1.3 Milliarden Franken. So hoch waren die vom Bund verbürgten Bankkredite, welche die Lufthansa-Airlines Swiss und ihre Schwester Edelweiss im Zuge der Corona-Krise erhielten. Die staatlich gestützte Hilfe war unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass der Standort Schweiz gegenüber den deutschen Flughäfen beim Wiederaufbau nicht geschwächt wird.
Doch nun kommen neue Zweifel auf, inwiefern diese Abmachung von der Lufthansa eingehalten wird. Denn ab Sonntag startet ihre Billigairline Eurowings neu eine Nonstop-Verbindung zwischen Pristina und Zürich - vorerst ein Mal pro Woche. In der Hauptstadt Kosovos unterhält Eurowings eine eigene Basis.
Damit konkurrenziert Lufthansa-Chef Carsten Spohr nicht nur die schweizerischen Regionalfluggesellschaften Chair und Helvetic Airways von Milliardär Martin Ebner - sondern auch die eigene Premium-Tochter Swiss. Das passt dem hiesigen Personal nicht.
«Dass die Lufthansa Flüge von und in die Schweiz mit ihrer Billigairline durchführt, ist stossend», sagt Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin des Kabinenpersonalverbands Kapers. «Wir werden diese Entwicklung genau verfolgen und bei unseren Gesprächen mit dem Management zur Sprache bringen.» Auch ein Swiss-Pilot übt Kritik. Die Lufthansa nutze in dieser Krise jede Chance, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern - unter anderem mit der Auslagerung von Flügen auf Eurowings, wo massiv tiefere Löhne bezahlt würden.
Laut Nikolic-Fuss stellt sich zudem wieder einmal die Frage, «inwiefern die Kredit-Vorgaben des Bundes berücksichtigt werden, wonach der Aviatik-Standort Schweiz beim Wiederaufbau des kontinentalen und interkontinentalen Verkehr gegenüber Deutschland nicht vernachlässigt werden darf.»
Die Gewerkschaft verweist auf den Fall der Edelweiss. Diese hat vor einigen Monaten zwei Langstreckenflugzeuge ausgeflottet und an die neue Lufthansa-Tochter Eurowings Discover abgegeben, die als Billigairline Langstreckenflüge durchführt. Kapers und der Swiss-Pilotenverband Aeropers vermuteten schon da, dass damit ein Abbau in der Schweiz zu Gunsten von Deutschland vonstatten geht.
Beide Verbände wandten sich deshalb an die Schweizer Luftfahrtstiftung, wie ein Aeropers-Sprecher gegenüber dieser Zeitung bestätigte: «Wir haben die Stiftung darauf hingewiesen, darauf zu achten, dass es zu keiner Verschiebung der Kapazitäten zu Lasten des Standortes Schweiz kommt.» Die Stiftung war bei der Rettung der Swiss und Edelweiss vom Bund ins Leben gerufen worden, um zu überwachen, ob die Kredit-Bedingungen eingehalten werden. Bis heute gibt sich die Stiftung allerdings äusserst verschwiegen. Möglicherweise auch deswegen verzichten die Swiss-Verbände im neusten Fall vorerst auf einen erneuten Hilferuf.
Tatsächlich fehlen der Edelweiss aktuell die Flugzeuge, um von der Öffnung der USA ab Montag profitieren zu können. Sogar ihr «Top Seller»-Flug aus den vergangenen Jahren nach Tampa Bay in Florida befindet sich derzeit nicht in ihrem Angebot (diese Zeitung berichtete).
Die Frage, weshalb die Lufthansa-Gruppe bei den Pristina-Zürich-Flügen die Eurowings einsetzt anstatt der Swiss, lässt ein Sprecher auf Anfrage unbeantwortet. Die Flüge würden als sogenannter Codeshare durchgeführt. Heisst: Die Kundinnen und Kunden können die Reise auch bei der Swiss buchen, absolvieren sie dann aber an Bord einer Eurowings-Maschine mit Eurowings-Crew. (aargauerzeitung.ch)