Über die Erbschaftssteuer darf man streiten. Aber eines ist klar: Ohne massive Umverteilung geht die Marktwirtschaft kaputt. Hier ist der (grafische) Beweis.
12.05.2015, 12:2912.05.2015, 12:41
werner vontobel
Im Abstimmungskampf um die Erbschaftssteuer geht es um Grundsätzliches, nämlich um das Verhältnis von Bürger, Staat und Wirtschaft. Viele sehen in dieser Vorlage einen der vielen Staatseingriffe, die letztlich die Marktwirtschaft an ihrer Entfaltung hindern oder diese gar lahmlegen soll.
Das Gegenteil trifft zu. Das zeigt ein Blick auf die einschlägigen Fakten und auf diese Grafiken:
1. Wer verdient wie viel?
Einkommen in den Schweizer Haushalten pro Monat, wie sie durch den reinen Markt (Löhne, Mieteinnahmen, Zinsen und Dividenden) entstehen. Die Einteilung erfolgt in fünf gleich grosse Einkommensgruppen.
Lesebeispiel: Das ärmste Einkommensfünftel verfügt demnach über 1072 Franken Einkommen pro Monat. Das ist 1,5 Prozent aller Haushaltseinkommen der Schweiz.grafik: melanie gath/quelle: habe - Demnach entfallen auf das ärmste Fünftel der Schweizer Haushalte gerade mal 2,8
Prozent aller Markteinkommen (Löhne, Mieteinnahmen, Zinsen, Dividenden) oder
1072 Franken pro Monat.
- Das reichste Fünftel hingegen kassiert stolze 42,7 Prozent (fast die Hälfte) der Primäreinkommen oder 17'037 Franken pro Monat.
2. Wer gibt wie viel aus?
Ein Blick auf eine zweite Grafik zeigt, dass der Konsum der Schweizer Haushalte sehr viel gleichmässiger verteilt ist als das Einkommen:
Verteilung der Konsumausgaben der Schweizer Haushalte (eingeteilt in fünf gleich grosse Einkommensgruppen).grafik: melanie gath/quelle: habe - Das ärmste Fünftel der Haushalte gibt für den Konsum 3038 Franken pro Monat aus. Das ist mehr als ein Zehntel (11,2 Prozent) der gesamten Konsumausgaben der Haushalte in der Schweiz.
- Das reichste Fünftel verdient zwar rund 16 mal mehr als das ärmste, es gibt aber für den Konsum nur dreimal so viel aus.
- Hinzu kommt: Der Konsum ist noch viel gleichmässiger verteilt, als die Grafik glauben macht. In den Haushalten der Reichen leben nämlich im Schnitt gut doppelt so viele Menschen wie in denen der Armen. Berücksichtigt man dies, konsumiert das reichste Fünftel «nur» rund doppelt so viel wie das ärmste.
- Ein Vergleich
mit der ersten Grafik deutet an, dass die ärmsten 40 Prozent der Schweizer mehr konsumieren, als es ihnen ihr Markteinkommen erlauben
würde.
Kann sich der Konsum nicht einfach den Markteinkommen anpassen?
Nein. Aus folgenden Gründen:
- Erstens würde dann etwa ein Viertel der Schweizer Bevölkerung verhungern. Für den Rest müsste die Wirtschaft praktisch nur noch Luxusgüter produzieren und verkaufen.
- Zweitens: Wenn alle Haushalte bloss von dem leben müssten, was der Markt hergibt, würde die Wirtschaft mangels Kaufkraft ihrer Konsumenten zusammenbrechen.
Damit dies nicht passiert, wird diese Differenz von Einkommen und Konsumausgaben im Wesentlichen vom Sozial- und Steuerstaat ausgeglichen:
Wer bekommt und wer bezahlt wie viel?
In dieser Grafik sieht man, um wie viel Prozent die Markteinkommen der jeweiligen Einkommensgruppen nach oben und nach unten korrigiert werden.grafik: melanie gath
Während sich die Konsumausgaben immer gleichmässiger auf alle Bevölkerungsschichten verteilen, sind die Markteinkommen immer ungleicher geworden – auch in der
Schweiz.
Dennoch konnte der Sozialstaat das Verhältnis der verfügbaren
Einkommen bei einem Verhältnis von etwa 4,5:1 stabilisieren.
Fazit: Ohne staatliche Rück- und Umverteilung geht es immer weniger
Die Frage ist bloss, wie man diese Umverteilung macht. Auch dazu geben unsere Grafiken einen Hinweis:
- Setzt man beim Konsum an (z. B. mit einer Konsum- oder Mehrwertsteuer), werden wiederum die tiefen Einkommen relativ stark belastet: Sie konsumieren viel, und zahlen deshalb auch viel Steuern.
- Setzt man hingegen bei den hohen Einkommen an, bzw. bei dem, was nach dem Tod davon übrig bleibt, trifft man schon eher den Kern der Sache: Dort sind die Einkommen hoch, und die Konsumausgaben tief.
- Längerfristig muss man das Problem jedoch an der Wurzel packen: Die Politik sollte den Markt dazu bringen, die Einkommen etwas weniger einseitig zu verteilen.
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