Sie haben schon mal Kobe-Beef ausserhalb Japans gegessen? Ja? Dann haben Sie leider noch nie Kobe-Beef gegessen. Das wahre Kobe gab es nämlich bis vor zwei Wochen in der Schweiz nicht. Es ist das Fleisch der reinrassigen Tajima-Rinder aus der japanischen Präfektur Hyogo mit Verwaltungssitz in Kobe. Das Gourmetstück muss von einem zertifizierten japanischen Züchter stammen, einem, der es irgendwie geschafft hat – sei es durch Beziehungen oder Geld – in den Verband der Wagyu-Züchter aufgenommen zu werden.
Was Sie gegessen haben, war wahrscheinlich Fleisch aus den USA oder Australien. Es stammte allenfalls von den 30 Tieren ab, die in den 70er Jahren den Weg in die USA schafften, bevor die japanische Regierung auf den Plan gerufen wurde. Vielleicht kam es aus einer dieser Zuchten, die nahe an die Qualität des Kobe herankommen. Oder aber Sie kamen in den Genuss eines echt geschmuggelten Kobe. Schlimmstenfalls haben Sie es selber geschmuggelt. Lassen wir das.
Jetzt ist es definitiv in der Schweiz angekommen. Das teuerste Fleisch der Welt, Japans Staatsheiligtum. Jenes sagenumwobene Rindfleisch, für das Köche töten und Feinschmecker ihre Mütter verkaufen würden. Die Japaner witterten endlich das Geschäft und liessen 2013 drei Schlachthöfe nach EU-Sicherheits-und Qualitätsstandards zertifizieren, um es exportieren zu können.
Die ersten, die es jetzt geschafft haben, das wahre Kobe in die Schweiz zu bringen, sind Marco Tessaro und Lucas Oechslin von Luma Delikatessen. Die beiden Jungs aus Schaffhausen haben sich in Haute-Cuisine-Kreisen einen Namen gemacht mit ihrer Idee, Fleisch durch einen speziellen Schimmelpilz zu veredeln. In eben diesen Kreisen knüpften sie auch die Kontakte, die sie jetzt, ein paar Jahre nach der Gründung von Luma, brauchten, um an das wertvolle Fleisch vom Wagyu (Wa=Japan, gyu=Rind), heranzukommen.
Und mit «wertvoll» ist vor allem «extrem teuer» gemeint. Ein Kilo des wahren Kobe-Beef-Striploin kostet 540 Franken, ein Steak davon 162. «Das lohnt sich!», sagt Marco Tessaro mit Inbrunst. Obwohl er persönlich die Qualität aus anderen Präfekturen bevorzugt, welche genauso gut wie Kobe, aber um einiges günstiger sind.
«Das ist Fleisch von einem anderen Planeten», sagt Tessaro: «Kobe zerbeisst man nicht, Kobe zerdrückt man leicht auf der Zunge, während sein Fleischgeschmack im Mund explodiert.» Man könne nicht viel davon essen, so hoch sei sein Fettgehalt. Kobe zergehe auf der Zunge wie ein Stück Butter.
Und dennoch soll es gesund sein. Ernährungswissenschaftler sagen ihm einen der höchsten Anteile an ungesättigten Fettsäuren nach. Kobe lässt den Cholesterinwert im Blut sogar sinken.
Das ist aber lange nicht alles, was die Legendenbildung um das sagenhafte Fleisch über die Jahrhunderte nährte: Die Wagyus würden täglich mit Sake einmassiert, mit Bier getränkt, im Stall würden sie mit klassischer Musik berieselt und jedes Tier habe einen eigenen Physiotherapeuten, hört man. Davon stimmt: «Nur wenig bis fast gar nichts», sagt Tessaro.
«Das Tajima-Rind besitzt eine ganz besondere Genetik», sagt er. Das seit Jahrhunderten unverändert gebliebene Erbgut der Rinder macht es ihnen möglich, so viel Fett anzulegen, dass dieses unvergleichliche Fleisch entsteht. Jedes Tier verfügt über einen dokumentierten Stammbaum, der eine lückenlose Rückverfolgung vom Händler bis zum Züchter ermöglicht.
Trinken tun die Rinder denn auch kein Bier, sondern sie kriegen Nahrung wie jede Kuh: Mais, Heu, Kraftfutter. Dass der eine oder andere japanische Bauer noch sein spezielles Getreide einfliegen lässt, möchte Tessaro aber nicht ausschliessen. Klar ist: «Fleisch wird gut, wenn sich das Tier wohl fühlt», sagt Tessaro. Regelmässige Duschen, viel Auslauf und wenig Stress gehört zum Alltag der Tajima-Rinder. Sie werden zwischen 600 und 1000 Kilogramm schwer und zwischen 30 und 32 Monaten alt. Ein Schweizer Rind lebt meist nur zwischen 11 und 18 Monaten. Zum Kobe wird das Beef aber erst, wenn es in der Region Kobe gelebt hat und auch da geschlachtet wurde.
Das erste Schweizer Kobe gibt es im Online-Shop von Luma Delikatessen zu kaufen: «Nur salzen!» beim Zubereiten, betont Tessaro.