Für viele Pendlerinnen und Pendler geht es nicht ohne: den Kaffeegenuss unterwegs. Hinter Deutschland und Norwegen ist die Schweiz gar Weltspitze in Sachen Koffeinkonsum. 1069 Tassen Kaffee pro Person wurden hierzulande 2021 getrunken. Das entspricht knapp drei Tassen pro Tag, wie Zahlen der International Coffee Organization zeigen.
Von diesem grossen Bedarf nach Lungos, Espressos und Cappuccinos profitiert auch die Migros-Tochter Migrolino, die an Bahnhöfen und Tankstellen über 360 Filialen betreibt.
In rund 100 davon stehen seit mehreren Jahren Kaffeemaschinen der US-Marke Starbucks, die von der Schweizer Snackautomatenfirma Selecta betrieben werden. Doch damit ist bald Schluss. Migrolino-Sprecher Marco Fallico bestätigt entsprechende Informationen von CH Media, wonach Migrolino die Partnerschaft beendet.
Grund dafür sei eine Neuausrichtung des Heissgetränk-Angebots, sagt Fallico. Dafür habe man eine Ausschreibung getätigt. «Das Migros eigene Konzept von Café Royal hat gewonnen.» Heisst: Das Starbucks-Angebot verschwindet, und künftig wird es in allen Migrolino-Geschäften nur noch Café Royal geben – jene Marke, die Migrolino in der Mehrheit seiner Filialen schon heute hat. Einzig der Zeitplan für den Wechsel ist laut Fallico noch nicht definiert.
Und wird das Kaffeeangebot für die Kundinnen und Kunden mit der Migros-Eigenmarke günstiger? Das will Fallico nicht sagen. Die Getränke würden je nach Konzept und Region unterschiedlich viel kosten. Und: «Wir unterziehen die Preise einer laufenden Überprüfung.»
Doch was gab den Ausschlag? Fallico sagt, Café Royal sei beliebt und habe im Rahmen der Ausschreibung ein neues Konzept präsentiert, bei dem die Kundschaft aus herkömmlicher Kuhmilch und der alternativen Hafermilch wählen kann. Tatsächlich entspricht ein veganes Milchangebot einem grossen Trend.
An ausgewählten, hochfrequentierten Standorten werde Migrolino zudem «Iced Coffee» anbieten, also Kaffee mit Eiswürfeln, sagt Fallico. Zudem könnten die Heissgetränke mit verschiedenen Sirup-Aromen angereichert werden. Besonders gefragt sei das Kaffee-Angebot vormittags, Zahlen zum Umsatz damit nennt die Migros-Tochterfirma aber keine.
«Die Marke Starbucks hat bei den Pendlerinnen und Pendlern etwas an Strahlkraft verloren», sagt ein Brancheninsider. Tatsächlich war auch die Filialexpansion des US-Konzerns hierzulande zuletzt stagnierend bis rückläufig.
Derweil ist das Aus bei Migrolino insbesondere für die Snackautomatenfirma Selecta ein weiterer Rückschlag im Schweizer Markt. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die SBB die rund 250 Lavazza-Kaffeemaschinen an ihren Bahnhöfen entfernen werden. Auch diese wurden von Selecta aufgestellt, aufgefüllt und betrieben.
Kommt hinzu, dass der Kioskkonzern Valora zuletzt damit begonnen hat, Kaffeemaschinen der Coca-Cola-Marke Costa Coffee in seinen Filialen aufzustellen. Auch dort ist Selecta mit Starbucks-Maschinen präsent.
Andererseits konnte sich Selecta kürzlich in der SBB-Ausschreibung durchsetzen für das Bereitstellen ihrer klassischen Snackautomaten an Bahnhöfen für weitere sieben Jahre. Allerdings, so heisst es in der Branche, dürfte Selecta-Chef Christian Schmitz der Prestige-Deal einiges mehr als bisher kosten, da sich auch andere Firmen dafür beworben hatten und die SBB dadurch in einer komfortablen Verhandlungssituation waren.
Zwar konnte Selecta, der Snackautomaten-Marktführer in Europa, vergangene Woche deutlich bessere Zahlen vorweisen. Im zweiten Quartal stiegen sowohl Umsatz als auch Gewinn signifikant. Doch es bleibt eine enorme Schuldenlast, für die Selecta hohe Zinsen bezahlen muss. Die «Finanz & Wirtschaft» schreibt gar, die Zukunft Selectas sei unsicherer denn je. Laut Geschäftsbericht hatte die Firma 2022 offene Rechnungen in der Höhe von 200 Millionen Euro - bei einem Umsatz von 1.4 Milliarden Euro.
Bei solchen Zahlen ist jede verkaufte Tasse Kaffee Gold wert.