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Schweizer Mäuse-Riese Logitech leidet unter Trumps Zoll-Chaos

epa11584332 Hanneke Faber, Chief Executive Officer of Logitech, speaks during the Annual General Meeting of Logitech at the SwissTech Convention Center, in Ecublens near Lausanne, Switzerland, 04 Sept ...
Hanneke Faber ist Chefin von Hardware-Entwickler Logitech.Bild: keystone

Schweizer Mäuse-Riese Logitech leidet unter Trumps Zoll-Chaos – jetzt reagiert die Chefin

Der Westschweizer Konzern musste wegen der verhängten Zölle aus den USA seinen Ausblick senken. CEO Hanneke Faber sagt nun, wie sie mit der unsicheren Situation umgeht.
30.04.2025, 03:5630.04.2025, 06:41
Benjamin Weinmann / ch media
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Eigentlich könnte Hanneke Faber rundum zufrieden sein. Die Niederländerin ist seit Ende 2023 Chefin des Computerzubehör-Herstellers Logitech mit Sitzen in Lausanne VD und im kalifornischen Silicon Valley. Die einstige Spitzen-Taucherin, Unilever-Managerin und einzige weibliche CEO eines SMI-Unternehmens übernahm die Leitung der Firma zu einer Zeit, in der die Analysten mit den Logitech-Resultaten nicht mehr zufrieden waren. Nach dem Homeoffice-Boom während Corona verfehlte Logitech die Wachstumsziele.

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Hanneke Faber ist die einzige CEO eines SMI-Unternehmens.Bild: severin bigler/chmedia

Gleichzeitig schickte sich Logitech-Mitgründer Daniel Borel an, die Konzernleitung in Person von Verwaltungsratspräsidentin Wendy Becker anzugreifen. Er schoss mediale Giftpfeile und forderte an eine Generalversammlung ihren Rücktritt. Ein unangenehmer Start für Faber, die von Becker an Bord geholt worden war. Doch Borels Palastrevolution scheiterte.

Mehr Umsatz, mehr Gewinn

Und Faber? Sie hat geliefert. Bei ihrem Amtsantritt betrug der Aktienpreis 75 Franken. Mitte Februar, wenige Wochen vor Trumps Zoll-Ankündigung, kostete eine Logitech-Aktie knapp 95 Franken. Und im vergangenen Geschäftsjahr, das für Logitech im März zu Ende ging, konnte der Westschweizer Konzern zulegen: Der Umsatz stieg um 6 Prozent auf 4,55 Milliarden Dollar im Vorjahresvergleich. Bei der Präsentation der Jahreszahlen am Dienstagabend Schweizer Zeit sprach Faber von einem «herausragenden» Jahr. Der Reingewinn kletterte um 10 Prozent auf 739,9 Millionen Dollar.

Nur: Diese Erfolge scheinen plötzlich wie weggeblasen. Denn Logitech gehört zu den Schweizer Grossfirmen, die am stärksten vom US-Zoll-Tohuwabohu betroffen sind. Der Aktienkurs ist auf 63 Franken abgestürzt. Vor zwei Wochen sah sich Faber gezwungen, ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr zurückzuziehen. Anfang März hatte Logitech noch einen Umsatz von 4,53 Milliarden bis 4,71 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von 720 Millionen bis 780 Millionen Dollar in Aussicht gestellt.

Vergangenen Sommer sagte Faber im Interview mit CH Media, dass vierzig Prozent der Logitech-Produkte in der eigenen Firma in China, in Suzhou, hergestellt werden. China wurde bekanntlich von Trumps am stärksten ins Visier genommen mit Zollstrafen in der Höhe von 145 Prozent.

Die Lehren aus Corona

Faber gibt sich kämpferisch:

«Wir gehen in die Offensive.»

Logitech habe rasch damit begonnen, die Produktionskapazitäten zu verlagern, um die negativen Zoll-Effekte abzufedern. Bereits im CH-Media-Interview betonte Faber, dass Logitech nach der Coronakrise damit begonnen hatte, die Lieferkette zu diversifizieren. So setzte die Firma nebst China zunehmend auch auf Vietnam, Thailand, Malaysia und Mexiko als Produktionsstandort.

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In der chinesischen Stadt Suzhou stellt Logitech einen Grossteil seiner Produkte her.Bild: zvg

Heute stammt laut Faber ein Drittel des Logitech-Umsatzes aus den USA. Und 40 Prozent dieser Produkte würden aktuell in China hergestellt. Doch bis Ende Jahr werde man diesen Anteil auf 10 Prozent senken.

