Die Motion stammte von Caspar Baader, SVP-Nationalrat aus dem Baselland. Sie verlangt, dass der Bundesrat nach Lösungen sucht, wie auch in der Schweiz das Investmentbanking vom restlichen Bankgeschäft getrennt werden kann. Dazu wird es vorerst nicht kommen: Der Ständerat wollte keine weiteren Vorschriften für systemrelevante Grossbanken in der Schweiz ausarbeiten lassen.
Dennoch ist das Trennbankensystem keine exotische Idee von wirtschaftsunkundigen Politikern. Sehr prominente Zentralbanker sprechen sich ebenfalls dafür aus, vor allem Paul Volcker, der ehemalige Präsident der US-Notenbank. Er geniesst dank seinem erfolgreichen Kampf gegen die Inflation höchstes Ansehen.
Aber der Reihe nach: Kurz vor seinem Tod im Sommer 2010 hatte Nicolas Hayek einen denkwürdigen Auftritt. Zusammen mit SVP-Übervater Christoph Blocher und SP-Parteichef Christian Levrat trat er vor die Öffentlichkeit und forderte, dass auch in der Schweiz ein Trennbankensystem eingeführt werde. Das war der Ursprung der Motion, die jetzt im Ständerat diskutiert wurde.
Auch bedeutende Banker stimmen in den Chor der Trennbanken-Befürworter ein: Dazu gehören John Reed, der ehemalige CEO von Citicorp und sein Nachfolger Sandy Weill, der später die Citigroup geformt hat. Reed und Weill haben sich dabei vom Saulus zum Paulus gewandelt. Beide gehörten einst zu den Architekten der modernen Megabanken, die heute die Finanzindustrie dominieren.
Wie kam es zu diesem Sinneswandel?
Eine Bank ist nicht einfach eine Bank. Normale Geschäftsbanken machen das, was man sich gemeinhin unter einer Bank vorstellt. Sie sammeln Spargelder ein und geben Privaten und KMU Kredite, sei es für Immobilien oder Investitionen.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Banken ist unbestritten. Wie die Stromerzeuger sind sie in einer modernen Volkswirtschaft unersetzlich geworden. Nebst dem finanziellen Stromnetz gibt es das Privatbanking, die Vermögensverwaltung für Private und das Asset Management, die Vermögensverwaltung für Unternehmen. Auch darüber gibt es wenig Kontroversen.
Sehr umstritten hingegen ist das Investmentbanking. Darunter versteht man drei Dinge:
Vor allem die letzten beiden sind spätestens seit der Finanzkrise verpönt. Der Nutzen der komplexen Finanzinstrumente wird in Frage gestellt, der legendäre Investor Warren Buffett hat sie einst gar als «finanzielle Massenvernichtungswaffen» bezeichnet.
Was den Eigenhandel betrifft: Die Finanzkrise hat gezeigt, dass dieses Geschäft letztlich ein volkswirtschaftlich sinnloses Spekulieren von überbezahlten Banker auf Kosten des Steuerzahlers ist. Dieser Eigenhandel war es denn auch, der die Trennbanken-Diskussion ausgelöst hat.
Der Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 hat nicht nur beinahe zu einer Kernschmelze des internationalen Finanzsystems geführt. Er hat auch einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt, dass skrupellose Investmentbanker zunächst riesige Gewinne in die eigene Tasche fliessen und danach dreist ebenso riesige Verluste den Steuerzahler berappen liessen.
Es lag auf der Hand, dass die Forderung erhoben wurde, das volkswirtschaftlich wichtige Stromnetz – die Geschäftsbanken – vom Finanzkasino – dem Investmentbanking – getrennt werden müssen. Nicht betroffen von dieser Diskussion ist das Beratungsgeschäft.
Historisch gesehen hat es dies schon einmal gegeben. 1933 wurde in den USA mit dem Glass-Steagall-Act das Investmentbanking vom übrigen Bankgeschäft getrennt. Der Grund war der gleiche wie heute: Auch damals hatten unverantwortlich zockende Banker zuerst den Börsencrash von 1929 und später die Grosse Depression der 1930er Jahre verursacht.
