Autofahrer kennen das Bild: An den Tankstellen in Grenznähe stehen Autos mit deutschen oder französischen Nummernschildern Stossstange an Stossstange. Der Grund: In der Schweiz ist Benzin günstiger als in Süddeutschland und im Elsass.
Das Geschäft mit den ausländischen Autofahrern könnte aber bald vorbei sein. Der Bundesrat plant, den Mineralölsteuerzuschlag zu erhöhen. Das zusätzliche Geld soll das Loch in der Strassenkasse stopfen. Verkehrsministerin Doris Leuthard schlägt einen Aufschlag von 15 Rappen vor. Damit hätte der Benzinpreis das Niveau der meisten Nachbarländer erreicht. Etliche Zapfsäulen würden versiegen – so auch diejenigen von Pneu Fuchs in Allschwil vor Basel. «Kommt dieser Aufschlag, können wir die Tankstelle sofort dichtmachen», sagt Inhaber André Fuchs.
Als sogenannte freie Tankstelle kann Fuchs den Preis besonders tief festlegen. Vor allem Grenzgänger aus dem Elsass schätzen es, vor der Heimfahrt noch rasch vollzutanken. Etwa zwanzig Wagenlängen hinter dem Pneu-Haus beginnt Frankreich. Über 80 Prozent der Kundschaft seien Franzosen, sagt Fuchs. Würde der Aufschlag von 15 Rappen kommen, gäbe es keinen Preisvorteil mehr zum Elsass. «Da könnte auch ich nicht mehr mithalten.»
Auch an der Grenze zu Deutschland ist Schweizer Benzin beliebt. Beim Zollübergang Riehen–Lörrach gibt es auf Schweizer Seite gleich vier Tankstellen. Eine davon betreibt Hans Müller. Mit dem Steueraufschlag wäre der Treibstoff wohl immer noch ein wenig günstiger als in Deutschland – trotzdem würden die Benzintouristen vertrieben, ist Müller überzeugt: «Die sind wie Rehe: Einmal erschreckt, kommen sie nicht so schnell wieder.»
Das gleiche befürchtet René Schnetzler. Seine Tankstelle in Laufenburg AG liegt nur wenige Fahrminuten von der badischen Schwesterstadt entfernt. Viele Deutsche fahren zum Tanken über den Rhein. «Bleiben die weg, müssen wir auf Automatenbetrieb umstellen und zwei Angestellte entlassen.»
Tankstellen und Autofahrer sind die einen, die unter den höheren Benzinpreisen zu leiden hätten. Doch auch in der Strassenkasse des Bundes würden Millionen fehlen. Von einem Franken, der getankt wird, fliesst fast die Hälfte in Steuern. Der Bund schätzt, dass alleine im Jahr 2012 rund 175 Millionen Franken Steuereinnahmen von ausländischen Autofahrern stammen. Diese finanzieren also zu einem grossen Teil unsere Strassen mit.
Laut dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat der Bundesrat die Ausfälle einkalkuliert. In den prognostizierten Mehreinnahmen in der Höhe von 680 Millionen Franken sei der Wegfall des Benzintourismus enthalten.
Die Ausfälle könnten aber noch höher ausfallen – etwa dann, wenn der Euro wieder einmal schwächelt. Migrol-CEO Daniel Hofer befürchtete im «Blick», dass sich der Tanktourismus umkehren könnte. Dann würden die Schweizer auch für den Treibstoffkauf dorthin fahren, wo bereits heute die meisten Konsumgüter günstiger sind: ins Ausland. (Die Nordwestschweiz)