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Deshalb könnten Flugreisen bald unangenehm werden

Deshalb könnten Flugreisen bald unangenehmer werden

Im Sommer geht es für viele in den Urlaub und damit häufig auch ins Flugzeug. Eine neue Studie liefert verblüffende Erkenntnisse über die Zukunft der Luftfahrt.
25.06.2023, 13:5025.06.2023, 15:03
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Ein Artikel von
t-online

Wenn der Flieger absackt, rutscht vielen Reisenden das Herz in die Hose. Turbulenzen gehören nicht nur für Menschen mit Flugangst zum unangenehmen Teil von Flugreisen.

An airplane prepares to land at March Air Reserve Base in Riverside, Calif. Jan. 29, 2020. Congress is looking into just how quickly airline passengers can evacuate a plane during an emergency. Some l ...
Ein landendes Flugzeug: Die Zukunft der Luftfahrt könnte ruckelig werden.Bild: keystone

Wenn Menschen in diesen Sommerferien in den Urlaub fliegen, werden sie mit höherer Wahrscheinlichkeit von Turbulenzen durchgerüttelt als diejenigen, die vor einigen Jahrzehnten mit dem Flugzeug unterwegs waren. Das zeigt eine Studie der britischen Universität Reading.

Grosser Anstieg an Turbulenzen bei Flugreisen

Die Anfang Juni veröffentlichte Studie konzentriert sich auf Klarluftturbulenzen, die nicht etwa vorhersehbar an Gebirgszügen oder bei Stürmen auftreten, sondern den Flieger im freien Flug «aus heiterem Himmel» erfassen. Ein zentrales Ergebnis: Diese Turbulenzen haben im Untersuchungszeitraum von 1979 bis 2020 zugenommen.

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Besonders stark war der Anstieg in den mittleren Breiten und hier besonders über den USA sowie dem Nordatlantik. Die Gesamtdauer schwerer Turbulenzen über dem Nordatlantik stieg laut der Studie um 55 Prozent. Mittlere Turbulenzen traten um 37 Prozent, leichte um 17 Prozent länger auf. Es sind aber auch andere Regionen betroffen, etwa Routen über Europa.

Wie entstehen Turbulenzen?

Turbulenzen – im Volksmund nicht ganz korrekt auch «Luftlöcher» genannt – entstehen durch Böen, die sich von oben nach unten oder von unten nach oben bewegen. Sie verändern die Anströmung der Tragflächen und damit den Auftrieb: Der Flieger sackt ab oder zieht ruckartig hoch.

Einen Zusammenhang der Zunahme von Turbulenzen mit dem Klimawandel hatten die Autoren bereits in früheren Studien hergestellt. Studien-Co-Autor Paul Williams erklärt, in Reiseflughöhe erwärme der Klimawandel das Gebiet südlich des Jetstreams stärker als das Gebiet nördlich davon. Der grössere Temperaturunterschied führt zu stärkeren Windscherungen – also scharfen Änderungen der Windrichtung – und somit zu mehr Turbulenzen.

Schuld ist der Klimawandel

Und die sollen laut den Prognosen bei einem fortschreitenden Klimawandel auch in der Zukunft weiter zunehmen. «Wenn wir mit Supercomputern eine Zukunft simulieren, in der die CO2-Menge in der Atmosphäre doppelt so hoch ist wie in der vorindustriellen Zeit, dann sehen wir etwa doppelt oder sogar dreimal so viele schwere Klarluftturbulenzen», erklärt Williams. «Jede zusätzliche Menge CO2 in der Atmosphäre bedeutet einen stärkeren Temperaturunterschied im Jetstream, was eine stärkere Windscherung bedeutet, was wiederum mehr Klarluftturbulenzen bedeutet.»

11 Personen bei Flug nach Honolulu schwer verletzt

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11 Personen bei Flug nach Honolulu schwer verletzt
Bei schweren Turbulenzen sind während eines Flugs von Phoenix im US-Staat Arizona nach Honolulu auf Hawaii 36 Menschen verletzt worden, elf von ihnen schwer.
quelle: keystone / jazmin bitanga
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Turbulenzen sind unangenehm für Passagiere, noch stärker aber für die Crew, die in der Zeit durch die Kabine gehen müsse, betont Patrick Vrancken vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Ausserdem bedeuteten sie Stress für die Piloten.

Bei schweren Turbulenzen besteht ausserdem Verletzungsgefahr. Immerhin: «Strukturell sind Flugzeuge seit Jahrzehnten hinreichend stark gebaut», sagt Vrancken. «Auch eine Zunahme um einige Prozent der Turbulenzintensität würde hieran nichts ändern.»

Turbulenzen sind teuer

Laut den Studienautoren kosten Turbulenzen die Branche allein in den USA jährlich 150 bis 500 Millionen Dollar. Die Kosten entstehen demnach durch zusätzliche Ermüdung der Flugzeugkabine, durch Wartungsarbeiten, gelegentliche Schäden am Flugzeug oder durch die Behandlung von Verletzungen bei Crew und Passagieren.

Turbulenzen sorgen zudem für noch mehr Emissionen. Dabei tragen Flugreisen ohnehin erheblich zur Klimakrise bei. Es geht es nicht nur um den Ausstoss von Kohlenstoffdioxid. Auch die in grossen Höhen beim Verbrennen von Kerosin entstehenden Stickoxide, Aerosole und Wasserdampf tragen laut dem Umweltbundesamt zur Erwärmung der Atmosphäre bei. Fliegen ist demnach die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen.

In der Luftfahrtindustrie wird laut Patrick Vrancken vom DLR bereits seit vielen Jahren auf die zunehmenden Turbulenzen reagiert. Vor allem werde an der Verbesserung der Vorhersage gearbeitet. So arbeiten Forscher des DLR an einer Methode, die Turbulenzen einige hundert Meter im Voraus erkennt und dem Bordcomputer erlaubt, automatisch gegenzusteuern.

(t-online, dpa)

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Laborant
25.06.2023 14:04registriert November 2019
Ach, nur Turbulenzen... ich befürchtete schon, die Economy-Sitze würden noch kleiner.
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Gefühlsschraube
25.06.2023 17:04registriert Oktober 2016
Für mich als Segelflieger kein Problem, ich liebe es wenn es etwas ruppig ist. Wichtig: immer angeschnallt bleiben, auch wenn das Gurtzeichen nicht leuchtet.
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