Die Stagnation in Europa, die Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten, die sinkenden Rohstoffpreise – das sind die meist genannten Faktoren für den Mini-Crash an den Aktienbörsen. Doch immer mehr macht etwas ganz anderes den Ökonomen Sorgen: Ebola.
Sicher: Ebola ist in erster Linie eine menschliche Tragödie. Doch die tödliche Krankheit kann auch die Weltwirtschaft empfindlich stören. Christine Lagarde, die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat an der jährlichen Tagung in Washington daher demonstrativ einen Button mit der Aufschrift getragen: «Isoliert Ebola, nicht Länder.»
Seit in Dallas eine Krankenschwester von einem Ebola-Patienten angesteckt worden ist, steigt die Gefahr, dass Länder isoliert werden. Das hat die ohnehin schon vorhandene latente Panik der Menschen verstärkt. Populisten, wie die beiden republikanischen Senatoren Ted Cruz und Rand Paul, fordern bereits, dass kein Flugzeug mehr aus Afrika in den USA landen darf.
Davon ist auch die Wirtschaft betroffen. Die «New York Times» zitiert David R. Kotok, Vorsitzender des Vermögensverwalters Cumberland Advisors: «Wenn Konsumenten und Geschäftsleute die Anzahl ihrer Flüge reduzieren, wenn sie ihre Ferienpläne und Geschäftsbeziehungen ändern, dann hat das in einer global vernetzten Wirtschaft Konsequenzen.»
Die Weltbank hat bereist einen «Ebola Impact Index» ausgearbeitet, mit dem die wirtschaftlichen Konsequenzen eingeschätzt werden können. Im besten Fall rechnet die Weltbank mit rund 20'000 Ebola-Fällen. Das wäre verkraftbar. Die schlechte Variante geht von 200'000 Fällen aus. Das hätte Folgeschäden in der Höhe von rund 30 Milliarden Franken.
Selbst 30 Milliarden Franken würde die Weltwirtschaft nicht umhauen. Die Gefahr lauert in der menschlichen Psyche. Bereits jetzt sind Länder wie Sierra Leone von der Weltwirtschaft abgeschnitten. «Die Isolation ist de facto ein wirtschaftliches Embargo», sagt Wirtschaftsminister Kaifala Marah.
Vorläufig ist diese Entwicklung auf ein paar afrikanische Staaten beschränkt. Das könnte sich rasch ändern, denn die meisten Afrikaner, die in die Vereinigten Staaten einreisen, tun dies via Europa. Sollte tatsächlich so etwas wie eine globale Ebola-Panik ausbrechen, dann würde dies auch bedeuten, dass auch der Flugverkehr zum Erliegen kommen könnte und weltweit die Grenzen geschlossen würden. Über die wirtschaftlichen Folgen dieses Szenarios kann man nur spekulieren. «Die ökonomischen Variablen einer Pandemie sind nicht zu berechnen», stellt die «New York Times» fest.