Wissen
Drogen

Magic Mushrooms: Ärzte wollen Depressionen mit Zauberpilzen behandeln

Künstlerische Darstellung von sogenannten «Zauberpilzen».
Künstlerische Darstellung von sogenannten «Zauberpilzen».bild shutterstock

Ärzte wollen Depressionen mit Zauberpilzen behandeln

Obwohl es heute zahlreiche moderne Therapien bei Depressionen gibt, kann noch immer nicht allen Patienten geholfen werden. Einem Medienbericht zufolge wollen deutsche Mediziner nun eine Behandlung erproben, die auf die psychedelische Wirkung Zauberpilzen setzt.
14.02.2020, 18:5914.02.2020, 18:59
Nicole Sagener / t-online
Ein Artikel von
t-online

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Zwar gibt es heute eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten. Doch nicht bei allen Patienten schlagen eine Psychotherapie , Medikamente gegen Depression  und andere Therapieformen ausreichend an. 

Deutsche Ärzte wollen nun eine völlig neue Behandlungsform an jenen psychisch kranken Patienten testen, bei denen keine der herkömmlichen Therapien hilft. Das Besondere daran: Dabei sollen bewusstseinsverändernde Substanzen eingesetzt werden. Wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet, sollen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) Mannheim und an der Charité Berlin 144 Probanden mit einer therapieresistenten Depression das Halluzinogen Psilocybin einnehmen. 

Psychedelischer Trip wird von Ärzten begleitet

Diese Substanz wird von sogenannten Zauberpilzen, auch als «Magic Mushrooms» bekannt, gebildet. Wegen ihrer Wirkung sind diese Pilze heute in den meisten Ländern verboten. Die Herstellung von Psilocybin ist illegal und der Besitz strafbar.

Bei den Patienten, an denen Psilocybin nun im Rahmen der neuen Studie getestet werden soll, ist ein psychedelischer, also bewusstseinsverändernder Trip vorgesehen, der rund sechs Stunden dauern soll. Begleitet werden sie während dieser Zeit von Psychotherapeuten, die im Fall von Angstzuständen eingreifen können. Die Psychiater erhoffen sich, dass die Erfahrungen, Erlebnisse und Einsichten unter Psilocybin-Einfluss den Betroffenen helfen, ihre Depression zu überwinden.

Chronologie der Schweizer Drogenpolitik

1 / 35
Chronologie der Schweizer Drogenpolitik (2023)
In dieser Bildstrecke zeigen wir die Meilensteine der Schweizer Drogenpolitik, vom Opium-Verbot 1924 bis heute ...
quelle: keystone / martin ruetschi
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Forscher brauchen Genehmigung für Psilocybin 

Der Test wird der erste seiner Art in Deutschland sein. Psilocybin unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Besitz und Erwerb des Wirkstoffs sind, ebenso wie bei der ähnlich wirkenden synthetischen Droge LSD, verboten. Auch in der Forschung dürfen Versuche mit der halluzinogenen Substanz nur mit einer Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden.

Noch liegt diese Genehmigung den an der geplanten Studie beteiligten Wissenschaftlern nicht vor. Studienleiter Gerhard Gründer vom ZI Mannheim sei aber zuversichtlich, die Zulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bis zum Sommer zu erhalten, so der «Der Spiegel».

Psilocybin und LSD gelten nicht als abhängig machend. Auch toxische Wirkungen sind nicht bekannt. Da ein psychedelischer Trip jedoch Panikattacken oder sogar nachhaltige Psychosen auslösen kann, wird die Behandlung der Patienten in Mannheim und Berlin psychotherapeutisch beaufsichtigt. Psychose -gefährdete Menschen sollen von der Studie ausgeschlossen sein. 

Das Auf und Ab in der Forschung mit Psychedelika

Dass Pilze aus der Gattung der Psilocybe eine das Bewusstsein verändernde Wirkung haben, ist der breiten Öffentlichkeit seit Ende der Fünfziger Jahre bekannt. In manchen Kulturen nutzen Schamanen und Medizinmänner die Pilze schon seit Langem. Nachdem der Schweizer Chemiker Albert Hofmann, der Entdecker von LSD, die für den Rausch verantwortliche Substanz Psilocybin isolieren konnte, wurde die Wirkung von LSD bis in die Sechzigerjahre intensiv erforscht.

Im Jahr 1966 wurde die Droge in den USA verboten, 1971 auch in Deutschland. Damit endete vorerst auch die Forschung mit dem Wirkstoff. Seit einigen Jahren nimmt das wissenschaftliche Interesse daran aber wieder zu – mit ersten Hinweisen auf positive Effekte auf Patienten mit psychischen Krankheiten.

Andere Studien liefern Hinweise auf Nutzen von Psilocybin 

So konnten vor wenigen Jahren in einer kleinen offenen Studie mithilfe von Psilocybin die Depressionen von Patienten gelindert werden, bei denen die vorherige Therapie mit anderen konventionellen Medikamenten erfolglos geblieben war.  Die Ergebnisse der Untersuchung, die in Grossbritannien am Imperial College London durchgeführt wurde, wurden 2016 im Fachmagazin «Lancet Psychiatry» veröffentlicht.  

Wichtiger Hinweis
Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Die Inhalte von t-online.de können und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen.

Derzeit werden Psychedelika in der Schweiz, in England und den USA unter anderem als Mittel zur Linderung von Todesangst, zur Überwindung von Alkoholsucht und zur Behandlung von Depressiven erprobt. Wegen der weniger lang anhaltenden Wirkung nutzen die Ärzte dabei meist Psilocybin statt LSD. 

Verwendete Quellen:

10 interessante Fakten rund um Magic Mushrooms – kennst du sie? Spiel das Quiz!

Quiz
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Highweh – der Leidensweg eines Junkies
1 / 13
Highweh – der Leidensweg eines Junkies
«Ich erinnere mich wirklich ungern an die Zeit der Heroinsucht. Warum es dazu kam, scheint mir in vielen Punkten heute noch ein Rätsel zu sein ...»
quelle: marlo limacher
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Ich liebe Drogen» – Gimma und Nico im Zoo
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Dr Barista
14.02.2020 19:06registriert Juni 2016
Es wird langsam Zeit, dass wir das volle Potential der natürlichen Produkte zurück greifen! Mutter Natur hält noch viele tolle Substanzen bereit.
1509
Melden
Zum Kommentar
avatar
Digitalrookie
15.02.2020 05:59registriert September 2017
Grund genug, mein gutes altes "Infected Mushroom"-Vinyl mal wieder aufzulegen. Ja, ich habe einige ihrer Alben auch auf Platte!
266
Melden
Zum Kommentar
12
Vollmond im Oktober ist der erste Supermond des Jahres
Der nächste Vollmond tritt am 7. Oktober kurz vor Sonnenaufgang um 05:48 Uhr (MESZ) ein. Beim sogenannten Erntemond handelt es sich um den ersten Supermond des Jahres.
Der Vollmond zu Halloween wäre natürlich wie bestellt. Doch die beiden Ereignisse fallen nur sehr selten zusammen. Und zwar etwa alle 18 bis 19 Jahre. Der letzte Halloween-Vollmond war 2020, der nächste erst wieder 2039.
Zur Story