Die Beziehung zwischen Mensch und Maschine ist seit jeher belastet. Denken wir nur an die Science Fiction-Klassiker «Terminator» und «Matrix»; diese Dystopien – ebenso wie die Cyber-Lovestory «Her» –haben uns das Fürchten vor der künstlichen Intelligenz gelehrt, oder uns durch abrupten Liebesentzug ins Jammertal der Tränen befördert. Freilich, auch unser Alltag ist – was die künstliche Intelligenz betrifft –noch wenig erbaulich. Apples Siri bewegt sich emotional bestenfalls auf dem Niveau einer Forelle und die japanischen Roboter sind zwar imstande, Grüntee ohne zu kleckern einzuschenken, als Gesprächspartner taugen sie jedoch nur leidlich.
Allerdings ist es nur ein Frage der Zeit, bis wir mit einem Computerwesen unserer Wahl lachen, weinen, intellektuell kuscheln oder leidenschaftlichen Beischlaf üben. Dafür braucht es einerseits den technologischen Fortschritt und andererseits die Akzeptanz der Menschen, sich einer Maschine hinzugeben. Bei den unter 30-Jährigen kann sich bereits heute jeder Zweite eine emotionale Beziehung zwischen Mensch und Maschine vorstellen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Kupplerportals Parship.ch.
Der Luzerner Zukunftsforscher Georges T. Roos, der die Studie begleitet und interpretiert hat, zeigt sich erstaunt über das vorliegende Ergebnis. Mit einem derart hohen Zuspruch der unter 30-Jährigen habe er nicht gerechnet: «Es zeigt, dass die jungen Menschen anders ticken. Deren Angstschwelle gegenüber Maschinen ist um einiges tiefer als diejenige der Baby Boomers. Digital Natives bewegen sich gewandt in der digitalen Welt, wissen um die vielen Möglichkeiten, probieren aus.»
Roos verweist auf Menschen, die bereits heute eine emotionale und sexuelle Beziehung mit High End-Gummipuppen pflegen. Dabei spiele es eine untergeordnete Rolle, ob die Puppe ein Fake sei. «Viel wichtiger ist, welche Effekte die Puppe erzeugt. Gelingt die Simulation eines echten Menschen einigermassen, kann daraus bereits eine emotionale Beziehung entstehen.» Das sei bei einem Roboter nicht anders, glaubt Roos.
Aber eben, der Sex. Der Austausch von Körperflüssigkeiten, die Leidenschaft, die grosse Liebe, die Unvollkommenheit. «Wir sollten die Beziehung zu einem Roboter als Erweiterung unserer Möglichkeiten betrachten, nicht als Ersatz für Menschen aus Fleisch und Blut», sagt Roos. Sex mit einem Betriebssystem sei nun einmal nicht möglich – da liege die Grenze.
Zukunftsforscher Roos glaubt nicht daran, dass ein humanoider Roboter den Menschen in sexueller Hinsicht ersetzen könnte. Ein Roboter könne dann zu einer valablen Option werden, wenn der Mensch keine andere Wahl habe. Wenn er einsam sei oder an einer sozialen Phobie leide. Der Film «Her» von Spike Jones zeige dies auf seine Weise sehr schön: «‹Her› illustriert verschiedene Aspekte der Liebe. Aber auch die Rationalisierung der Beziehung, wenn die ‹Partnerin› auf Knopfdruck abgeschaltet werden kann», sagt Roos.
Ob wir dereinst Roboter lieben, darüber kann nur spekuliert werden. Das Einsatzgebiet der Computerwesen beschränkt sich allerdings nicht nur auf Paarbeziehungen. In der Medizin kommen Roboter bereits seit geraumer Zeit zum Einsatz. Am sinnbildlichsten dafür sind elektronische Prothesen, die physisch behinderten Menschen ein Stück Bewegungsfreiheit zurückgeben. Menschen verschmelzen mit Maschinen. «Das hat dazu geführt, dass wir Ängste abgebaut haben und sich die Beziehung zwischen Mensch und Maschine verbessert hat», erklärt Roos.
Dass die emotionale Bindung zwischen Mensch und Maschine längst nicht mehr nur ein Thema für Science-Fiction-Autoren ist, zeigt ein Blick nach Japan. Dort, wo die Gesellschaft seit jeher eine hohe Technik-Affinität hegt, stellt man sich seit längerem die Frage, wie ein Leben an der Seite eines humanoiden Roboters aussehen könnte. Der japanische Roboterforscher Hiroshi Ishiguro geht davon aus, dass, wenn humanoide Roboter erst einmal in Massen produziert werden und die Kosten für die Bauteile sinken, die Menschen aus diesen Teilen höher entwickelte Sexspielzeuge basteln werden.
Japan konzentriert sich aber nicht nur auf Roboter, die die Einsamen auf dieser Welt unterhalten oder beglücken sollen. Zunehmend rücken Service- und Pflegeroboter in den Mittelpunkt. Das hat einen triftigen Grund: Keine andere Industrienation überaltert so schnell wie Japan. Als Folge davon wird ein erheblicher Mangel an Pflegekräften erwartet – im Jahr 2020 schätzungsweise 400'000.
Nun sollten Roboter diese Lücke schliessen. Vom Automobilkonzern Toyota stammt beispielsweise der «Care Assist Robot», der Patienten aus dem Bett hieven soll, der Elektronikriese Panasonic hat ein Bett entwickelt, bei dem sich ein Teil in eine Art Rollstuhl verwandelt, sowie Roboteranzüge, die es dem Träger ermöglichen sollen, schwere Gegenstände oder Menschen zu transportieren. Zu den neuesten Entwicklungen gehört der humanoide Roboter «Pepper» des Telekommunikationskonzerns Softbank, der Emotionen deuten, Sprache erkennen und im Februar 2015 auf den Markt kommen soll.