssten Bitcoins, das digitale Gold, als Reservewährung horten, ist eine weitere Explosion des Kurses ein realistisches Szenario geworden.
Dass die ursprüngliche Idee von Satoshi Nakamoto dabei in den Wind geschlagen wird, kümmert niemanden. Der rätselhafte und unbekannte Bitcoin-Gründer wollte eigentlich die Macht der Banken, insbesondere der Zentralbanken, brechen und eine Währung schaffen, die, anders als Fiat-Money, nicht manipuliert werden kann. Wer daran noch glaubt, dem hätte ich ein Occasion-Auto zu verkaufen.
Tim Swanson von der Londoner Blockchain-Firma Clearmatics erklärt denn auch im «Wall Street Journal»: «Ich finde es ironisch, was derzeit abgeht. Der zentrale Punkt von Bitcoin lag doch ursprünglich darin, eine alternative Zahlungs- und Finanzinfrastruktur ausserhalb des traditionellen Systems zu schaffen. Jetzt aber werfen sich die Bitcoiner den Regierungen in die Arme, ja sie erhalten mittlerweile gar Subventionen.»
All die hehren Sprüche von den «dezentralen, autonomen Organisationen» kann man sich abschminken. Die ehemaligen Cypherpunks, die den Staat in Gurkensalat verwandeln wollten, sind abgelöst worden von Typen, die vor allem eines wollen: sehr viel Geld verdienen.
Politisch ist die Bitcoin-Gemeinde eine Hochburg der Konservativen geworden. So jubelt etwa Cameron Winklevoss, verhinderter Facebook-Gründer und Krypto-Milliardär: «Dieser Boom ist anders. Wir haben einen gewählten Pro-Tech-Präsidenten, einen konservativen Senat, ein konservatives Abgeordnetenhaus und ein Mandat der Wähler.»
Wir haben auch die Voraussetzung für eine Finanzblase gigantischen Ausmasses. Martin Walker von der renommierten Warwick Business School zweifelt, dass die Aufsichtsbehörden den Krypto-Boom in den Griff bekommen werden. «Aus der Geschichte der Finanzkrise haben wir eines gelernt», erklärt er in der «Financial Times». «Die Risiken bauen sich in Bereichen auf, welche den Regulatoren lange verborgen bleiben. Die Schwachstellen eines Finanzsystems sind selten offensichtlich. Die Kryptos sind so gross geworden, dass sie ein Makro-Risiko darstellen. Diese Risiken sind beides: sehr gefährlich und wenig verstanden.»
1. In einem halben bis zu zwei Jahren wird der BTC mindestens einmal wieder auf unter 50'000 Dollar fallen.
2. In den nächsten 5 Jahren wird BTC minimum einmal 200'000 Dollar erreichen.