Die Schere zwischen klimapolitischen Forderungen und Energieprognosen begann sich schon Ende des letzten Jahrhunderts zu öffnen. An der ersten internationalen Klimakonferenz 1988 in Toronto forderten die dort versammelten Wissenschafter aus 48 Ländern, der Ausstoss von CO2, das bei der Verbrennung von fossiler Energie entsteht, müsse bis zum Jahr 2005 um zwanzig und bis 2050 um fünfzig Prozent gesenkt werden. Damals konsumierte die Menschheit, umgerechnet in Erdöleinheiten (Öleq), pro Jahr rund sieben Milliarden Tonnen fossile Primärenergie.
Die Internationale Energieagentur (IEA) prophezeite 1994, der weltweite Konsum von Primärenergie werde von 1990 bis 2010 um 45 Prozent zunehmen, der Ausstoss von CO2 sogar um 48 Prozent. Umwelt- und Klimaschützer beurteilten diese Prognose damals als Schreckensszenario.
Jetzt, zwei Jahrzehnte später, zeigt sich: Die klimapolitischen Forderungen von 1988 und späteren Jahren blieben auf der Strecke. Denn der weltweite Energiekonsum nahm in den letzten beiden Jahrzehnten und vor allem ab der Jahrtausendwende noch etwas stärker zu, als es die IEA voraussagte.
Der globale Konsum von Primärenergie stieg von 1990 bis 2010 um 47 Prozent und damit etwas stärker, als es die IEA 1994 voraussagte. Dieses Wachstum liess sich auch in den folgenden Jahren nicht stoppen: Im Jahr 2013 konsumierte die Menschheit 12'730 Millionen Tonnen Öleq Primärenergie. Dieser Verbrauch liegt um 2,3 Prozent über dem Wert des Vorjahres, um 36 Prozent über dem Stand im Jahr 2000 und um 57 Prozent über dem Stand von 1990.
Die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas dominieren weiterhin. Ihr Anteil am globalen Verbrauch von Primärenergie betrug letztes Jahr 87 Prozent. Er blieb damit annähernd gleich hoch wie in den Jahren 1990 und 2000. Statt markant zu sinken, wie es die Klimakonferenz von Toronto verlangte, stieg der CO2-Ausstoss seit 1990 um mehr als 50 Prozent.
Neun Prozent des globalen Energiekonsums entfielen 2013 auf «Übrige» respektive erneuerbare Energie. Innerhalb dieser Gruppe dominiert weiterhin die Wasserkraft mit einem Anteil von drei Vierteln. Beim übrigen Viertel handelt es sich um Strom aus Solar-, Wind-, Geothermie-, Müll- und Biomasse-Kraftwerken sowie um Agrartreibstoffe. Diese neuen erneuerbaren Energien decken also erst zwei Prozent des globalen Energiekonsums. Allerdings vernachlässigt die BP-Weltenergiestatistik die nicht kommerziell genutzte Energie.
Dazu gehört etwa das Brennholz, das die Bevölkerung in Afrika, Asien oder Südamerika nutzt (oder übernutzt), um zu kochen, sowie die aus Solarkollektoren gewonnene Wärme. Diese nicht kommerzielle Energie partizipiert gemäss Schätzungen der IEA mit einem Anteil von fünf bis sieben Prozent am globalen Energiekonsum.
Der Konsum der einzelnen Energieträger wuchs unterschiedlich. Besonders stark stieg die Verfeuerung von Kohle, die vor allem zur Erzeugung von Elektrizität genutzt wird, und – auf tieferem Niveau – die Nutzung von erneuerbarer Energie. Der Anteil des (weiterhin dominierenden) Erdöls hingegen ist seit dem Jahr 2000 geschrumpft, ebenso die Nutzung der Atomkraft. Der Anteil des Erdgases am gesamten Energieverbrauch blieb trotz Fracking etwa gleich hoch.
Grössere Veränderungen gab es bei der regionalen Verteilung; dies vor allem zwischen den westlichen Industriestaaten (OECD) und den Schwellen- und Entwicklungsländern (Nicht-OECD): Im Jahr 2000 beanspruchten die OECD-Staaten (im Wesentlichen USA, EU und Japan) noch 58 Prozent der weltweiten Primärenergie. Bis zum Jahr 2008 zogen die Nicht-OECD-Staaten gleich, und 2013 sank der Anteil der OECD-Staaten am globalen Energiekonsum auf 43 Prozent.
Die Gründe: Die Wirtschaft in Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien boomte. Die westlichen Industriestaaten verschoben einen Teil ihrer energieintensiven Produktion in die Dritte Welt. Zudem liess die Finanz- und Wirtschaftskrise den Energiekonsum in den Industriestaaten ab 2007 vorübergehend sinken; im Jahr 2013 nahm der Verbrauch von Primärenergie aber auch in den OECD-Staaten wieder zu.
Einen Beitrag leistete auch die Klimapolitik, die den fossilen Energieverbrauch vor allem in Europa etwas verminderte. Pro Kopf der Bevölkerung konsumieren die Industriestaaten allerdings immer noch deutlich mehr Energie als die aufholenden Schwellenländer.
Der Energiekonsum in der Schweiz entwickelte sich langfristig ähnlich wie in den übrigen OECD-Staaten: Er wuchs nach dem zweiten Weltkrieg stark bis zum Jahr 2000; seither hat er – bei jährlichen klima- und wirtschaftsbedingten Schwankungen – nur noch geringfügig zugenommen. Nach dem (kalten) Rekordjahr 2010 registrierte die Schweiz letztes Jahr den zweithöchsten Verbrauch von Endenergie.
Pro Person und gemessen an der wachsenden Wirtschaftsleistung hat der nationale Energiekonsum in den letzten Jahren aber deutlich abgenommen. Die Gründe: Verbrauchsvorschriften für neue Anlagen, Geräte und Gebäude erhöhten die Energieeffizienz. Zudem exportierte die Schweiz einen Teil ihrer energieintensiven Industrie (Aluminium, Zellulose, etc.).
Die globale und die nationale Energiestatistik lassen sich allerdings nicht direkt vergleichen. So erfasst die BP-Weltenergiestatistik die fossile Primärenergie (Kohle, Rohöl und Erdgas) sowie die Strom- und Treibstoffproduktion aus Atom und erneuerbarer Energie.
Die Schweizer Gesamtenergie-Statistik hingegen erfasst den Verbrauch der Endenergie (Benzin, Heizöl, Strom etc.) und errechnet daraus die Bruttoenergie (Rohöl, Atombrennstoffe) innerhalb der Landesgrenzen. Dieses Vorgehen drängt sich auf, weil ein Teil der Primärenergie, welche die Schweiz beansprucht, in ausländischen Raffinerien, Kohle- oder Gaskraftwerken in Endenergie umgewandelt wird.