Sie kommen, spielen und schmusen, wenn sie wollen – und nicht, wenn ihr Halter es will. Und nachts verlassen sie gleich komplett das behagliche Heim. Katzen gelten als unabhängige Einzelgänger, die – im Unterschied zum Hund – kein besonders inniges Verhältnis zum Menschen aufbauen. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch: Sie mögen uns doch. Und manchmal sogar mehr als ihr Lieblingsfutter!
Ein Forscherteam um Kristyn Shreve von der Oregon State University hat in mehreren Experimenten die Vorlieben von 50 Katzen getestet, von denen die eine Hälfte in einem Haushalt mit ihren Besitzern, die andere in einem Tierheim lebte. Im ersten Versuchslauf konfrontierte man die Stubentiger mit jeweils drei Reizen aus vier verschiedenen Kategorien: Futter, Gerüche, Spielzeug und Mensch. Beim Futter beispielsweise wurden Thunfisch, Huhn und kommerzielle Katzen-Leckerlis kredenzt, während in der Kategorie «Mensch» der Katzenhalter beziehungsweise – bei den Tierheim-Insassen – der Versuchsleiter den Samtpfoten signalisierte, dass er mit ihnen sprechen, schmusen oder spielen wollte. Die Forscher protokollierten derweil, welcher der Reize in den Kategorien bei jeder Katze am besten ankam.
Das Ergebnis dieser ersten Versuchsreihe war zunächst ernüchternd, denn sie lieferte zunächst eine Bestätigung für das Einzelgängertum der Katzen. Denn elf der 50 Testtiere zeigten entweder keinerlei Interesse an den ihnen dargebotenen Reizen, oder aber sie gerieten dadurch so in Stress, dass man lieber die Tests für sie beendete. Doch dafür lieferten die übrigen 39 umso mehr Labsal für die Seele der Katzenfreunde.
Im zweiten Versuchslauf konfrontierte man die Tiere gezielt mit den Reizen, die sie vorher aus den vier Kategorien jeweils als ihre Lieblings-Stimuli ausgewählt hatten, und dann beobachtete man, mit was sie sich am längsten beschäftigten. Das Ergebnis: 19 Katzen, also mehr als die Hälfte der verbliebenen Versuchsgruppe bevorzugten die Interaktion mit dem Menschen. 14, also deutlich weniger, beschäftigten sich lieber mit dem Futter, wobei sie sich übrigens im ersten Versuchslauf fast alle für den Thunfisch entschieden hatten. Weit abgeschlagen rangierten Lieblingsspielzeug (meistens eine baumelnde Feder) und Lieblingsgeruch (meistens Katzengras).
«Unsere Studie liefert keinen Beleg für die geläufige These, wonach Katzen noch nicht lange genug domestiziert sind, um eine Präferenz für den Menschen zu haben», resümiert Verhaltensforscherin Shreve. Im Gegenteil. Wenn der Stubentiger satt ist, dürfe man durchaus hoffen, dass er uns seine geschätzte Aufmerksamkeit schenkt.
Allerdings muss man ihm auch etwas bieten. Denn bereits im ersten Versuchslauf hatten die Katzen in der Kategorie «Mensch» fast nur die Alternative «Spielen» gewählt. Lust auf «Schmusen» hatten hingegen nur wenige, und sich bloss von dem Zweibeiner zu bequatschen lassen, wollte schon gar keiner der miauenden Probanden. Wenn sich also die Katze dem Menschen zuwendet, heisst das noch lange nicht, dass sie es um seiner selbst willen tut.