In der Berufungsverhandlung im Fall Falcon Private Bank fordert die Bundesanwaltschaft für den beschuldigten Ex-CEO eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten und eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen – beides bedingt. Laut Verteidigung der Bank hat die Bundesanwaltschaft relevante Beweise nicht erhoben.
Der beschuldigte Ex-CEO der Bank habe widersprüchliche Aussagen gemacht, sagte die Staatsanwältin des Bundes in ihrem Plädoyer am Dienstag in Bellinzona. So habe der 66-Jährige den im Vorverfahren gemachten Aussagen widersprochen.
Ausserdem habe der Beschuldigte sichergestellt, dass die betreffenden Vermögenswerte nicht zu dem aus den Arabischen Emiraten stammenden Geschäftsmann Khadem al-Qubaisi zurückverfolgt werden konnten.
Der Geschäftsmann und der ehemalige CEO hätten während vier Jahren ihr Vorgehen aufeinander abgestimmt. Dabei geholfen hat unter anderem, dass der Ex-CEO in der Falcon Private Bank mehrere Rollen innehatte und über sehr viel Wissen verfügte, wie die Staatsanwältin ausführte.
Dem 66-jährigen Ex-CEO wird vorgeworfen, für al-Qubaisi Geld gewaschen zu haben. Zwischen 2012 und 2016 soll er insgesamt 133 Millionen Euro an Unternehmen in der Schweiz und im Ausland überwiesen haben.
Mit ihrer Strafmassforderung bleibt die Bundesanwaltschaft bei ihrer ursprünglichen Forderung. Bereits im Dezember 2021 hatte sie eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten sowie 90 Tagessätzen zu 1000 Franken gefordert - beides bedingt.
Die Verteidigung der heutigen Falcon Private AG bezeichnete in ihrem Plädoyer den Sachverhalt der Anklage als «teilsweise aktenwidrig». Die Gewissheit, dass es sich beim vorliegenden Fall um ein Verbrechen handle, bestehe nicht. Weder al-Qubaisi noch der Ex-CEO der Bank seien «Anlasstäter».
Die Bundesanwaltschaft habe es versäumt, wichtige Beweise wie Verwaltungsratsprotokolle oder die Aussage von al-Qubaisi und anderen beteiligten Personen zu erheben. Vielmehr stütze sich die Anklage im Wesentlichen auf «freiwillig eingereichte Unterlagen» und diese seien unvollständig, führte der Verteidiger aus. Zudem seien die Papiere in weiten Teilen geschwärzt.
Insgesamt habe die Bundesanwaltschaft den Untersuchungs- und Anklagegrundsatz verletzt, resümierte der Verteidiger. Die Verteidigung forderte einen vollumfänglichen Freispruch für ihre Klientin sowie den Verzicht auf eine Ersatzforderung.
Auch der Anwalt des ehemaligen CEO sah den Untersuchungsgrundsatz durch die Bundesanwaltschaft verletzt, da al-Qubaisi nie befragt worden sei. Die Bundesanwaltschaft blende die Rolle mancher zentraler Akteure einfach aus, monierte der Verteidiger weiter.
Von einer «unlauteren Motivlage» seitens seines Mandanten könne keine Rede sein, fuhr der Anwalt fort. Zudem sei «kein widerrechtliches Verhalten» des ehemaligen CEO der Privatbank ersichtlich.
Der Anwalt beurteilte die Ausführungen der Vorinstanz trotz Freispruch als teilweise widersprüchlich. Es sei nicht ersichtlich, wie es zur Strafuntersuchung gegen seinen Mandanten gekommen sei, die Gründe für diese seien «völlig unklar».
Der Verteidiger forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. Dieser sei vom Vorwurf der qualifizierten Geldwäscherei freizusprechen. Von einer Ersatzforderung sei abzusehen.
Das Bundesstrafgericht hatte den Ex-CEO der Falcon Private Bank Ende 2021 freigesprochen. Er sei als Tatwerkzeug von al-Qubaisi eingesetzt worden, argumentierte die Strafkammer. Die Bank, die heute Falcon Private AG heisst, musste eine Busse von 3.5 Millionen Franken bezahlen sowie eine Ersatzforderung von rund 7 Millionen Franken leisten.
Die Bundesanwaltschaft ging nach dem Freispruch des Ex-CEO in Berufung, der Beschuldigte legte Anschlussberufung ein.
Das Urteil der zweiten Instanz wird in den kommenden Monaten erwartet. (sda)