Der Glass-Steagall Act führte aber dazu, dass das Bankgeschäft nach dem Zweiten Weltkrieg eher langweilig wurde. Man sprach vom 3-6-3-Banking: Banker zahlten 3 Prozent auf Spareinlagen, liehen Geld für 6 Prozent aus – und waren um 3 Uhr nachmittags auf dem Golfplatz anzutreffen.
Im Zuge der neoliberalen Revolution der 1980er Jahre wurde die langweiligen 3-6-3-Banker von aggressiven Jungbanker verdrängt. Sie waren nicht auf dem Golfplatz, sondern meist im Büro anzutreffen. Bei der führenden Investmentbank Goldman Sachs beispielsweise sind 100-Stunden-Woche für Investmentbanker normal. Dafür werden sie fürstlich entlöhnt.
Wie in den 1920er Jahren sind Löhne und vor allem Boni in stratosphärische Dimensionen gestiegen. Die Grenzen zwischen Investment- und normalen Geschäftsbanken verwischten sich. Folgerichtig wurde 1999 der Glass-Steagall Act auf Drängen der Banken von Präsident Bill Clinton aufgehoben.
Wie erwähnt: Die Finanzkrise hat die Diskussion um das Trennbanken-System neu entfacht. In den USA ist der Dodd-Frank-Act vom Kongress beschlossen worden, ein Gesetz für eine härtere Überwachung der Banken.
Bei der Umsetzung dieses Gesetzes machte der Begriff «Volcker light» die Rede. Darunter versteht man die Einführung eines auf die Verhältnisse des 21. Jahrhunderts angepasste Version des Glass-Stegall Acts. Selbstredend wir «Volcker light» von den Banken heftig bekämpft. Immerhin ist es gelungen, den Eigenhandel einzuschränken.
Ein ähnlicher Effekt wird in Grossbritannien vom so genannten «ring fencing» erwartet, Massnahmen, die verhindern sollen, dass «too big to fail»-Banken weiterhin auf Kosten der Steuerzahler spekulieren können.
Auch in der Schweiz zeigt die Diskussion über das Trennbankensystem Wirkung. Die UBS hat mit dem Investmentbanking vor der Krise Verluste in der Höhe von über 50 Milliarden Franken eingefahren und musste von Staat und Nationalbank gerettet werden. Auch der Fall Adoboli geht auf die Kappe des Investmentbankings. Ein ausser Kontrolle geratener Investmentbanker verlor mit hoch riskanten Deals dabei mehr als zwei Milliarden Franken.
All dies hat zu einem Umdenken geführt. Die UBS hat das Investment deutlich zurückgefahren und die Vermögensverwaltung zu ihrem Kerngeschäft erklärt. Das Investmentbanking solle künftig bloss noch dienende Funktion für besonders vermögenden Kunden haben, beteuert CEO Sergio Ermotti.
Er wird dabei scharf beobachtet. Die Investorengruppe Knight Vinke will unter den Aktionären Verbündete suchen und Druck aufbauen, damit sich die UBS tatsächlich in eine reine Vermögensverwaltungsbank verwandelt. Sie hält dies auch für das mit Abstand rentabelste Geschäftsmodell für die Grossbank.
Die CS will weiterhin an ihrem Investmentbanking festhalten, hat es aber in den letzten Jahren deutlich reduziert. Früher war der Kapitalbedarf zwischen Investment- und Privatebanking etwa 60:40 zugunsten des Investmentbanking, jetzt ist das Verhältnis in etwa ausgeglichen. Für die CS wäre jedoch ein Rückzug auf das reine Vermögensverwaltungsgeschäft weniger attraktiv als für die UBS. Sie wäre die deutliche Nummer 2.
Grundsätzlich ist ein Trennbankensystem für den Finanzplatz Schweiz eine valable Option. Weder die UBS noch die CS haben mit dem Investmentbanking über längere Zeit Geld verdient. Im Gegenteil: Immer wieder wurden damit gewaltige Summen verbrannt.
Auch die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze dürften sich in Grenzen halten. Die beiden Grossbanken betreiben ihr Investmentbanking vor allem in London und New York.