Eigentlich könnte Hanneke Faber rundum zufrieden sein. Die Niederländerin ist seit Ende 2023 Chefin des Computerzubehör-Herstellers Logitech mit Sitzen in Lausanne VD und im kalifornischen Silicon Valley. Die einstige Spitzen-Taucherin, Unilever-Managerin und einzige weibliche CEO eines SMI-Unternehmens übernahm die Leitung der Firma zu einer Zeit, in der die Analysten mit den Logitech-Resultaten nicht mehr zufrieden waren. Nach dem Homeoffice-Boom während Corona verfehlte Logitech die Wachstumsziele.
Gleichzeitig schickte sich Logitech-Mitgründer Daniel Borel an, die Konzernleitung in Person von Verwaltungsratspräsidentin Wendy Becker anzugreifen. Er schoss mediale Giftpfeile und forderte an eine Generalversammlung ihren Rücktritt. Ein unangenehmer Start für Faber, die von Becker an Bord geholt worden war. Doch Borels Palastrevolution scheiterte.
Und Faber? Sie hat geliefert. Bei ihrem Amtsantritt betrug der Aktienpreis 75 Franken. Mitte Februar, wenige Wochen vor Trumps Zoll-Ankündigung, kostete eine Logitech-Aktie knapp 95 Franken. Und im vergangenen Geschäftsjahr, das für Logitech im März zu Ende ging, konnte der Westschweizer Konzern zulegen: Der Umsatz stieg um 6 Prozent auf 4,55 Milliarden Dollar im Vorjahresvergleich. Bei der Präsentation der Jahreszahlen am Dienstagabend Schweizer Zeit sprach Faber von einem «herausragenden» Jahr. Der Reingewinn kletterte um 10 Prozent auf 739,9 Millionen Dollar.
Nur: Diese Erfolge scheinen plötzlich wie weggeblasen. Denn Logitech gehört zu den Schweizer Grossfirmen, die am stärksten vom US-Zoll-Tohuwabohu betroffen sind. Der Aktienkurs ist auf 63 Franken abgestürzt. Vor zwei Wochen sah sich Faber gezwungen, ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr zurückzuziehen. Anfang März hatte Logitech noch einen Umsatz von 4,53 Milliarden bis 4,71 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von 720 Millionen bis 780 Millionen Dollar in Aussicht gestellt.
Vergangenen Sommer sagte Faber im Interview mit CH Media, dass vierzig Prozent der Logitech-Produkte in der eigenen Firma in China, in Suzhou, hergestellt werden. China wurde bekanntlich von Trumps am stärksten ins Visier genommen mit Zollstrafen in der Höhe von 145 Prozent.
Faber gibt sich kämpferisch:
Logitech habe rasch damit begonnen, die Produktionskapazitäten zu verlagern, um die negativen Zoll-Effekte abzufedern. Bereits im CH-Media-Interview betonte Faber, dass Logitech nach der Coronakrise damit begonnen hatte, die Lieferkette zu diversifizieren. So setzte die Firma nebst China zunehmend auch auf Vietnam, Thailand, Malaysia und Mexiko als Produktionsstandort.
Heute stammt laut Faber ein Drittel des Logitech-Umsatzes aus den USA. Und 40 Prozent dieser Produkte würden aktuell in China hergestellt. Doch bis Ende Jahr werde man diesen Anteil auf 10 Prozent senken.
Welche Produkte – Computer-Mäuse, -Tastaturen, Headsets oder Webcams – von den Verschiebungen betroffen sind und welche Länder stattdessen zum Zug kommen, sagt Faber nicht.
Sie verweist auf die derzeitigen Unsicherheiten. So seien manche in China hergestellten Produktkategorien mit 10 Prozent an US-Zöllen belegt, andere mit 20 Prozent und wiederum andere mit mehr als 135 Prozent. Die Situation ändere sich praktisch täglich aufgrund neuer Ankündigungen der US-Regierung, aber auch weil Logitech selbst derzeit seine Lieferketten und -ströme ändere. Deshalb sei eine Prognose über das laufende Quartal hinaus schlicht nicht möglich. Für dieses rechnet Faber mit einem Umsatzplus von 1 bis 6 Prozent. Marktanteile sollen gewonnen werden.
Zu ihrer Offensiv-Strategie zählt die 56-Jährige auch das strikte Kostenmanagement. Reisen werden reduziert und Einstellungen verzögert.
Weitere Anpassungen seien nicht auszuschliessen und würden nicht zuletzt von der Akzeptanz bei der Kundschaft abhängen, sagt Faber. Aber:
Geholfen habe zudem, dass man noch vor dem Inkrafttreten der Zölle Anfang April viele Produkte rasch in die USA habe verfrachten können. Zudem entwickelten sich die Umsätze mit Gaming- und Videokonferenz-Produkten gut.
In Bezug auf die Konsumentenstimmung beobachtet Faber in den USA derzeit unterschiedliche Entwicklungen. Es gebe den Konsumverweigerungstrend, wie er unter anderem auf Tiktok propagiert werde. Manche Leute würden ihre Einkäufe vorziehen, während andere nach der Devise «Yolo» – you only live once (man lebt nur einmal) – einkauften und nicht auf die Preise achten würden. Doch auch diese Kundenkategorie dürfte bei allzu teuren Logitech-Mäusen ihre Mäuse im Portemonnaie lassen. (aargauerzeitung.ch)