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Sieben Gründe, warum die SVP am 9. Februar jubeln konnte 

Sieben Gründe, warum die SVP am 9. Februar jubeln konnte 

Bild: Keystone
Einwanderungs-Initiative
Die Befürworter der Masseneinwanderungs-Initiative konnten besser mobilisieren als die Gegner. Das zeigt die Vox-Analyse. Dieser und sechs weitere Gründe für das «Ja» am 9. Februar.
04.04.2014, 06:1704.04.2014, 09:36
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Einmal mehr hat es die SVP bei der Abstimmung zur Masseneinwanderungs-Initiative geschafft, weit über ihre Anhängerschaft hinaus zu mobilisieren und die Stimmbürger an die Urne zu bringen. Dies zeigt die Vox-Analyse, die am Donnerstag in Bern vorgestellt wurde. Die wichtigsten Gründe für den Ausgang der Abstimmung:

1. Die Mobilisierung gab den Ausschlag

Nicht die Überzeugung durch Argumente gab den Ausschlag für das knappe Resultat der Masseneinwanderungs-Initiative, sondern die Mobilisierung von Stimmbürgern, die in der Regel nicht an Abstimmungen teilnehmen. 

Analysen zu den Abstimmungen vom 9. Februar 2014:
Nach den Abstimmungen befragte das Forschungsinstitut GfS Bern 1511 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu ihrem Entscheid. Das Institut für Politikwissenschaft der Universität Genf hat die Daten ausgewertet und die Vox-Analysen präsentiert. Die Stimmbeteiligung am 9. Februar 2014 lag bei 55,8 Prozent. Année Politique Suisse hat die Abstimmungskampagnen untersucht und die Resultate zusammen mit der Vox vorgestellt. (sb)

2. Nur die Ja-Kampagne überzeugte

Die Masseneinwanderungs-Initiative dominierte im Vorfeld des Abstimmungssonntags. In vier von fünf Inseraten ging es um die SVP-Initiative, drei stammten von den Gegnern der Vorlage. Sie pflasterten die Kantone fast flächendeckend mit dem Apfelbaum-Plakat zu. Doch die teure Kontra-Kampagne sah nicht nur von weitem aus wie die Pro-Kampagne – offensichtlich kam auch deren Message nicht an. Viele Stimmbürger wussten schon zu einem frühen Zeitpunkt, wie sie stimmen werden. Und die, die sich später entschieden, waren vor allem für die Ja-Argumente empfänglich. 

3. Die wirtschaftlichen Argumente kamen nicht an

Die Initiativgegner zogen mit wirtschaftlichen Argumenten in den Abstimmungskampf. Sie betonten die Notwendigkeit der Bilateralen für den Wohlstand und den Erfolg des Landes und warnten vor deren Kündigung. Sie hoben die Wichtigkeit der ausländischen Fachkräfte für das Funktionieren der Schweizer Wirtschaft hervor und verwiesen darauf, dass eine Wiedereinführung der Kontingente zu übermässigen Kosten und administrativem Aufwand führen würde. Damit vermochten sie aber nicht zu überzeugen, die Argumente der Befürworter fanden mehr Anklang. 

4. Der Abstimmungsentscheid war eine Wertefrage

Die Abstimmung über die Masseneinwanderung war im Kern keine wirtschaftspolitische Vorlage. Die Vox-Analyse zeigt: Es ging bei dieser Abstimmung sehr stark um Werte. Zwei Drittel der Ja-Stimmenden gaben ein Argument, welches mit der Ausländer- und Einwanderungsthematik in Zusammenhang steht, als ausschlaggebenden Grund für ihre Entscheidung an. 

5. Überdurchschnittlich viele Protestwähler gingen an die Urne

Weiter brachte die Vox-Analyse zu Tage, dass die Vorlage sogenannte Protestwähler zu mobilisieren vermochte. Das sind Personen, die sich im Allgemeinen wenig für Politik interessieren, schlecht informiert sind und sich auch nicht um Abstimmungen kümmern. Einer von zehn befragten Stimmbürgern gab aber diesmal an, aus der Motivation heraus, einen Denkzettel verpassen zu wollen, an die Urne gegangen zu sein. Das ist bemerkenswert, denn bisher ging man davon aus, dass Politikverdrossene in der Schweiz der Urne vor allem fern bleiben.  

Zu den anderen beiden Abstimmungen vom 9. Februar

Abtreibungsfinanzierung und Fabi
Die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» wurde am 9. Februar von 69,8 Prozent der Stimmbürger abgelehnt. Zugestimmt haben ihr vor allem Anhänger der SVP; Personen, die sich als politisch sehr rechts stehend einordnen und häufige Kirchgänger. Die Nachbefragung zeigt, dass die Befürworter der Initiative Abtreibungen generell kritisch gegenüber stehen und es nicht primär um deren Finanzierung ging.
Ja zu Bahnvorlage Fabi sagten am 9. Februar 62 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten. Es sind dies vor allem Personen aus dem linken Lager und der politischen Mitte, die die Umwelt schützen wollen und für eine moderne Schweiz einstehen. Die Zustimmung unter den jüngeren war deutlich grösser als unter den älteren Stimmbürgern. (sb)

6. Die weniger Gebildeten waren überdurchschnittlich aktiv

Die Nachbefragung hat ebenfalls gezeigt, dass sich die Befürworter der Initiative von den Gegnern in Bezug auf sozioökonomische Merkmale unterscheiden. In der Tendenz haben Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die besser ausgebildet sind, ein höheres Einkommen erzielen und ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut bezeichnen, die Initiative abgelehnt. Personen aus tieferen Einkommensklassen und weniger Gebildete stimmten ihr dafür eher zu und beteiligten sich diesmal auch überdurchschnittlich an der Abstimmung. 

7. Die Jungwähler waren stimmfaul

Die junge Generation hätte die Initiative mehrheitlich abgelehnt, wäre sie denn an die Urne gegangen. In Tat und Wahrheit hat wohl manch einer, der sich im Nachhinein in den sozialen Medien ausgetobt hat, am Abstimmungssonntag ausgeschlafen: Die Wahlbeteiligung der Schweizer unter 30 Jahren lag gemäss der Vox-Analyse bei tiefen 17 Prozent, im Gegensatz zu den über 60-Jährigen, von denen vier von fünf teilnahmen. Dass jüngere Stimmbürger seltener abstimmen gehen als ältere ist keine neue Erkenntnis, aber dass die Unterschiede so stark ausfallen, wurde nicht erwartet. 

Lesen Sie mehr zur Vox-Analyse und zur Masseneinwanderungs-Initiative

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