«Alles ist in Bewegung und wir agieren schnell, schneller als viele andere.»

Welche Produkte – Computer-Mäuse, -Tastaturen, Headsets oder Webcams – von den Verschiebungen betroffen sind und welche Länder stattdessen zum Zug kommen, sagt Faber nicht.

Sie verweist auf die derzeitigen Unsicherheiten. So seien manche in China hergestellten Produktkategorien mit 10 Prozent an US-Zöllen belegt, andere mit 20 Prozent und wiederum andere mit mehr als 135 Prozent. Die Situation ändere sich praktisch täglich aufgrund neuer Ankündigungen der US-Regierung, aber auch weil Logitech selbst derzeit seine Lieferketten und -ströme ändere. Deshalb sei eine Prognose über das laufende Quartal hinaus schlicht nicht möglich. Für dieses rechnet Faber mit einem Umsatzplus von 1 bis 6 Prozent. Marktanteile sollen gewonnen werden.

Logitech erhöht US-Preise

Zu ihrer Offensiv-Strategie zählt die 56-Jährige auch das strikte Kostenmanagement. Reisen werden reduziert und Einstellungen verzögert.

Zudem sei man nicht darum herumgekommen, gewisse Preise in den USA zu erhöhen, manche sogar zweistellig.

Weitere Anpassungen seien nicht auszuschliessen und würden nicht zuletzt von der Akzeptanz bei der Kundschaft abhängen, sagt Faber. Aber:

«Die Qualität unserer Produkte und unsere starke Marke sollten uns vor negativen Effekten schützen.»

Geholfen habe zudem, dass man noch vor dem Inkrafttreten der Zölle Anfang April viele Produkte rasch in die USA habe verfrachten können. Zudem entwickelten sich die Umsätze mit Gaming- und Videokonferenz-Produkten gut.

In Bezug auf die Konsumentenstimmung beobachtet Faber in den USA derzeit unterschiedliche Entwicklungen. Es gebe den Konsumverweigerungstrend, wie er unter anderem auf Tiktok propagiert werde. Manche Leute würden ihre Einkäufe vorziehen, während andere nach der Devise «Yolo» – you only live once (man lebt nur einmal) – einkauften und nicht auf die Preise achten würden. Doch auch diese Kundenkategorie dürfte bei allzu teuren Logitech-Mäusen ihre Mäuse im Portemonnaie lassen. (aargauerzeitung.ch)

Hanneke Faber: Von der Tauch-Meisterin zur Maus-Chefin
Die Coronapandemie brachte die Logitech-Umsätze zum Glühen. Die Firma verdrängte sogar Swatch aus dem SMI. Doch nach der Corona-Krise, in der sich viele Leute ihr Homeoffice aufrüsteten, folgte die Ernüchterung, das Hoch war nicht so nachhaltig, wie es sich Konzernchef Bracken Darrell vorgestellt hatte. Der US-Amerikaner, der den Konzern zehn Jahre lang geführt hatte und ihm ein moderneres Image verpasste, trat vergangenen Sommer ab. Auf ihn folgte Ende 2023 Hanneke Faber, die zuvor beim Konsumgüterhersteller Unilever tätig war, wo sie das 14 Milliarden Dollar schwere Lebensmittelgeschäft leitete. Noch früher hatte die Niederländerin Führungspositionen beim Detailhändler Ahold Delhaize in ihrer Heimat, sowie bei Procter & Gamble am Europasitz in Genf. Logitech hat Büros in über 30 Ländern. Am Schweizer Hauptsitz neben dem Campus der ETH Lausanne zählt Logitech rund 400 Angestellte. In San Jose, in der Bay Area von San Francisco, und anderen US-Standorten sind es mehr als 700. Insgesamt hat Logitech über 7000 Angestellte. Im Silicon Valley arbeitet Faber, die in jüngeren Jahren siebenfache Tauchmeisterin in den Niederlanden war, die meiste Zeit. Hergestellt werden die Computerzubehör-Artikel in China und Südostasien. Jährlich produziert der Konzern rund 150 Millionen Produkte und verkauft sie in über 100 Ländern. Zuletzt resultierte ein Umsatz von 4,55 Milliarden Dollar. (bwe)
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27 Kommentare
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Chnebeler
30.04.2025 05:58registriert Dezember 2016
Es sollten alle Unternehmen einfach die Preise entsprechend anheben. Dann steigt der Druck auf Trump sehr schnell von innen. Siehe die ankündigung von Amazon bei Haul den Zoll zu deklarieren. Wenn die Bürger begreifen, wer die Zölle zahlt gibts den Denkzettel nicht erst bei den Midterms!
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